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Wie gut ist Biofleisch?

Da vergeht einem wieder einmal der Appetit: Mehrere Tausend Tonnen dioxinverseuchtes Schweinefleisch aus Irland sind auch in Deutschland gelandet.

Die Schweine haben die Giftstoffe über Futtermittel aufgenommen, die mit Industrieöl verseucht waren – auch einige Rindermastbetriebe sind betroffen. Notschlachtungen, Beschlagnahmungen und Rückrufaktionen sollen jetzt die Gefahr eindämmen. Die menschliche Gesundheit ist wohl nicht bedroht – aber dennoch ist dieser Skandal höchst unappetitlich.

Bei Biofleisch sind die Futtermittel streng überwacht, ein derartiger Skandal ist kaum denkbar.

Doch ganz sicher ist das nicht. Denn Biofleisch ist inzwischen auch zum Massenprodukt geworden: Früher kaufte man es im Reformhaus, heute liegt es auch in der Auslage der großen Discounter. Auf immer mehr Produkten klebt das sechseckige Biosiegel der Europäischen Union oder eines des verschiedenen, nach Bio-Richtlinien arbeitenden Bioverbände. – wie Demeter oder Bioland. Doch was bedeutet "Bio" bei Fleisch? Ist Biofleisch nur teurer als konventionell produziertes oder auch gesünder?

Nachhaltige Viehwirtschaft

Wer Manfred Schmid auf seinem Biohof im baden-württembergischen Aalen- Westhausen besucht, bekommt einen Eindruck davon, was Fleischproduktion nach Bio-Richtlinien bedeutet. Kaum etwas läuft hier automatisch, stattdessen versorgt der Landwirt die meisten seiner Tiere persönlich. Schon früh morgens schaufelt er seinen rund 40 Kühen Heu aus eigenem, ökologischem Anbau in die Tröge, versorgt seine 35 Schweine mit Schrot und seine etwa 3000 Hühnern mit Hafer.

Ökofutter ohne Zusätze

Kraftfutter, wie es in der konventionellen Mast meist verwendet wird, gibt es hier nicht. Manfred Schmid verwendet auch keine Leistungsförderer, also Stoffe, die Tiere schneller wachsen lassen. Das Futter ist auch nicht gentechnisch verändert. So ist es Vorschrift für die Produktion von Biofleisch.

"Wir gewinnen unser betriebseigenes Futter von unseren Wiesen, die wir im Sommer ernten und füttern jetzt unsere Kühe damit", erklärt Manfred Schmid, "und den Dung, den es wiederum gibt, den bringen wir dann im Sommer, im Frühsommer wieder auf die Wiesen aus."

Mehr Platz für die Tiere

Neben dem Futter unterscheidet sich auf dem Hof Schmid und anderen Biohöfen auch die Haltung der Tiere. Anders als in einem konventionellen Betrieb, können sie frei entscheiden, ob sie lieber im Stall bleiben oder an die frische Luft gehen möchten. Zudem haben alle Tiere genügend Platz und die Möglichkeit ihren natürlichen Bedürfnissen nachzugehen. Für die Schweine, die gern im Boden wühlen, heißt das: Stroh statt Vollspaltenböden.

Exzessiver Medikamenteneinsatz verboten

Nur wenn die Tiere auf einem Biohof wirklich krank sind, bekommen sie Antibiotika. Eine einzige Behandlung ist erlaubt, sonst muss das Biofleisch als konventionell erzeugtes Fleisch verkauft werden. Daher würden oft homöopathische Mittel eingesetzt, sagt Schmid. Für ihn sind dies die besten Voraussetzungen für seine Tiere: "Sie sind glücklich und diesen Ausdruck geben sie eigentlich auch wieder, wenn man den Tieren ins Gesicht schaut. Und ich denke, dass eben einfach ein glückliches Tier auch ein wohlschmeckendes Endprodukt gibt. Also ein Tier, das in seinem Leben gestresst war, kann meines Erachtens auch kein gutes Schnitzel abgeben."

