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Heilung in Heilbädern - Mythos oder Realität?

Wasser bedeutet Freizeit und Erholung. Doch für Dr. Bernd Hartmann ist Wasser viel mehr. Der Quell medizinischer Anwendungen, die er als Badearzt seinen Patienten verordnet.

Künstlicher Wasserfall an einem Schwimmbecken
Manche Wasserattraktionen können eher schädlich sein als nützen. | Bild: SWR

"Wasser ist ein ursprüngliches Heilmittel mit Anzeigen und Gegenanzeigen", erläutert Hartmann, "sie können im Wasser heilen, aber Sie können sich im Wasser auch schädigen. Wir haben als Badeärzte das Problem, dass der Spaß und das Umfeld immer sehr angenehm ist, und es dadurch in die Ecke der Wellness und der Effekthascherei stellt." Bloße Effekthascherei sind etwa die beliebten Sprudelbecken im Außenbereich vieler Thermalbäder. Aus medizinischer Sicht sind sie sinnlos, oder sogar gefährlich. Ein künstlicher Wasserfall zum Beispiel kann der Halswirbelsäule schaden.

Wellness und Effekthascherei

Badeärztliche Therapien finden immer unter Anleitung statt. Doch gerade weil sie so unscheinbar oder veraltet wirken, werden sie oft in Frage gestellt. Dabei ist Wasser ein nachgewiesenes Heilmittel, das wie im Freiburger Keidelbad mit gezielten Übungen gegen bestimmte Leiden eingesetzt werden kann, so der Badearzt Hartmann: "Das sind alle muskulären, orthopädischen und rheumatologischen Erkrankungen. Wasser wird bei den Patienten eingesetzt, die im Wasser schmerzfrei üben können. An Land ist es so, dass dies nur durch Medikamente erreicht wird, aber wenn Sie das vernünftig machen, dann kann im Wasser die Muskulatur schmerzfrei trainiert und die Gelenkfunktion gebessert werden. Wir können, wenn das richtig gemacht wird, auf Medikamente verzichten."

Heilwasser heilt wirklich

Wasser hat heilsame Wirkungen. Das zeigt besonders deutlich diese Anwendung zur Behandlung eines Volksleidens: Bandescheibenvorfall. Hier nutzt der Mediziner die fast schwerelose Lagerung im Medium Wasser. Durch das Ziehen des Körpers wird die Wirbelsäule schonend gestreckt und die Nervenwurzeln werden entlastet. Eine effektive Therapie des Badearztes, mit der keine Anwendung an Land konkurrieren kann. Badearzt Hartmann erklärt: "Die Dehnung der Wirbelsäule wird durch die Bewegung deutlich verbessert, dadurch kommt es zu einer massiven Entlastung der Bandscheiben und der Wirbelzwischenräume und Sie können Bewegungen machen, die an Land nicht möglich sind, vor allem dann, wenn die Wirbelsäule in ihrer Funktion gestört oder schmerzhaft verändert ist."

Die heilende Wirkung von Thermalwasser wird vor allem seinen Inhaltstoffen zugeschrieben, die den Geruch oder die Färbung des Wassers ausmachen. Doch das ist ein Irrglaube, denn die häufigsten Inhaltsstoffe wie Magnesium oder Kalzium haben bei äußerlicher Anwendung gar keine Bedeutung als Heilmittel, so Hartmann: "Es ist unbestritten so, dass Magnesium und Kalzium auf der Haut unwirksam sind und wir müssen uns also auf die sicheren Inhaltsstoffe konzentrieren. Es ist so, dass heutzutage sehr viel an Esoterik, Kurpfusch und Quacksalberei herrscht."

Kurpfusch und Quacksalberei

Nur drei Stoffe im Wasser wirken heilend. Neben Schwefel und Radon ist es vor allem das unsichtbare Kohlendioxid, das Bernd Hartmann hier seinem Patienten als CO2- Sitzbad verordnet. "Es wirkt zunächst an der Haut und braucht dann drei bis fünf Minuten bis es durch die Haut in den Körper eindringt, und dann die Gefäße erweitert, dass ist die Mikrozirkulation, aber auch dazu führt, dass es zu einer verbesserten Sauerstoffversorgung der Gewebe kommt. Es gibt also keine andere Möglichkeit diese verbesserte Durchblutung und Sauerstoffversorgung in den Geweben zu erreichen, wie mit Kohlendioxid."

Kampf gegen das zu unrecht schlechte Image

Früher waren so detaillierten Erkenntnisse noch unbekannt. Die Bäder waren eher Orte der Kultur, und die heilende Wirkung des Wassers als selbstverständlich hingenommen. Mit dem alten Image mangelnder Wissenschaftlichkeit haben Badeärzte noch heute zu kämpfen. Trotz technischer Unterstützung ist das warme Wasser immer noch das entscheidende Heilmittel. Während die Medizin über Wasser auf Hightech setzt, erscheinen Wasseranwendungen vielen Ärzten als zu einfach - und damit ineffektiv, meint Dr. Bernd Hartmann: "Der Orthopäde und der Arzt für physikalische Therapie weiß natürlich von der Wirkung und von der Wirksamkeit, aber es ist doch so, dass sehr viele der niedergelassenen Kollegen dann primär zu Medikamenten, zu Spritzen und gleich zur Chirurgie greifen und dieses Segment häufig nicht so schätzen, wie es nach Evidenzkriterien heutzutage möglich ist."

Wasser als Heilmittel. Bernd Hartmann will gegen den Strom des Unwissens anschwimmen, der noch immer seinem Medium entgegengebracht wird.

Autor: Axel Wagner

Stand: 18.09.2015 14:16 Uhr

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