So., 14.06.09 | 17:03 Uhr
Das Erste
Familienleben beim König der Lüfte
Familienleben beim König der Lüfte
Zwölf Steinadlerpaare leben in der Region um den Alpen-Nationalpark Berchtesgaden. Das ist ein Viertel des gesamtdeutschen Bestandes. Uli Brendel leitet ein Adlerforschungsprojekt, bei dem Erkennungsmerkmale sowie Jagd - und Brutverhalten festgehalten und ausgewertet werden. Die Biologen wollen mehr über die Lebensweise der Vögel erfahren, denn die deutschen Steinadler ziehen zu wenige Junge groß. Nur dank intensiver Schutzmaßnahmen konnten sie bisher bei uns überleben.
Brüten unter Beobachtung
Die Wissenschaftler wollen ein Adlerpaar ganz genau beim Brüten beobachten, um etwas über den Verbleib der Jungen zu erfahren. Nicht ganz einfach, denn der König der Lüfte brütet in schwindelerregender Höhe zwischen steilen Felswänden. Den Aufwind in den Bergen nutzt der Steinadler wie einen Fahrstuhl, um nach oben zu gleiten. Schließlich liegen seine Jagdgebiete über 1.000 Meter hoch. Mit einer Spezialkamera, die direkt am Horst installiert wird, wollen die Forscher den Riesengreifen zu Leibe rücken. Dazu muss sie gut getarnt sein, denn Adler haben extrem gute Augen. Betrieben wird die Kamera mit einer Brennstoffzelle: Sie wandelt Alkohol und Luft umweltfreundlich in Energie um. Angeschlossen über eine lange Kabelverbindung kann sie dann mehr als drei Wochen Bilder von den Jungvögeln liefern. Das Anbringen der Kamera ist lebensgefährlich, da man sich dazu zum Adlerhorst abseilen muss. Filmaufnahmen von wilden Steinadlerjungen gibt es bisher kaum.
Auf der Speisekarte der Adler
Jedes Adlerpaar hat mehrere Horste, die es abwechselnd besetzt. Die Forscher hoffen, dass "ihr" Paar dieses Jahr hier brütet. Um ihm die Entscheidung zu erleichtern, säubern sie den Horst. Das macht ihn für die Elternvögel attraktiver.
Die Futterreste erzählen viel über die Adler: Gab es ausreichend Nahrung für die Jungvögel? Sind es Tiere aus dem natürlichen Beutespektrum? Lieblingsspeise dieses Adlerpaares: Murmeltiere, außerdem Schneehase, Gamskitz und Auerhenne. Zum Glück ist kein toter Jungvogel unter den Resten. Dafür finden die Biologen eine Hauskatze. Einmal musste Uli Brendel deshalb schon ausrücken: "Es gab da mal einen Anruf von einem Bauern, der hat gesagt, bei uns im Hof da sitzt ein großer Vogel und frisst mei Katz. Wir sind dann ausgerückt und haben festgestellt, dass tatsächlich ein Steinadler, und zwar der Junge aus dem Wimbachtal, sehr schnell gelernt hat, wie man Hauskatzen fängt. Der saß dann im Baum neben dem Bauernhof und hat tatsächlich die Hauskatze gefressen."
Bei Bauern und Schäfern war Adler früher recht unbeliebt. Heute wird er nicht mehr verfolgt. Dank der Aufklärungsarbeit der Forscher ist seine Akzeptanz stark gestiegen.
Wählerische Eltern
Was Uli Brendel allerdings mittlerweile erkennen musste, freut ihn wenig: Das Adlerpaar hat sich nicht den Horst mit der Kamera ausgesucht, sondern einen anderen. Die Hoffnung auf exakte Informationen über die Jungvögel ist damit für dieses Jahr zerstoben. Die Forscher lassen sich nicht unterkriegen. Vielleicht klappt es ja im nächsten Jahr.
Doch dann ein Glücksfall: Sie entdecken eine Stelle, von wo aus sie den Horst gut beobachten können - auch ohne Kamera. Und sie stellen fest: Nachwuchs ist da! Dem Kleinen geht es gut, Uli Brendel ist glücklich.
Die Aussicht, dass bald ein weiterer Adler im Alpen-Nationalpark seine Kreise zieht, ist gut. Nicht umsonst heißt es: Dort, wo der Steinadler erfolgreich brütet, dort ist die Welt noch in Ordnung!
Adressen & Links
Internetseite des Nationalparks Berchtesgaden mit Informationen zum Steinadler-Monitoring.
www.nationalpark-berchtesgarden.bayern.de
Autorin: Angelika Vogel (BR)
Stand: 16.09.2015 13:39 Uhr