So., 06.01.08 | 17:03 Uhr
Das Erste
Wer rettet Nemo wirklich?
Korallenriffe sind neben den Tropenwäldern die artenreichsten Ökosysteme unserer Erde. Über 4000 Lebewesen sind hier zu Hause.
Doch Neptuns blühenden Gärten sind dem Untergang geweiht . Überfischung bringt viele Arten an den Rand des Aussterbens. Dazu kommen Klimaerwärmung und Verschmutzung. Sie sorgen für den Tod der Korallen, der Baumeister der Riffe – sterben sie brechen alle fein aufeinander abgestimmten Lebensgemeinschaften zusammen. Dazu kommt die gnadenlose Jagd auf die bunten Rifffische – in vielen Drittweltländern werden sie mit giftigem Cyanid betäubt und dann in die Industrienationen verschickt. Mit dramatischen Verlusten schon beim Transport!
Überleben versus Nachhaltigkeit
Am australischen Great Barrier Reef versucht Lyle Squire diese Entwicklung aufzuhalten: „Wir wollen so arbeiten, dass meine Enkel hier noch Fische fangen können – mit denselben Methoden und an denselben Plätzen, an denen wir heute arbeiten. Für Fischfänger in den Entwicklungsländern ist das schwierig. Bei Ihnen geht es um das nackte Überleben. Sie können nicht auf Nachhaltigkeit achten. Sie müssen mit Gift arbeiten. Ihnen fehlen die Ausbildung und die Mittel. Für uns ist das anders. Meine Jungs werden nur für Fische bezahlt, die gesund abgeliefert werden. Das heißt: Kein Gift und nur vorher festgelegte Arten. Die Ausbildung dauert bis zu einem Jahr.“
Nachhaltigkeit – dieses Schlagwort lebt Lyle. Nie würde er alle Clownfische aus ihrer Behausung, einer Anemone, heraus fangen. Immer setzt er ein paar Tiere zurück. Innerhalb von wenigen Wochen ist es dann wieder eine Großfamilie! Um so arbeiten zu können, braucht es enormes Wissen.
International anerkannter Experte
Obwohl Lyle nie studiert hat, ist er eine internationale anerkannte Kapazität. Er war der Vertreter Australiens beim letzten internationalen Artenschutzkongress in Den Haag. Und er ist Inhaber einer von drei australischen Sondergenehmigungen, um streng geschützte Wasserbewohner zu fangen, zu züchten und an öffentliche Aquarien zu liefern.
In seinen Aquarien in Cairns versucht Lyle sein Wissen weiterzugeben. Denn Schutzmaßnahmen sind erst möglich, wenn es Verständnis für die Unterwasserwelt gibt – Menschen schützen nur was sie kennen und lieben! Anders wie der Tierschutz für die Welt über Wasser sind die Riffe ein Lebensraum, den die meisten Menschen nie selber sehen werden. Nur in öffentlichen Aquarien besteht die Möglichkeit sie zu erleben - und bei Lyle...
Das Meer – der schönste Arbeitsplatz der Welt
Doch am liebsten ist Lyle auf dem Meer – für ihn der schönste Arbeitsplatz der Welt. Doch niemand weiß wie lange noch: Jede 5. Haiart ist heute bedroht. Doch Haie sind gerade wegen den Gefühlen, die sie auslösen vielleicht der Schlüssel, um die Riffe zu retten: "Haihaltung in öffentlichen Aquarien ist umstritten. Sie sind vom Aussterben bedroht. Aber sie sind auch der Hauptgrund, warum die Menschen kommen: Sie lösen starke Emotionen aus. Für mich ist die 'Faszination Hai' und das wichtigste Medium, um den Menschen das gesamte Ökosystem näherzubringen."
Besonderes Interesse für Sägefisch
Lyles besonderes Interesse gilt einem Verwandten des Hais - dem Sägefisch. Die bizarren Tiere waren früher in allen tropischen und subtropischen Meeren unseres Planeten verbreitet.
Heute sind bis auf den unerschlossenen Norden Australiens praktisch überall ausgerottet. Fischer fürchten sie wegen der Verletzungen, die ihre Säge verursacht. Einmal im Netz werden sie getötet und nicht befreit. Der Transport der Tiere ist ein heikles Unternehmen. Über 40 Grad kann es im Australischen Outback heiß werden. Riesige Tanks, High-Tech-Pumpen und ein Spezialfahrzeug sind die einzige Möglichkeit die Sägefische in bewohnte Gegenden zu bringen. Manchmal müssen die Männer über 1000 Kilometer ohne Pausen zurücklegen.
Von fast 30 Sägefische leben in den Großaquarien rund um den Globus. 60 Millionen Menschen sehen sie pro Jahr. Lyle hat die meisten von Ihnen gefangen. Er träumt davon, dass die Tiere irgendwann gezüchtet werden, um sie vor dem Aussterben zu retten.
Zukunft der Riffe
Noch gibt es die Wunderwelt der Korallen – doch die Zukunft der Riffe ist mehr als ungewiss. Ihre Bewohner haben nur dann eine Chance wenn der Mensch Rücksicht nimmt und beginnt diese zauberhafte Welt zu verstehen und zu schützen.
Autor: Florian Guthknecht
Stand: 11.05.2012 13:04 Uhr