So., 30.12.07 | 17:03 Uhr
Das Erste
Wenn der Elefant humpelt
Wildtiere verbergen Krankheiten, bis es für eine Behandlung fast zu spät ist. Früher half zur Gesundheitsvorsorge der enge Kontakt zum Pfleger.
Bei modernen Zoos ein Auslaufmodell. Was ersetzt bei immer größeren Gehegen den Betäubungspfeil des Tierarztes?
Früher gehörte bei vielen Zootieren eine kleine Show zum Tagesablauf. Vor allem bei Elefanten war dies recht spektakulär. Sie sollte die Tiere geistig fordern und sie wie in einem Fitness-Programm anregen, sich ähnlich anzustrengen, wie bei der Nahrungssuche in der freien Natur.
Neue Haltungsmethoden erschweren Tierpflege
Seit die Zoos um ein besseres Image ringen, wird die Tierhaltung auf die so genannte „Hands-Off“ Haltung umgestellt. Dabei kommen die Pfleger nur noch durch Gitter mit den Tieren in Kontakt.
Dies ist zwar für die Pfleger sehr viel sicherer, hat aber auch negative Auswirkungen. Gute Pfleger konnten früher die Elefanten auf Befehl koten und urinieren lassen. Erreichten verdächtige Stellen des Elefanten mit der bloßen Hand und waren so ständig über den Gesundheitszustand des Tieres informiert.
Ferndiagnose via Wärmebild-Videokamera
Wildbiologin und Zootierärztin Dr. Sabine Merz erkannte schon früh, dass die neue Haltungsform auch neue Methoden der Ferndiagnostik erfordert. Denn jetzt ist jede intensive Untersuchung Stress für die Tiere.
Seit ihrer Promotion erforscht Dr. Merz daher die Möglichkeit, Erkrankungen von Wildtieren durch Wärmebildkameras zu erkennen. Die Idee dahinter: Viele Erkrankungen sind mit einer erhöhten oder verringerten Durchblutung des Gewebes verbunden. Und diese ist durch ein anderes Wärmemuster bereits auf große Entfernung mit einer Wärmebildkamera zu erkennen.
So erkennt man etwa einen entzündeten Abszess als warmen, großen rot-weißen Fleck auf einer Infrarot-Aufnahme. Und das ohne Berührung und Störung des Tieres.
Bewegtes Wärmebild deckt versteckte Krankheiten auf
In Deutschland ist Dr. Sabine Merz eine der wenigen, die an dieser neuen Methode forscht. In England dagegen hat man im Pferderennsport das Potential längst erkannt. Dort werden viele Tiere vor und nach dem Training thermografiert. Veränderungen im Wärmebild werden so teilweise bis zu drei Wochen vor dem Entstehen einer Lahmheit erkannt.
So kann man die Pferde schonen und vor größeren Verletzungen bewahren. Angesichts des Wertes der Gewinnerpferde sind die 20.000 Euro für eine Wärmebildkamera nur ein Taschengeld. Wenn die Preise für die Kameras noch weiter sinken, könnte diese Methode auch in deutschen Zoos Verbreitung finden.
Autor: Vladimir Rydl
Stand: 11.05.2012 13:05 Uhr