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Tod aus der Tiefe

Vejano, ein kleines Örtchen vor den Toren Roms, im Dezember 1991. Es ist Jagdsaison. Zwei Männer wollen Wildschweine jagen. Doch sie wissen nicht, dass sie selbst in Gefahr sind.

Einen Tag lang bleiben sie verschwunden. Dann findet ein Jagdaufseher die beiden Jäger. Leblos liegen sie am Ufer eines kleinen Flusses. Doch es gibt keine Spuren von Gewalt. Nichts deutet auf ein Verbrechen oder einen Jagdunfall hin. Der Tod kam offenbar aus der Tiefe, wie es sich später herausstellte: Die beiden Jäger sind an Kohlenstoffdioxyd erstickt, das im vulkanisch aktiven Italien an vielen Orten aus dem Boden entweicht.

Vejano kein Einzelfall

Professor Giovanni Chiodini ist Experte für vulkanische Gase. Er arbeitet am Vulkanologischen Institut in Neapel, dem Osservatorio Vesuviano. Er will ähnliche Unglücke in Zukunft verhindern. "Vejano war kein Einzelfall", berichtet Chiodini, "wir wissen von mindestens zwanzig tödlichen Unfällen innerhalb der letzten Jahre in Zentral- und Süditalien." Chiodini leitet das Projekt "googas". Dessen Ziel ist es, alle Gefahrenquellen durch vulkanische Gase in Italien zu erfassen und zu katalogisieren.

Dem vulkanischen Kohlendioxyd auf der Spur

Kleiner Wassertümpel mit vielen Blasen an der Wasser oberfläche
In der Caldara di Manziana entweichen vielerorts Gase dem Boden. | Bild: WDR

Der Ort Manziana liegt nur wenige Kilometer von Vejano entfernt. Giovanni Chiodini und sein Assistent sind unterwegs zur Caldara di Manziana, vermutlich ein Krater des längst erloschenen Vulkans Sabatino. Es riecht nach Schwefelgasen, doch die beiden Forscher sind auf der Spur einen anderen Gases: Kohlenstoffdioxyd. Es dauert nicht lange, bis sie fündig werden. In der ganzen Senke entweicht dem Boden Gas. Wo Wasserpfützen sind, sprudelt es und es bilden sich Blasen.

Hohe CO2-Konzentration am Boden

Kohlenstoffdioxyd ist schwerer als Luft. Chiodinis Messgerät zeigt in Bodennähe einen CO2-Gehalt von über dreißig Prozent – tausendmal mehr als normale Luft enthält. Schon die Hälfte mehr an üblicher CO2-Konzentration in der Luft kann tödlich sein. Die Forscher haben an diesem Tag Glück: Denn es weht ein frischer Wind durch die Caldara di Manziana und das macht die Arbeit für sie ungefährlich.

Doch übernachten sollten sie an diesem Ort nicht. "Besonders riskant ist es, an windstillen, kalten Tagen und in der Nacht. Dann kann die Konzentration tödlich werden", warnt Chiodini. Die Warnung ist begründet: Überall in der Caldara Manziana finden die Vulkanologen tote Tiere: Reiher, Wildschweine und einen halb verwesten Fuchs.

Eine Karte im Netz

Das CO2, das in Manziana aus dem Boden dringt, kommt tief aus dem Erdinneren. Im Erdmantel – bei großer Hitze – entweicht es dem Gestein und gelangt über alte Schlote an die Oberfläche. Alleine in Manziana strömen etwa 190 Tonnen CO2 dem Boden – pro Tag. Das machte diesen Ort berühmt: Die Caldara die Manziana ist inzwischen ein geschütztes Naturdenkmal. Kopfschmerzen bereiten dem Vulkanologen eher die vielen weniger bekannten Orte, an denen vulkanische Gase dem Boden entweichen.

Chiodini und sein Projekt "googas" wollen auf die Gefahren aufmerksam machen, die von solchen Gasquellen ausgehen. Vulkanologen haben inzwischen viele dieser Orte erfasst. Chiodini sammelt diese Daten und veröffentlicht sie im Internet. Als Karte für jedermann zugänglich.

Eingezäunte Flussläufe und Fluren

Die Gemeinde Vejano, der Ort in dem 1991 die beiden Jäger starben, hat auf die Gefahr reagiert. Der Flusslauf ist eingezäunt. Überall warnen Schilder: "Betreten verboten" und "Vorsicht giftige Substanzen". Es war kein Zufall, dass die beiden Jäger genau hier starben.

Denn solche Flussbette sind besonders gefährlich. Zwar strömt hier weniger CO2 aus dem Boden als etwa in der Caldara di Manziana. Doch das schwere Kohlendioxyd kann sich zwischen den Böschungen ansammeln. "Das sind die typischen Stellen, an denen Unfälle mit Menschen passieren", warnt Giovanni Chiodini. Und deshalb hofft er, dass auch andere Gemeinden auf die Gefahr aus der Tiefe so reagieren, wie Vejano es getan hat.

Autoren: Frank Nischk/Inna Küster

Stand: 11.05.2012 13:05 Uhr

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