So., 31.08.08 | 17:03 Uhr
Das Erste
Künstliche Riffe
Vor kurzem wurden im großen Stil ausrangierte Waggons der New Yorker U-Bahn an der amerikanischen Ostküste im Meer versenkt. Dieser Schrott soll sich in künstliche Riffe verwandeln, also in neuen Lebensraum für Fische. Die Aktion fand statt, weil Wissenschaftler befürchten, dass die natürlichen Riffe durch den Klimawandel in wenigen Jahrzehnten zerstört sein könnten.
Aber kann unser Schrott auf dem Meeresgrund wirklich der Natur helfen? Forscher haben die künstlichen Riffe genauer unter die Lupe genommen.
Tauchgang
"Ich bin zu 99 Prozent aufgeregt und einem Prozent ängstlich. Das kann sich noch ändern, aber zur Zeit bin ich wirklich gespannt." Die Biologiestudentin Rachel Anderson steht am Rande eines Boots in voller Tauchermontur. In wenigen Sekunden wird sie in den Atlantik springen und eineinhalb Bootsstunden von der Ostküste der USA entfernt zum Wrack eines alten Küstenwachenschiffes tauchen. Dort unten, so heißt es, soll es jede Menge Haie geben.
Das Schiffswrack der "Spar" liegt in etwa dreißig Metern Tiefe. Das Schiff ist vor vier Jahren absichtlich dort versenkt worden, um Fischen und anderen Tieren einen neuen Lebensraum zu bieten. Die "Spar" ist ein künstliches Riff.
Ein Schiff voller Fische
Als Rachel sich an einer Leine herunterlässt, sieht sie zuerst einmal gar nichts, abgesehen vom wunderschönen Dunkelblau des Wassers. In all diesem Blau taucht bald schemenhaft eine dunkle Masse auf. Als Rachels Tauchcomputer eine Tiefe von fünfzehn Metern anzeigt, ist schließlich der Bug der "Spar" zu erkennen. Rachel traut ihren Augen kaum: Das ganze Schiff ist eingehüllt in eine dichte Wolke kleiner und größerer Fische: Anchovis, kleine silberne Ährenfische, diskusförmige Spatenfische, dazwischen Räuber wie Skipjack und Stachelmakrele. Und Haie! Sandtigerhaie, junge Burschen von zwei bis drei Metern Länge. Rachel wird klar, dass sie den fantastischsten Tauchplatz ihrer Taucherlaufbahn vor Augen hat.
Oase inmitten einer Wüste
Wegen der Haie hatte Rachel durchaus Bedenken, hier zu tauchen. Schließlich stehen sie auf Platz vier einer Hitliste der gefährlichsten Haie. Doch jetzt sind die Tiere ganz friedlich. Ruhig ziehen sie ihre Kreise um das Schiff, einige stehen sogar unbeweglich in der Strömung. Ihre locker herunterhängenden Brustflossen zeigen, dass sie entspannt sind und ihr ncihts anhaben wollen.
Fasziniert umrundet Rachel das Wrack. Noch nie in ihrem Leben hat sie so viele Fische an einem Ort versammelt gesehen. Außerhalb des Schiffes sieht sie nur eine öde Sandfläche. Es ist offensichtlich: Wenn das Schiffswrack nicht hier liegen würde, wären hier auch keine großen Fischschwärme. Das Wrack der "Spar" ist eine Oase in der Sandwüste des Meeresbodens.
Es ist kein Wunder, dass sich Rachel Anderson für das künstliche Riff in North Carolina interessiert. Schließlich hat sie sich während ihres Studiums an der NOVA Southeastern University auf diese Unterwasser- Konstruktionen spezialisiert. So verwundert es nicht, dass dies ein Forschungsprojekt einer Universität in Florida ist, denn nirgendwo auf der Welt gibt es so viele künstliche Riffe wie hier. [Seite 2]
Stand: 15.05.2012 23:49 Uhr