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Das Wunder von Ägypten

Kairo – eine Metropole platzt aus allen Nähten
Kairo – eine Metropole platzt aus allen Nähten | Bild: WDR

Wie ein grünes Band zieht sich der Nil durch ein Land, das aus 96 Prozent Wüste besteht. Niltal und Nildelta bilden abgesehen von einigen Oasen die einzige Möglichkeit, Landwirtschaft zu betreiben und zu wohnen. Die Ernährung der 80 Millionen Ägypter ist deshalb längst nur noch durch große Importe sicher zu stellen. Der Bauboom, genährt durch das schnelle Bevölkerungswachstum, verringert die grünen Flächen stetig. Noch vor zehn Jahren umgab Kairo zum Beispiel ein mehrere Kilometer dicker Grüngürtel aus Ackerland. Gerade werden die letzten freien Flächen zugebaut. Die Stadt explodiert förmlich und damit wachsen die Probleme, denn wohin sollen all die Menschen?

Abwasser – eine kostbare Ressource

Biologische Abwasserkläranlage in der Wüste
Biologische Abwasserkläranlage in der Wüste | Bild: WDR

Da Wasser in Ägypten die kostbarste Ressource darstellt, existiert ein Gesetz, das ungenutzte Abwassereinleitung in Flüsse und Meere verbietet. Trotzdem produziert Ägypten jährlich 2,6 Milliarden Kubikmeter Schmutzabwässer. Das ist ungefähr halb so viel wie in Deutschland. Aber das hat in einem Land, das zum größten Teil aus Wüste besteht, eine ganz andere Bedeutung.

Mitte der 90er-Jahre startete die Regierung deshalb ein Pilotprojekt, um zusammen mit ägyptischen Forstwissenschaftlern und Landwirtschaftsingenieuren herauszufinden, ob auf Wüstenböden mit Hilfe von vorgereinigtem Abwasser Wälder entstehen können.

Gewächshaus zur Anzucht der Baumpflanzlinge
Gewächshaus zur Anzucht der Baumpflanzlinge | Bild: WDR

Es wurden versuchsweise unterschiedliche Baumarten an verschiedenen Stellen in Ägypten in den bewässerten Sand gepflanzt. Wüstenboden ist kein grundsätzlich schlechter Boden, ihm fehlen in der Regel nur Feuchtigkeit und Mineralien – ein Manko, das durch Abwässer ausgeglichen werden kann. Außerdem ist ein entscheidender Faktor für das Baumwachstum in der ägyptischen Wüste im Überfluss vorhanden: (Sonnen-)Licht.

Wald gedeiht in der Wüste

Neue Waldflächen entstehen am Rand der Wüste
Neue Waldflächen entstehen am Rand der Wüste | Bild: WDR

Nach nur sieben Jahren entstanden in der Wüste bis zu 15 Meter hohe Wälder. Das konnten selbst deutsche Forstexperten des Lehrstuhls für Waldbau der TU München nicht glauben und reisten eigens an, um das "Wunder von Ägypten" zu bestaunen. Wälder am Rand der Wüste erfolgreich wachsen zu lassen, ist in jeder Hinsicht von großer Bedeutung:
• Wo Wälder vor Sanddünen und Bodenerosion schützen, können auch neue Ackerflächen und Siedlungen entstehen.
• Die schnell wachsenden Bäume versprechen schon bald eine rentable Holzproduktion.
• Neue Arbeitsplätze, vor allem für die ägyptische Jugend entstehen.
• Die Wälder haben in einem Wüstenland wie Ägypten einen hohen Freizeitwert für Einheimische und Touristen.
• Und sie leisten als CO2-Speicher einen Beitrag zum Klimaschutz.

Fünf Jahre alter Eukalyptusbestand
Fünf Jahre alter Eukalyptusbestand | Bild: WDR

Mittlerweile sind an 24 Orten in der ägyptischen Wüste erfolgreich solche Pilotwälder entstanden. Eben überall dort, wo es Abwasser gibt. Was allerdings bislang fehlt, sind Untersuchungen des Bodens, um festzustellen, ob die Bewässerung mit vorgereinigtem Abwasser wirklich ökologisch unbedenklich ist.

Ägyptisch-Deutsche Zusammenarbeit

Die deutsch-ägyptische Zusammenarbeit wird besiegelt
Die deutsch-ägyptische Zusammenarbeit wird besiegelt | Bild: Hany El Kateb/München

Die deutschen Wissenschaftler und Repräsentanten des bayerischen Staatsministeriums für Landwirtschaft und Forsten trafen sich im Sommer 2007 mit Vertretern ägyptischer Universitäten und Ministerien, um darüber nachzudenken, wie es weiter gehen soll. Ein großes Forschungsprojekt mit deutscher Beteiligung wurde verabredet, denn die bisher entstandenen Wälder sind zwar ein großer Erfolg, dennoch lassen sich die Aufforstungen aus forstwirtschaftlicher Sicht noch wesentlich optimieren. Wer mit Holz Geld verdienen will, der muss seine Wälder so anlegen, dass große gerade Stämme wachsen können und darin sind die Deutschen international gefragte Experten. Auch müssen die Bewässerungstechniken und die Wassermengen genauer untersucht werden, wenn kein Tropfen des wertvollen Abwassers sinnlos im Boden versickern soll. Werden all diese wichtigen Details optimiert, wird die Wüstenaufforstung auch für private Investoren interessant und die Zukunft des Projektes wäre gesichert. Zurzeit stagniert das Forschungsprojekt allerdings etwas, da die Fördermittel nur zögerlich bereit gestellt werden.

Hohe Nachhaltigkeit

Nilufer am nördlichen Rand von Kairo
Nilufer am nördlichen Rand von Kairo | Bild: WDR

Die neue Methode der Wüstenaufforstung zeigt jetzt schon, wie nachhaltig sie ist:
Zum Beispiel wird der Verbrauch an Nilwasser nicht erhöht, was in der Vergangenheit immer wieder zu politischen Spannungen zwischen den Nilanrainerstaaten geführt hatte.
Auch wachsen die neuen Wälder am Rand der Wüste, ganz in der Nähe der Städte, von wo das Abwasser kommt. Das bedeutet für die zukünftigen Waldarbeiter, dass von Niemandem bei Antritt der neuen Arbeitsstelle verlangt wird, mitten in eine weit entfernte Wüste umzusiedeln, in der im Sommer Temperaturen von über 50 Grad Celsius herrschen können.

Karte mit einigen der stadtnahen Wüstenaufforstungen
Einige der 24 stadtnahen Wüstenaufforstungen in Ägypten | Bild: Umweltministerium Kairo

Und es müssen keine teuren technischen Geräte oder Maschinen aus dem Ausland angeschafft werden. Das bedeutet niedrige Investitionen und das Projekt bleibt unabhängig von Hightech und ist damit weniger störanfällig. Lediglich Abwasserklärbecken, die vom Staat bereit gestellt werden, Gewächshäuser, Bewässerungsschläuche und natürlich geeignete Baumpflanzlinge werden gebraucht.

All diese Vorteile und die Erfolge der ersten 24 Testwälder machen Hoffnung, dass die neue Aufforstungsmethode schon bald in vielen Trockengebieten Afrikas, in denen es Abwasser gibt, angewendet werden könnte. Ein wichtiger Schritt, um die weltweit wachsenden Wüsten zurück zu drängen und gleichzeitig CO2 zu speichern.

Bericht. Jörg Wolf (WDR)

Stand: 05.08.2015 11:32 Uhr

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