So., 21.11.10 | 17:03 Uhr
Das Erste
Parasiten als "Schädlingsbekämpfer"
Hat man diese kleinen Falter erst mal im Haus, wird man sie so schnell nicht mehr los: Lebensmittelmotten. Doch wie soll man gegen sie vorgehen? Putzen, scheuern oder staubsaugen hilft nicht. In der Küche mit Giften zu experimentieren, dazu hat auch niemand Lust. Doch es gibt sie, die Geheimwaffe gegen die kleinen Flügeltierchen: Schlupfwespen.
Mottenbefall - der Horror in der Küche
Die Lebensmittel- oder auch Mehlmotten genannten Kleinschmetterlinge lieben Nüsse, Rosinen und Kakao, machen aber auch vor Müsli oder Mehl nicht halt. Ihre Nachkommenschaft ist zunächst kaum sichtbar, kann sich aber selbst durch winzigste Öffnungen zwängen. Die anfangs noch haarfeinen Mottenlarven quetschen sich sogar durch undichte Stellen an Schraubverschlüssen. Versteckt in Kartons oder Müslitüten bringt man sich die verborgene Invasion meist selbst mit ins Haus. Nach einigen Tagen beginnt dann das böse Erwachen. – und das Flattern in der Küche.
Mit Insekten gegen Insekten vorgehen
Doch es gibt ein Gegenmittel, die ultimative Mottenvernichtungswaffe: Trichogramma evanscens – eine Schlupfwespe. Sie ist kaum einen halben Millimeter groß und gehört zu den Erzwespen, einer Wespenart mit einer segensreichen Vorliebe. Findet ein Trichogramma-Weibchen das Ei einer Motte, senkt es mit ihrem Legebohrer ein eigenes Ei hinein. Die Wespenlarve frisst das fremde Ei leer, die Motten haben keine Chance sich zu vermehren. Jedes noch so gut versteckte Mottenei wird auch in der entferntesten Ritze aufgefunden und parasitiert.
Die Herren der Wespen
Im hessischen Pfungstadt werden die kleinen Nützlinge auf Motteneiern herangezüchtet. Doch was heute so erfolgreich funktioniert, hat eine lange Zeit der Entwicklung gebraucht. Denn die Schlupfwespenzucht ist kompliziert. Ist die Temperatur oder der Tag/Nachtrhythmus in den Brutkästen nicht konstant, entwickeln sich die Insekten nicht. Sind zu viele Tierchen in einer Brutzelle, bekommen diese Stress, legen plötzlich zu viele Eier in die Mottenbrut oder fressen sich gar gegenseitig auf.
Doch in Pfungstadt weiß man genau, wann die Brut auf die Reise geschickt werden muss, um den geplagten Haushalt mit Mottenbefall zu nützen. Denn die Gegenspieler der Motten kommen auf kleinen Pappkärtchen per Post ins Haus. Ein Geschwader kostet um die 40 Euro, die Plage sollte dann in zwei bis drei Wochen ein Ende haben. Und keine Angst: auch wenn in Schrankritzen und Schubladenecken ein Kampf um Leben und Tod tobt, der Bewohner merkt das nicht. Die kleinen, für den Menschen absolut harmlosen Nützlinge können sich nur solange vermehren wie es Motten gibt. Sind diese erledigt, sucht die Schlupfwespe durch das Küchenfenster das Weite, oder verabschiedet sich diskret in den Hausstaub.
Brackwespen gegen Mottenlarven in Getreidelagern
Die Hessen haben gerade einen neuen Nützling zur Zuchtreife gebracht: Habrobracon hebetor, eine Brackwespe. Sie wird vor allem in großen Getreidelagern gegen Lebensmittelmotten eingesetzt. Die bis zu vier Millimeter große Wespe geht gegen die Larven der Schädlinge vor. Ihre Methode: Sie greifen die um ein vielfaches größere Larve von hinten an, lähmen sie mit einem Stich und kleben die eigenen Eier auf die bewegungsunfähige Raupe auf. Die Nachkommen der Brackwespen benutzen die Larve als Nahrung und saugen sie bis auf einen kleinen Rest aus. So können sich die Motten nicht vermehren und das große Flattern in den Lagerhallen hat schnell ein Ende.
Adressen & Links
Firma AMW Nützlinge
Außerhalb 54.
64319 Pfungstadt
Tel.: (06157) 990595
FuturA GmbH Vertriebsgesellschaft
Herr Oliver Klute
Rudolf-Diesel-Str. 35
33178 Borchen
Tel.: (05251) 69161-79
Fax: (05251) 69161-55
Autorin: Sabine Guth (HR)
Stand: 01.10.2014 16:14 Uhr