So., 15.09.24 | 23:05 Uhr
„Poetic Punks“ aus Irland
Fontaines D.C., die nächste große Band
Die aufregendste Band des Jahres
Diese fünf jungen Iren werden gerade als die nächste große Band gehandelt „Fontaines D.C.“ Sie haben jetzt mit ihrem vierten Album das Label: „die aufregendste Band des Jahres!“. Ihnen selbst ist das noch nicht geheuer, ja zuweilen zu viel.
„Wenn ich daran denke, dass die Dinge, die wir tun und veröffentlichen dann von vielen bewertet werden – sogar sowas wie jetzt hier zu sitzen – dann ist mir das ziemlich unangenehm“, sagt Carlos O‘Connell.
„Ich glaube, die allergrößte Sache, die ich verändern musste war, aufhören mir vorzumachen, dass nichts hiervon gerade passiert. Ich glaube, das habe ich lange Zeit getan. Wenn ich von der Bühne gegangen bin, nachdem ich vor 10.000 Leuten gespielt habe, hab ich diese Erinnerung sofort ausgelöscht. Weil ich nicht aus den Augen verlieren wollte, wer ich bin“, sagt Grian Chatten.
Ihre Performance beim Haldern Popfestival ist voller Energie und irgendwie hypnotisch als spielten sie nur für sich selbst und die tausend vor der Bühne gäbe es gar nicht.
Ihre Erfolgsstory beginnt vor 5 Jahren, das allererste Album kommt aus dem Stand auf vordere Plätze in den irischen und britischen Charts. Kennengelernt haben sie sich am Musik-College in Dublin, wurden Freunde, lasen sich in Kneipen gegenseitig ihre Gedichte vor, dann gründeten sie die Band.
Poetische und politische Texte
Ihre Songtexte sind poetisch, handeln auf den ersten Alben immer wieder vom Leben in Irland, vom Irisch-Sein. Meistens surreal und versponnen aber auch mal politisch explizit: Kritik an Immobilen-Haien, Spekulanten – der Wohnungsnot, „I love you“ als wütende Liebes-Hymne auf die Heimat
„But this island's run by sharks with children's bones stuck in their jaws
Now the morning's filled with cokeys tryna talk you through it all”, heißt es im Lied:
„Diese Insel wird von Haien regiert, die Kinderknochen im Maul haben
und der Morgen ist voll mit Koksern, die versuchen, Dir das alles zu erklären.“
Der kreative Schreibprozess und die neue Platte
„Für mich ist das Schreiben von Songtexten oder Gedichten ein guter Weg, um mir bestimmte Ecken von mir selbst oder, wie ich über bestimmte Dinge denke, bewusst zu machen, es kommen neue Ideen, Geschichten, Bilder. Und parallel dazu schreibt man an Musik. Und plötzlich merkt man, dass die Musik, die man gerade schreibt, sich ähnlich anfühlt, wie die Texte, die man geschrieben hat. Und dann bringt man beides zusammen“, sagt Grian Chatten.
„Romance“ heißt das neue Album. Es ist vieldeutiger als die Platten davor. Dabei ist die Band bei sich und ihrem Songwriting-Prozess geblieben.
„Wir schreiben alle ständig unsere Ideen auf. Und irgendwann kommt der Punkt, an dem wir anfangen, sie miteinander zu teilen. Damit wir alle wissen, welche Ideen gerade im Umlauf sind. Und dann kommen wir zusammen”, erzählt Carlos O‘Connell.
„Ich denke, ein Großteil der Songs auf der Platte wurden so konzipiert, dass immer einer von uns die Vision für einen Song hat. Also, viele der Songs wurden von einer Person geschrieben, konzeptioniert und von dieser Person angeleitet. Carlos hat zum Beispiel ,Horseness is the Whatness‘ alleine geschrieben und konzipiert. Und ich denke, dass dieser Prozess des Schreibens zu der Art von Grandiosität passt, die wir mit der Platte erreichen wollten“, sagt Grian Chatten.
Grandiosität haben Fontaines D.C. mit „Romance“ erreicht, das Branding „Post-Punk“, das man ihnen früher aufstempelte, endgültig gesprengt. Der Sound ändert sich von Song zu Song; mit Einflüssen aus Elektro, Indie, HipHop. Den Sound zu verändern, der Fans und Kritikerinnen mitgerissen hat, das Risiko, Erwartungen zu enttäuschen, würden sie immer wieder eingehen.
„Ich glaube, man muss ganz frei und unbeeinflusst von der Außenwahrnehmung sein. Ich glaube, in dem Moment, in dem man anfängt, seine Worte so auszuschmücken, dass sie auf eine bestimmte Art und Weise wahrgenommen werden, ist man erledigt“, sagt Carlos O‘Connell.
Die Balance zwischen Erfolg und Freundschaft
Von diesem Punkt sind Fontaines D.C. gerade weit entfernt. Sie sind Headliner großer Festivals, touren international. Und wollen dabei vor allem sich selbst und das bewahren, was die Band von Beginn an ausmacht.
Grian: „Ein großes Ziel von mir ist, dass wir am Ende immer noch gute Freunde sind“, sagt Grian Chatten
„Für mich, das einzige Ziel!“, so Carlos O‘Connell.
„Ja, für mich wäre es mehr wert, wenn wir als Band nur halb so erfolgreich wären aber dafür doppelt so enge Freunde“, sagt Grian Chatten.
Bericht: Sina El Batanony
Fontaines D.C.: ROMANCE. XL Recordings. 2024. Audio CD, 12,99 Euro.
Stand: 15.09.2024 20:22 Uhr
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