SENDETERMIN So., 28.08.11 | 17:03 Uhr | Das Erste

Die erfolgreichsten Patente der Natur

Großaufnahme von Schlaufen und kleinen Wiederhaken
Von einer Klette abgeschaut: der Klettverschluss | Bild: HR

Täglich benutzen wir Dinge, die wir für technische Errungenschaften menschlichen Erfindergeists halten. Aber häufig hat der Mensch abgespickt – von der Natur. Der Klettverschluss ist so ein Beispiel. Doch es brauchte einen findigen Kopf, um überhaupt auf diese Idee zu kommen. Die lästigen Kletten im Fell seines Hundes brachten den Schweizer Ingenieur George de Mestral 1941 auf die Idee. Im Labor entdeckte er das System der feinen, elastischen und extrem haltbaren Widerhaken der Klette – und baute sie nach. Als Gegenstück konstruierte er ebenso elastische Schlaufen. Die Haken können sich hier einklinken, aber auch wieder lösen.

Fliegen wie ein Vogel

Drachenflieger
Der Traum vom Fliegen ist heute Wirklichkeit | Bild: HR

Leonardo da Vinci war wohl der erste Bioniker überhaupt. Der Künstler, der die Mona Lisa so großartig malte, war auch ein leidenschaftlicher Konstrukteur. Vor allem Fluggeräte haben ihn immer wieder fasziniert. Tagelang konnte er den Vogelflug beobachten und zuschauen, wie sich Vögel bewegen. In die Lüfte erheben konnten sich seine Apparate noch nicht, aber spätere Erfinder haben dort weiter gemacht, wo Leonardo einst anfing. Und heute können wir tatsächlich fliegen.

In einem Saugnapf herrscht Unterdruck
Im Inneren des Saugnapfs herrscht Unterdruck | Bild: HR

Aber auch andere Tiere standen Modell für praktische bionische Erfindungen: Ein Saughaken im Bad mag einem simpel erscheinen, aber nach dessen Prinzip lassen sich auch in der Industrie erstaunliche Effekte erzielen: Mit Saughebern können alle möglichen Lasten bewegt werden – von schweren Plastiksäcken bis zu überdimensionalen Glasscheiben. "Unterdrucktechnik" nennt man das, was ursprünglich Tiere wie der Tintenfisch entwickelt haben. Das Prinzip, mit Hilfe von Unterdruck Teile zu fixieren oder anzuheben, hat die Natur also schon seit Jahrmillionen in ihrem Programm.

Blank geputzt: der Lotus-Effekt

Ein Lotusblatt
Auf einem Lotusblatt perlt Wasser und Schmutz ab | Bild: HR

Wenn Oberflächen in Badezimmern seit neuestem immer schön blank bleiben und Wasser von ihnen abperlt, verdanken wir das dem Lotus-Effekt, den man der Lotus-Blume abgeschaut hat. Diese Blume gehört – wie z.B. auch Kohlrabi, Wirsing und Frauenmantel – zu den sich selbst reinigenden Pflanzen. Aufgrund einer besonderen Oberflächenstruktur perlen Wasser und auch Schmutz am Lotusblatt vollständig ab. Anders als auf einer Glasscheibe bleibt sogar Alleskleber nicht auf dem Lotusblatt hängen. Waschbecken, Dachziegel oder Fassadenfarbe entstehen nun nach diesem Lotusprinzip. Wasser und Schmutz bleiben auf so behandelten Oberflächen weit weniger hängen.

Unempfindlich wie ein Clownfisch

Haifischschuppenin Großaufnahme
Die besondere Form der Haifischschuppen beeinflusst die Schwimmfähigkeit der Tiere | Bild: Bionik-Innovations-Centrum Hochschule Bremen

Bionik begleitet uns sogar in den Urlaub. Die Natur hat in der Evolution alle Zeit der Welt gehabt, clevere Mechanismen zu entwickeln – wir machen sie uns nun zu Nutze, um auch andere Elemente zu erobern: Schwimmflossen helfen uns Menschen, im Wasser rasch voranzukommen – ein einfaches, aber sehr effektives Prinzip! Aber auch von anderen Meerestieren lässt sich vieles abkupfern: Die Strömungseigenschaften der Haifischhaut sind Vorbild für ebenso gestaltete Oberflächen von Flugzeugen, Schiffen oder Windanlagen.

Eine der neuesten Entwicklungen, die den Urlaub und das Baden im Meer sicherer machen, ist eine Sonnenmilch: Sie schützt nicht nur vor ultravioletten Strahlen, sondern auch vor dem Nesselgift der Feuerquallen. Der Clownfisch aus den Korallenriffen der Südsee macht’s möglich. Er lebt in enger Symbiose mit See-Anemonen und produziert gegen deren Gift eine Schutzschicht auf seiner Haut. Als Ingredienz in Sonnenschutzmitteln schützt sie nun auch Schwimmer vor den Tentakeln der Quallen.

Selbst unsere Autos sind windschlüpfriger geworden, weil ihre äußere Form Pinguinen abgeschaut wurde. Schwimmen wie ein Fisch, fliegen wie ein Vogel, mit weniger Energie weiter fahren – weniger putzen! Bionik ist das Bindeglied zwischen der von Menschen gemachten Technik und dem Ideenreichtum der Natur.

Autor: Burghard Schlicht (HR)

Stand: 30.10.2015 14:02 Uhr

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