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Die Welt in Unordnung: Autokratien versus Demokratien?

Trump, Russland und der Westen im globalen Kampf um die Demokratie

Christopher Steele im ttt-Gespräch
Christopher Steele im ttt-Gespräch | Bild: ttt

Einem Messias gleich betritt Trump in diesem Jahr einmal mehr die Wahl-Arena und verkündet sogar, den Krieg Russlands gegen die Ukraine rasch zu einem Ende zu bringen: "Noch bevor ich in das Oval Office einziehe, werde ich diesen schrecklichen Krieg zwischen Russland und der Ukraine beenden", sagt er in seiner Siegesrede, nachdem er erneut zum Präsidenten der USA gewählt worden ist.

Nach Trumps Wahlsieg lassen informierte Kreise aus Washington verlauten, Trump habe Putin angerufen und ihn ermahnt, eine weitere Kriegseskalation zu unterlassen. Kurze Zeit später allerdings folgt ein Dementi aus Moskau: Dieses Gespräch habe es nie gegeben. Was war da los?

Neue Enthüllungen des Ex-Agenten Christopher Steele

Der Ex-Geheimdienstmann verfügt immer noch über ein gutes Netzwerk.
Der Ex-Geheimdienstmann verfügt immer noch über ein gutes Netzwerk.  | Bild: ttt

Christopher Steele, Ex-Geheimagent und Autor des sogenannten Steele- Dossiers, sieht die Sache so: "Ich würde nicht unbedingt alles glauben, was Trump oder sein Team so erzählen. Aber ich vermute, dass es einen Anruf gab. Nur der Inhalt dieses Anrufs war wahrscheinlich ganz anders als Trumps Team den Medien vermittelt hat. Und daher waren die Russen wohl nicht so glücklich über die amerikanische Darstellung."

Christopher Steele erzählt in seinem jüngsten Buch "Ungefiltert" von seinem Leben als britischer Geheimagent beim MI6 und berichtet von seinen Erfahrungen in Moskau, wo er als Diplomat tätig war. Er erlebte den Zerfall der Sowjetunion und die Macht der russischen Geheimdienste, die überdauert hat.

Später wurde Steele von der britischen Regierung beauftragt, den Mord an dem KGB-Überläufer Alexander Litwinenko zu untersuchen, der 2006 in London mit Polonium vergiftet worden war. Steeles Recherche ergab, was bis dahin als undenkbar galt: Putin hatte den Mord in London gebilligt.

Private Recherchefirma "Orbis" gegründet

Nachdem Steele aus dem Geheimdienst ausgeschieden war, gründete er die private Recherchefirma "Orbis", sein Netzwerk an Informanten hatte er schließlich noch. "Wir untersuchen für unsere Kunden Personen und Unternehmen, die Geschäfte machen oder Kooperationen eingehen wollen, vor allem in Ländern, in denen Rechtsstaatlichkeit und Transparenz schwach ausgeprägt sind und wo eine Prüfung von Personen und Unternehmen, die mit der Außenwelt agieren, praktisch unmöglich ist", so beschreibt Steele sein Unternehmen. Zu diesen Ländern gehörten Russland, China, Indien, Brasilien, auch der Nahe Osten.

Russlands Einflussnahme auf den US-Wahlkampf 2016

In seinem neuen Buch schildert Steele nun ausführlich, wie er im Auftrag einer US-amerikanischen Agentur die Einflussnahme Russlands auf den US-Wahlkampf 2016 untersuchen sollte. Über das Ausmaß dieser Einflussnahme ist Steele alarmiert. In der Tat interessierte sich der russische Geheimdienst demnach schon früh für Trump, als der Immobilien-Tycoon wirtschaftliche Kontakte nach Moskau suchte, dort einen Trump Tower bauen wollte. 2016, als Trump gegen Hillary Clinton die US-Wahl gewann, hatten russische Hacker tausende Mails von Clinton gestohlen und Trumps Wahlkampfteam mit Informationen unterstützt.

Seine Recherchen reichte Steele in seinem berühmt gewordenen Dossier an das FBI weiter. Eine Sonderermittlung des US-Justizministeriums hat Moskaus Einflussnahme auf die Wahl bestätigt. Bewiesen werden konnte nicht, dass dies mit Wissen von Trump geschah.  

