So., 16.11.08 | 17:03 Uhr
Das Erste
Humanoide Roboter
Während in den USA und Europa vor allem Industrie- und Kampfroboter entwickelt werden, arbeiten japanische Forscher verstärkt an Partnerrobotern. Einige von ihnen sind überzeugt, dass es irgendwann emotionale Beziehungen, ja sogar Geschlechtsverkehr zwischen Mensch und Roboter geben wird.
Vorausgesetzt die Maschinen ähneln Menschen nicht nur, sondern sie "verhalten" sich auch wie sie. Grundsätzlich haben Japaner wenig "Berührungsängste" mit Robotern. Diese sind Comic-Helden, positiv besetzt und übernehmen bereits verschiedene Aufgaben im Alltag.
Roboter müssen menschliche Erwartungen erfüllen
Doch, um ihn lieb gewinnen zu können soll ein Roboter sich verhalten wie sein natürliches Vorbild. Das zeigt der Roboterhund "Aibo". Die Entwicklung wurde von Sony eingestellt, weil der "Hund" sich nicht erwartungsgemäß verhielt und deshalb bei vielen Kunden Irritationen auslöste. Neuere Tier-Roboter ähneln einer Robbe oder einem Dinosauerier. Sie sind fürs Altersheim gedacht, in denen keine echten Tiere gehalten werden dürfen.
Menschliche Ausdrucksformen für Roboter
Noch erinnern viele humanoide also menschenähnliche Roboter eher an einen Terminator: Mimik, Gestik und die Körperbewegungen sind oft unnatürlich.
Die Mensch-Maschine-Interaktion sieht man als die große Akzeptanzhürde für Roboter, und an der wird gearbeitet wie in der Forschungsgruppe um Professor Hiroshi Ishiguro an der Universität Osaka. Dort ist bereits eine Kleinfamilie aus humanoiden Robotern entstanden: Repliee Q2 zum Beispiel heißt eine attraktive Dame, die derzeit vielleicht menschlichste "Roboterin" der Welt. Lider und Lippen bewegen sich vorprogrammiert, Sensoren unter ihrer weichen Silikonhaut machen sie dazu sensibel. Das Sprechvermögen ist bei Repliee Q2 ist noch nicht ganz ausgereift, ihr Geplauder stammt vorerst noch vom Band.
Aber an der weiteren Perfektionierung arbeitet Ishiguro, der sich selbst als eine Art japanischer Frankenstein versteht: "Ich fühle mich als Schöpfer, immerhin erschaffe ich etwas menschenähnliches, humanoide Roboter. Wissen Sie, Menschen reagieren sehr sensibel auf Äußerlichkeiten. Die Funktionen von Robotern sind wichtig, aber es geht um mehr: Japaner oder Asiaten allgemein akzeptieren Maschinen viel leichter, wenn sie etwas sympathisches haben, etwas mit menschlichen Ausdrucksformen."
Schlaues Riesenbaby
Sein neueste "Schöpfung" hört auf den Namen CB2. Es handelt sich um eine Art Riesenbaby und ist erst ein paar Monate alt. Aber schon jetzt eine Revolution. Denn CB2 entwickelt sich selbständig, erklärt Ishiguro. Der Roboter lerne und programmiere sich weiter – selbsttätig.
Vollgepackt mit fast 200 Sensoren unter Silikon und 50 Elektromotoren kann CB2 strampeln und zappeln – wie ein kleines Kind. Das Roboterbaby hat sogar Stimmbänder. Vorerst kann es zwar nur glucksen, aber CB2 wird sprechen lernen, wie andere Babys auch.
Sensoren–Augen erkennen schon jetzt Menschen, die Eltern sozusagen. Sie schätzen Entfernungen ab und verfolgen Bewegungen. Sogar laufen lernen soll der Babyroboter irgendwann verspricht Prof. Ishiguro: "Babys lernen und entwickeln sich in der Beziehung zu ihren Eltern. Genauso ist es bei meinem Babyroboter, CB 2. Er entwickelt seine Programme alleine weiter, er kann lernen. Irgendwann wird er seinen Körper frei kontrollieren und bewegen können, genauso wie ein Mensch. Das ist dann keine Maschine mehr, sondern Technik, die menschlich ist."
Original oder Kopie?
Skurriler Höhepunkt der Humanoidenfamilie im Hause Ishiguro: Ein menschlich-androides Zwillingspaar: Der Professor hat ein Maschinendouble von sich selbst gebaut. Beide treten stets im gleichen Dress auf. Dafür besitzt der Professor zehn passende Kollektionen in schwarz. Gesichtszüge, Mimik, exakt nachgeahmt. Atmung und Augenzwinkern, alles automatisch.
Eine Maschine, aber dem Original zum Verwechseln ähnlich. Und dialogfähig: Ein Operator im Kontrollzentrum spricht durch den Maschinenmenschen. Dabei sorgen Sensoren an den Lippen des Programmierers für "originalgetreue Mundbewegungen". Und mit denen plappert der ferngesteuerte Doppelgänger dem Professor munter dazwischen: "Nur ein Professor Ishiguro ist zu wenig", mischt er sich in das Interview ein. "Nein, lass das, ich werde sprechen", unterbricht ihn der echte Professor: "Spaß beiseite: Solche Roboter können irgendwann vielleicht mal an einem Informationsschalter oder am Empfang arbeiten. Und wenn ein Mensch dann zehn Roboter steuern kann, dann wäre das auch ein gutes Geschäft."
Für den Wissenschaftler ist klar, wohin die Reise geht. Vom widerspruchslos einfühlsamen Gesprächs- und Kuschelrobot bis zur vollautomatisch-hygienischen Sexmaschine hält er alles für realistisch.
Bericht: Thomas Berndt
Stand: 11.05.2012 13:05 Uhr