So., 24.02.08 | 17:03 Uhr
Das Erste
Mythos Entschlackung
Einige Tage von Gemüsebrühe, Tee, Wasser und Obstsaft leben, ein paar Pfunde verlieren und gleichzeitig den Körper von überflüssigem Ballast befreien – das klingt gut.
Kein Wunder also, dass Fastenkurse, in denen Menschen in der Gruppe eine zeitlang bewusst auf feste Nahrung verzichten, enormen Zulauf haben. Gerade in der traditionellen Fastenzeit der Christen, also in den vierzig Tagen zwischen Aschermittwoch und Ostern, sind solche Entschlackungskuren sehr beliebt. Doch was sind diese Schlacken eigentlich?
Schlacken als Stoffwechselmüll
Die Alternativmedizin versteht unter Schlacken Abfallprodukte des Stoffwechsels, die sich angeblich in Form von Zucker-Eiweiß-Molekülen im Körper ablagern. Dadurch sollen sie unter anderem Übergewicht, Rheuma, Gicht und andere Zivilisationskrankheiten hervorrufen. Durch das viele Trinken beim Fasten, und das vorige Darmentleeren, so der Glaube, gebe man dem Körper die Gelegenheit alle Giftstoffe loszuwerden und sich von Schlacken zu reinigen.
Mediziner kennen keine Schlacken
Ernährungsmediziner, wie Prof. Dr. Johannes Georg Wechsler vom Krankenhaus Barmherzige Brüder in München, kennen Schlacken nur als Verbrennungsrückstände im Ofen. Keinem Forscher sei es bisher gelungen, sie nachzuweisen – weder im menschlichen Körper, noch im Labor. Auch die Angst vor einer schleichenden Vergiftung durch Ablagerungen von Nahrungsmittelresten, sei wissenschaftlich gesehen völlig unbegründet, so der Wissenschaftler. Der menschliche Organismus habe sich über fünf Millionen Jahre hoch entwickelt und ein sehr effektives System entwickelt, um Stoffwechselendprodukte loszuwerden.
"Abfallbeseitigung" im menschlichen Körper
Unerwünschte Substanzen werden im menschlichen Körper vom Dünndarm in die Leber geschleust, dort unschädlich gemacht und schließlich über die Nieren und die Blase mit dem Urin ausgeschieden. Unverdauliche Ballaststoffe transportiert der Dickdarm aus dem Körper und beim Stoffwechsel anfallende Gase werden über Lunge und Haut ausgeatmet. Dieses System, sagt Wechsler, könne man nicht verbessern.
Kein dauerhaftes Abnehmen durch Fasten
Auch zum Abnehmen ist Fasten nicht geeignet, denn es fördert den berüchtigten Jojo-Effekt. Der Grundumsatz wird in Hungerphasen reduziert. Nach dem Fasten erreicht der Energiebedarf jedoch nicht sofort wieder das Ausgangsniveau. Auch wer wenig isst, nimmt schneller zu als vorher. In der Therapie, zum Beispiel bei der Behandlung von fettleibigen Menschen, kommt Fasten daher nicht mehr zum Einsatz.
Nicht zu lange Fasten
Wer dennoch fasten möchte – zum Beispiel aus religiösen Gründen oder um einmal in Ruhe über seinen Lebensstil und seine bisherigen Essgewohntheiten nachzudenken - sollte dies nicht zu lange tun. Denn wer ausschließlich Gemüsebrühe, Tee, Wasser und Fruchtsäfte zu sich nimmt, gefährdet seine Eiweißversorgung. Um an Energie zu kommen verbrennt der Körper während des Fastens nämlich nicht nur Kohlenhydrate und Fette, sondern auch Eiweiß aus Gewebe und Organen. Daher sollte man sich auf jeden Fall vorher von einem Arzt untersuchen lassen, damit Komplikationen ausgeschlossen werden können. Auch gesunde Menschen sollten nicht länger als einige Tage fasten.
Autorin: Lena Ganschow
Stand: 11.05.2012 13:01 Uhr