So., 03.04.11 | 17:03 Uhr
Das Erste
Der Arbeitsplatz der Zukunft
Wie Unternehmen sich auf die älter werdende Belegschaft einstellen
Mit 57 Jahren gehört Ludwig Lang bereits zu den ältesten Mitarbeiter bei BMW in Dingolfing. Ginge es nach der neuen Rentenregelung, müsste er noch weitere zehn Jahre am Montage-Band stehen. Eine beängstigende Perspektive, denn die Arbeit hat seinen Körper frühzeitig verschlissen. In Zukunft soll es gar nicht erst so weit kommen.
Die Antwort auf die Graue Welle - Demografieprojekte
Vor allem technisch ausgerichteten Unternehmen ist eines klar geworden: Wegen sinkender Geburtenzahlen und dem drohenden Facharbeitermangel werden sie künftig ihre Mitarbeiter länger beschäftigen müssen. Firmen wie Bosch-Siemens Hausgeräte, Metabo Bohrmaschinen und die Autobauer Audi und BMW haben daher jeweils eigene Demografieprojekte mit klangvollen Namen ins Leben gerufen.
"Heute für Morgen" etwa heißt die Initiative von BMW, die im Frühjahr 2011 in der Eröffnung einer ganz besonderen Montagehalle für Achsgetriebe gipfelte. Sämtliche Arbeitsplätze in dieser Halle wurden möglichst körperschonend gestaltet. Für Ludwig Lang ist es ein Glücksfall, dass er jetzt hier arbeiten darf. Spezielle Ausgleichsübungen, die eine Physiotherapeutin für jede Arbeitsstation erarbeitet hat, sollen ihm außerdem helfen, seine Schmerzen zu lindern und aus gefährlichen Schonhaltungen herauszukommen. Physiotherapeutin Daniela Arndt will mit den Übungen aber vor allem die jüngeren Mitarbeiter erreichen: "Damit diese erst gar keine Beschwerden bekommen."
Trimm-dich-Pfad in der Montagehalle
Das Konzept für die neue Montagehalle wurde unter anderem von Wissenschaftlern der Technischen Universität München entworfen. In einigen Punkten sind die Forscher allerdings schon wieder weiter: So haben sie Arbeitsplätze geschaffen, die sich den individuellen Körpermaßen der Beschäftigten automatisch anpassen. Das geschieht mit Hilfe von Transpondern in den Werksausweisen.
Um die Anstrengung von einzelnen Arbeitsschritten bestimmen zu können, haben die Wissenschaftler außerdem ein Computerprogramm entwickelt. Es zeigt den Arbeitern über eine Spezialbrille an, wann ihre Belastungsgrenze erreicht ist. Sie sollen dann, ähnlich wie auf einem Trimm-dich-Pfad, zu einem anderen Arbeitsplatz wechseln.
Gesund und fit bis zur Rente
Bei BMW wurde die Idee der Job-Rotation bereits ansatzweise aufgegriffen. So darf Ludwig Lang einmal während seiner Schicht den Arbeitsplatz mit einem Kollegen tauschen. "Die Abwechslung tut schon gut", gibt er zu. Auch wenn er den vielen Neuerungen anfangs skeptisch gegenüberstand. Das gigantische Angebot an frischen Salaten in der Kantine, das die Mitarbeiter künftig zu einer vitaminreicheren Ernährung ermuntert soll, findet er super. Die spürbaren Investitionen des Unternehmens in die Gesundheit der Belegschaft machen ihm Mut und geben ihm das Gefühl, weiterhin gebraucht zu werden. Wegen seiner Schmerzen wird er dennoch nächstes Jahr in die Altersteilzeit gehen. Vielleicht wird das Demografieprojekt aber die Jüngeren in die Lage versetzen, die lange Zeit bis zur Rente gesund zu überstehen.
Autorin: Sabine Frühbuss (BR)
Stand: 18.09.2015 14:07 Uhr