So., 11.11.07 | 17:03 Uhr
Das Erste
Der Vesuv
Südländisches Treiben in der Millionenstadt Neapel. Ein Leben am Fuße des Vulkans. Am Rande der Stadt ragt der Vesuv auf – ein schlafender Killer.
Vor fast 2000 Jahren bricht der Vesuv aus: In Pompei sterben 2000 Menschen unter Aschewolken und Staublawinen. Der letzte Ausbruch des Vesuv – 1944 – verlief weniger dramatisch. Langsam fließende Lava zerstört zwei kleinere Ortschaften. Ascheregen versperrt Straßen, Hunderte werden obdachlos.
Die Gefahr wird verdrängt
Seit gut 60 Jahren schweigt der Vulkan. Und wieder haben die Menschen die Gefahr vergessen, bauen bis fast an den Krater heran. Näher als je zuvor. Ein Spiel mit dem Feuer. Prof. Giovanni Chiodini vom Vesuv-Observatorium in Neapel und sein Team klettern in den Schlund des Vulkans. Die Forscher überwachen den schlafenden Riesen, denn sie müssen bei den ersten Anzeichen eines Ausbruchs die Anwohner rechtzeitig warnen.
Wenn der Vulkan schläft
Im Krater befindet sich eine Messstation. Mit ihr wird der Atem des Berges untersucht. Die austretenden Gase enthalten wenig Schwefel, das heißt der Vulkan schläft. Die Gase sind kochend heiß. Prof. Chiodini weiß: Der Kratergrund, auf dem er und seine Leute stehen, ist vergleichbar mit dem Korken einer Sektflasche. Darunter erstreckt sich auf einer Fläche von 400 Quadratkilometern flüssige Lava. Wann der Korken herausfliegt, weiß niemand. Nur, dass vorher die Erde beben wird.
Überwachung rund um die Uhr
In der Zentrale des Vesuv-Observatoriums in Neapel laufen die Daten von fünfzig Erdbeben-Messgeräten zusammen. Dr. Martini kann so die kleinsten Vorboten eines Ausbruchs erkennen. Ein Job mit garantiertem Adrenalin-Ausstoß. Plötzlich ein Alarm: Ein Beben der Stärke 3.
Automatisch ruft das System das 24-Stunden - Überwachungsteam zusammen. Die Wissenschaftler müssen umgehend klären, ob eine unmittelbare Gefahr für die Bevölkerung besteht. Wenn ja, muss diese umgehend gewarnt werden. Aber diesmal nicht: Das Beben klingt ab, es erweist sich als harmlos.
Neapel ist dicht bevölkert
700 000 Menschen leben in der unmittelbaren Todeszone. Bei einem Ausbruch wären sie innerhalb von Minuten tot. Hektisches und impulsives Treiben zwischen Autos und Fußgängern beherrscht den Alltag in Neapel. Es wird schwierig sein, die Menschen hier ruhig und organisiert wegzubringen. Nur wenige nehmen den Vesuv ernst. In Portici etwa wurde eine Evakuierungsübung abgehalten. Kaum einer nahm daran teil.
Auch wenn alle Bewohner rechtzeitig evakuiert werden könnten, für die Forscher beginnt dann das große Zittern. Denn explodiert der Vulkan nicht sofort, kehren die meisten schnell zurück - um dann vom Tod überrascht zu werden.
Der Vesuv – für viele hier ein Berg wie jeder andere. Für die Vulkanforscher aber bedeutet er die Verantwortung für Hunderttausende von Menschenleben.
Autoren: Angela Schmid, Reinhold Gruber
Bearbeitung: Sebastian M. Krämer
Stand: 11.05.2012 13:06 Uhr