"Das Steele-Dossier hat die Beziehung zwischen Russland und den USA eingefroren"

Donald Trump und Wladimir Putin.
Idole rechter Netzwerke: Donald Trump und Wladimir Putin.  | Bild: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Brian Cahn

Dennoch hatten das Dossier und die Sonderermittlung unter Robert Mueller Folgen, wie Steele betont: "Das Dossier war überhaupt nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Aber als es dann an die Medien weitergegeben gegeben wurde, führte es dazu, dass die Beziehungen zwischen Amerika und Russland eingefroren wurden. Wir glauben, und es gibt meiner Meinung nach eine ganze Menge Beweise dafür, dass, wenn das nicht passiert wäre, die Sanktionen gegen Russland nach Trumps Amtsantritt 2017 aufgehoben worden wären. Es hätte möglicherweise eine umfassende Zusammenarbeit zwischen den USA und Russland gegeben, die sicher nicht im Interesse der Demokratie und der westlichen Allianz gewesen wäre."

Steele versteht sein Buch als Warnung angesichts der immer subtileren Angriffe auf Personen und das gesamte Betriebssystem unserer Demokratie, dazu benennt er konkrete Beispiele.

"Auch während des letzten US-Wahlkampfes fand die russische Einflussnahme direkt vor unseren Augen statt. Ein amerikanischer YouTube-Kanal hat 10 Millionen Dollar erhalten, um russische Propaganda zu verbreiten. Außerdem gab es auf der Plattform X eine Kampagne um Tim Walz, den Vizepräsidentschaftskandidaten der Demokraten, zu diskreditieren, indem behauptet wurde, er habe als Lehrer ein Kind missbraucht. Zu sehen ist, dass die ausländische Einflussnahme weiter zunimmt. Wir sehen, dass der Iran ins Spiel eingestiegen ist. Sie unterstützten Harris und waren gegen Trump."

Politik als Deal: Trumps Schwäche und Putins Irrglaube

Als äußerst problematisch beschreibt Steele Trumps Auffassung von Politik als eine Art des Deal-Machens: "Eine von Trumps Schwächen ist: Er geht davon aus, dass, wenn er eine gute persönliche Beziehung zu bestimmten Staatsführern hat, auch die USA eine gute Beziehung zu deren Land haben werden. Aber so funktioniert das nicht. Putin macht gerade genau den gleichen Fehler. Er denkt, er habe eine hervorragende Beziehung zu Xi – die aber gar nicht so gut ist, wie Putin glaubt. China versucht derzeit, mehr Profit aus der Russland-Beziehung zu schlagen, als Putin sich überhaupt vorstellen kann."

Der chinesische Präsident Xi Jinping soll Putin vor kurzem durch die Blume gesprochen sogar den Rücktritt nahe gelegt haben, berichtet eine von Steeles Quellen. Demnach ist er auch wenig amüsiert über die Eskalation des Krieges und die massive Beteiligung der Nordkoreaner.

Politologe Varwick fordert "nüchterne Sicht"

Politologe Johannes Varwick lehrt an der Universität Halle.
Politologe Johannes Varwick lehrt an der Universität Halle. | Bild: ttt

Doch während Steele vor der gefährlichen Dynamik autokratischer Systeme warnt, fordert der Politologe Johannes Varwick von der Universität Halle eine nüchterne Sicht auf die westliche Verantwortung und sieht selbst in dem umstrittenen Schattenkabinett Trumps und seinen Aussagen zum Kriegsende eine Chance. "Natürlich sind seine Aussagen großmäulig und unseriös, wie fast alles bei Trump", räumt Varwick ein.

"Aber wir sollten die Chancen sehen, die darin liegen. Und ich glaube, dass Trump einen anderen Ansatz verfolgen wird als Joe Biden. Er konnte den Krieg nicht einhegen. Das heißt, jetzt müssen wir was Neues uns überlegen."

"Die Amerikaner verstehen nicht, worum es Putin eigentlich geht"

Zugleich sei es "im Moment sehr schwierig, sich eine Exit-Strategie vorzustellen, weil beide Seiten aneinander vorbeireden", gesteht Christopher Steele. "Ich denke sogar, dass Trump und die Amerikaner nicht wirklich verstehen, worum es Putin eigentlich geht. Putin konzentriert sich auf sein Vermächtnis, aber auch darauf, dass er diesen Krieg, in dem bis zu 400.000 seiner Leute getötet oder verwundet wurden, irgendwie als einen Sieg für die Russische Föderation darstellen muss."

Steele gibt mit seinem Buch Einblick in eine Welt, in der autoritäre Regime mit Manipulation und Desinformation die Fäden zu ziehen versuchen. Sein Buch ist nicht nur eine Warnung – sondern hilft, die Dynamiken hinter den Kulissen zu verstehen.

Autor TV-Beitrag: Dennis Wagner

Buch-Tipp:
Ungefiltert. Trump, Russland und der globale Kampf um die Demokratie
C.H. Beck Verlag.

Stand: 24.11.2024 21:54 Uhr

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