So., 06.12.09 | 17:03 Uhr
Das Erste
Die Klima-Klempner
Der Klimawandel ist da. Seine Hauptursache, der gigantische Ausstoß des Klimagases Kohlendioxid (CO2) durch das Verbrennen von Kohle, Öl und Gas, müsste schnell und drastisch bekämpft werden. Wie das politisch durchzusetzen ist, weiß niemand. Gibt es einen Plan B, eine wissenschaftlich-technische Lösung, ein Geo-Engineering, das die Menschheit doch noch vor der selbstgemachten Erderwärmung rettet? Eine ganze Reihe sogar, einer fantastischer als der andere: Nach dem Vorbild von Vulkanausbrüchen könnten Millionen Tonnen Schwefel mit Flugzeugen, Ballons oder Schiffsartillerie in 20 Kilometer Höhe geschossen werden und Schwefelsäuretröpfchen bilden. Die würden mehr Sonnenstrahlung ins All zurückwerfen und so die Erde kühlen. Künstlich weißer gemachte Wolken über den Ozeanen hätten dieselbe Wirkung. Reine Science Fiction? Zumindest sind beides noch bloße Rechenmodelle. Sie würden auch nur die Symptome unterdrücken, aber nichts an den Ursachen der Erderwärmung ändern. Und die Nebenwirkungen? Völlig unvorhersehbar.
Algendüngung – die Lösung?
Einige "grüne" Geo-Ingenieure entwickeln dagegen Pläne, das Klimagas Kohlendioxid direkt zu bekämpfen, indem sie es von Algen vertilgen lassen. Die Algen wachsen, der Kohlenstoff wird zu Algen-Biomasse, der Sauerstoff wird freigesetzt.
Meeresforscher des Alfred Wegener Instituts testeten im Frühjahr 2009, wie man das Wachstum von Algen in großen Meeresregionen steigern könnte. Ihr Plan: Ein Gebiet nährstoffreichen Wassers, in dem aber das fürs Pflanzenwachstum wichtige Eisen knapp ist, mit einigen Tonnen Eisensulfat düngen. Das sollte eine künstliche Algenblüte erzeugen und tausende Tonnen Kohlenstoff binden. Die Algen sollten nach ihrem Absterben zum Meeresgrund absinken. Tatsächlich funktionierte nur der erste Teil des Plans: Zwar wuchsen Algen, aber nicht die Sorte, die später absinkt. So wurde die Algenblüte zum Festessen für Kleinkrebse, die den Kohlenstoff wieder als CO2 freisetzten. Ganz haben die Forscher ihre Idee zwar trotzdem nicht aufgegeben. In Regionen mit anderer Nährstoffzusammensetzung müssten die richtigen Algen wachsen. Aber als einfache Lösung des Kohlendioxid-Problems scheidet die Eisendüngung erst einmal aus.
Algen im Treibhaus
Andere Algenforscher bringen den Ozean an Land und lassen in Treibhäusern kontrolliert Algen wachsen. Die verwendeten Bioreaktoren sind salzwassergefüllte Plastikschläuche, in denen die Algen mit CO2-reichen Abgasen aus Kraftwerken gefüttert werden. Aus der entstehenden Biomasse lässt sich etwa Treibstoff herstellen, doch bei dessen Verbrennung würde das Kohlendioxid wieder in die Atmosphäre gelangen. Die Bremer Firma Phytolutions entwickelt daher Verfahren, aus den Algen Kunststoffe oder Baumaterial herzustellen. Wie in den Sedimenten des Meeresbodens oder in Kreidefelsen wäre der Kohlenstoff langfristig gebunden. Um nennenswerte Mengen zu binden, müssten die Algenschläuche allerdings in Gewächshäusern auf zigtausend Quadratkilometern blubbern. Und auf absehbare Zeit funktionieren diese Bioreaktoren auch nur, wenn sie mit hochkonzentriertem CO2 gefüttert werden. So können sie zwar den Kohlendioxid-Ausstoß von Kraftwerken und Fabriken senken, aber nicht die viel zu hohe Konzentration des Klimagases in der Atmosphäre.
Es gibt keine andere Alternative – wir müssen unseren CO2-Ausstoß drastisch senken.
Adressen & Links
Ein internationales Team führt das Lohafex Experiment durch, bei dem der Einfluss von Eisendüngung im Südpolarmeer erforscht wird:
www.lohafex.com
Das Unternehmen Phytolution beschäftigt sich kommerziell mit der Algenforschung und der Möglichkeit der CO2-Bindung:
www.phytolutions.de
Autor: Roland Schenke (BR)
Stand: 27.03.2014 16:46 Uhr