Biofleisch ist überbewertet – sagt die Wissenschaft

Der Agrarwissenschaftler Professor Horst Brandt vom Institut für Tierzucht und Haustiergenetik der Universität Gießen, sieht das anders. Seiner Ansicht nach ist Biofleisch überbewertet: "Es gibt in der Qualität heute kaum Unterschiede zwischen ökologisch und konventionell erzeugtem Schweinefleisch." In einer Studie hat der Forscher Schweine derselben Rasse einmal nach Biostandard- und einmal nach konventionellen Richtlinien aufgezogen. Die eine Gruppe bekam etwa Ökofutter aus Eigenproduktion, die andere konventionelles Futter, mit viel Sojaprotein und angereichert mit synthetischen Aminosäuren.

Kaum Unterschiede zwischen Bio und Konventionell?

Das Fleisch der unterschiedlich aufgezogenen Tiere wurde anschließend auf messbare Faktoren untersucht – wie Anschnitt, Aussehen, Zartheit und Wasserbindefähigkeit, zusätzlich auf sensorische Eigenschaften wie Geruch und Geschmack. "Der Vergleich hat deutlich gezeigt, dass es in den meisten Qualitätskriterien keine Unterschiede gibt", erklärt Brandt. "Es gibt einen Unterschied im Fettgehalt. Die Bioschweine haben einen höheren Fettgehalt, der sich aber positiv auf die Sensorik auswirken sollte."

Biofleisch ist etwas gesünder

Geschlachtetes Schwein mit Biosiegel
Biofleisch enthält viele Omega-3-Fettsäuren, die unter anderem schmerzhemmend wirken. | Bild: SWR

Das Biofleisch schmeckte den meisten Testern also etwas besser. Doch ist es auch gesünder? Enthält Biofleisch wertvollere Inhaltsstoffe als konventionelles? Das soll bei Schweinen demnächst noch untersucht werden. Bei Rindern wurden Forscher der ETH Zürich bereits fündig. Ergebnis: Das Fleisch von Tieren, die hauptsächlich frisches Grün fressen und sich viel bewegen, enthält viele gesunde Omega-3-Fettsäuren – mehr als das Fleisch von Tieren, die ausschließlich im Stall stehen.

Diese Fettsäuren können unter anderem in Signalstoffe umgewandelt werden, die entzündungs- und schmerzhemmend wirken. Dabei sind in Biofleisch keineswegs mehr Krankheitserreger als im Fleisch, das konventionell erzeugt wurde. Das ergab das europäische Forschungsprojekt QLIF zur Qualität und Sicherheit des Ökolandbaus.

Höhere Rückstände bei Massentierhaltung?

Befürworter von intensiven Haltungssystemen weisen immer wieder darauf hin, dass die Tiere im Käfig gehalten werden müssen, damit sie sich nicht mit Salmonellen und anderen Bakterien infizieren.

Zusätzlich werden in der Massentierhaltung allerlei Medikamente eingesetzt. Ein klares Plus für Biofleisch, räumt selbst Professor Horst Brandt ein: "Es ist davon ausgehen, dass im Biobereich mit weniger Rückständen durch Medikamente und Pestizide zu rechnen ist, weil in den Futtermitteln weniger eingesetzt werden darf und auch Medikamente teilweise verboten sind."

Biofleisch zum Wohl der Tiere

Biofleisch liegt nach dem jetzigen Forschungsstand also knapp vorn. Allerdings gibt immer noch zu wenige Studien, um ein abschließendes Urteil zu fällen. Geht es um die eigene Gesundheit, hat der Verbraucher bislang so nur wenige Gründe, für ökologisch erzeugtes Fleisch mehr auszugeben. Geht es jedoch um das Wohl der Tiere, sollte die Wahl des Fleisches nicht schwer fallen.

Autorin: Lena Ganschow
Bearbeitung: Sebastian M. Krämer

Adressen & Links

Prof. Dr. Horst Brandt

Justus-Liebig-Universität Giessen
Institut für Tierzucht und Haustiergenetik
Ludwigstrasse 21 B
35390 Gießen

Tel.: 06 41 - 9 93 76 25
E-Mail: Horst.R.Brandt@agrar.uni-giessen.de

Stand: 11.05.2012 13:09 Uhr

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