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Käpt’n Blackbeards Flaggschiff

Zehn Jahre lang hatte der amerikanische Schatzsucher Phil Masters nach dem Wrack der "Queen Ann's Revenge" geforscht, dem Flaggschiff des brüchtigten Piraten Käpt'n Blackbeard.

Zuerst schien es eine leichte Aufgabe zu sein: Die letzten Monate im Leben des Blackbeard waren vorzüglich dokumentiert, und selbst die Position des Schiffswracks war relativ eindeutig beschrieben. Trotzdem war das Wrack nicht zu finden. Nach unzähligen erfolglosen Tauchgängen im trüben Wasser vor dem Städtchen Beaufort in North Carolina beschloss Masters, noch einmal neu mit den Recherchen zu beginnen.

Neuer Ansatz bringt „heiße“ Spur

Eine weise Entscheidung, denn bald stieß er auf eine heiße Spur. Bekannt war, dass die "Queen Ann's Revenge" auf einer Sandbank in einem Kanal zwischen zwei Inseln, dem Beaufort Inlet, gestrandet und dann von den Piraten verlassen worden war. Masters fand heraus, dass die Ingenieure der US Army regelmäßig den Beaufort Inlet ausgebaggert hatten.

Hatten sie dadurch auch die Strömungsverhältnisse verändert? Weitere Recherchen ergaben: Die wechselnden Strömungsverhältnisse hatten den Beaufort Inlet verschoben! Im 18. Jahrhundert befand er sich an einer ganz anderen Stelle als heute.

Masters ließ an der Stelle tauchen, an der sich die Sandbank am Beaufort Inlet vor etwa 300 Jahren befunden haben musste – und hatte innerhalb von ein paar Tagen das Wrack entdeckt!

Die Legende um Käpt'n Blackbeard

Blackbeard, mit bürgerlichem Namen wahrscheinlich Edward Teach oder Thatch, wurde im Jahr 1716 zum ersten Mal in offiziellen Aufzeichnungen genannt. Über sein früheres Leben gibt es nur Vermutungen. Sicher ist, dass der Mann ein frühes Marketing-Genie war:

Es gibt keinen einzigen Beweis dafür, dass er ein grausamer Pirat war. Aber sein schrecklicher Ruf sorgte dafür, dass alle, die seine Piratenflagge sahen, sofort aufgaben. Seine stechenden Augen, sein Furcht einflößender Bart und der Qualm von brennenden Lunten an seinem Hut trugen sicherlich dazu bei.

Aus der Karibik kommend, trieben er und seine Bande an den Küsten South und North Carolinas ihr Unwesen. Im Mai 1718 belagerten sie den Hafen der Stadt Charleston in South Carolina und gaben ihn erst frei, als sie ein Kästchen mit Medizin erhielten. Mit diesem Coup hatte es Blackbeard zu weit getrieben: Die englische Marine verfolgte ihn mit der festen Absicht, ihn zu töten.

Käpt'n Blackbeard muss Flaggschiff aufgeben

Bei seiner Flucht setzte er schließlich die "Queen Ann's Revenge" am Beaufort Inlet auf Grund. Die meisten Wertsachen wurden auf ein anderes Schiff umgeladen, die "Queen Ann's Revenge" und die halbe Mannschaft auf einer Sandbank zurückgelassen.

Seine Flucht währte nicht lange: Schon bald darauf wurde er von der Marine gestellt und getötet. Mit ihm, so sagen manche Historiker, endete das so genannte "Goldene Zeitalter der Piraterie".

Das Flaggschiff wird geborgen

300 Jahre lang lag die "Queen Ann's Revenge" unberührt auf dem Meeresgrund. Nun wird sie geborgen - im Rahmen eines mehrjährigen Projektes der Archäologiebehörde des Staates North Carolina. Der Grund sind die häufiger und heftiger werdenden Stürme in dieser Gegend – immerhin liegt North Carolinas Küste in der besonders von Stürmen heim gesuchten "Hurricane Alley". Die Stürme drohen die Überreste des Schiffes vollends zu zerstören. Daher hat sich die Behörde für eine Notgrabung unter Wasser entschieden.

Wahre Identität des Schiffes jedoch ungeklärt

Dabei ist noch gar nicht sicher, dass das geborgene Wrack tatsächlich einmal Käpt'n Blackbeard gehört hat. Denn noch wurde kein Gegenstand geborgen, der sich eindeutig der "Queen Ann's Revenge" zuordnen lässt. Üblicherweise dienen dazu beispielsweise die Schiffsglocke oder auch Kanonen, deren Entstehungsgeschichte die Archäologen bisweilen lückenlos dokumentieren können.

Aber, ob es solche Gegenstände auch auf einem gekaperten Schiff voller geraubter Gegenstände gegeben hat, ist sehr fraglich. Schwer vorstellbar, dass die wilde Piratenbande in einem Geschäft für Seemannsbedarf einen Namen in die Schiffsglocke gravieren ließ.

"Trotzdem ist es so gut wie sicher, dass wir an der 'Queen Ann's Revenge' arbeiten", sagt John Masters, Sohn des kürzlich verstobenen Wrack-Entdeckers, "es gibt keine Aufzeichnungen über ein derart großes Schiff mit so vielen Kanonen, das genau zu jener Zeit an genau dieser Stelle auf einer Sandbank gestrandet ist. Die Indizien sprechen eine eindeutige Sprache."

Fundstücke

So sind bisher 26 Kanonen entdeckt worden, eine große Menge für die damalige Zeit. Nur die größten Kriegsschiffe verfügten über so viele Kanonen – und eben Piratenschiffe.

Allerdings haben die Archäologen auch Gegenstände gefunden, die überhaupt nicht in das Goldene Zeitalter der Piraterie passen: Eine Bierflasche aus dem 19. Jahrhundert war dabei und ein paar Golfbälle. Aber diese Dinge sind, da sind sich die Experten sicher, von der Strömung an die Fundstelle des Wracks gespült worden. Alle anderen Fundstücke stammen aus der Zeit vor 1718, also dem Jahr, an dem Blackbeard sein Schiff auf Grund setzte.

Autor: Ulf Marquardt

Stand: 05.07.2013 10:41 Uhr

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