So., 11.12.11 | 17:03 Uhr
Das Erste
Warum Pinguine eine Laola-Welle machen
Pinguine, die in der Antarktis beheimatet sind, zählen zu den Überlebenskünstlern im Tierreich. Ihr Lebensraum liegt südlich des 45. Breitengrades. In diesen extremen Klimazonen legen sie ihre Eier und brüten sie aus. Die Küken der Königspinguine müssen dann lange Kälteperioden bei Temperaturen von bis zu minus 20 Grad Celsius ohne Eltern überstehen. Nutzen sie wie die erwachsenen Tiere die Körperwärme ihrer Artverwandten? Dass Pinguine sich in großen Gruppen, sogenannten Huddles, zusammenkuscheln, ist länger bekannt. Doch man wusste bisher nicht genau, wie so eine Huddle organisiert ist und wie es den Tieren am Rand gelingt, in die wärmende Mitte zu gelangen.
Pinguin im Forschungseinsatz
Der deutsche Pinguinforscher Klemens Pütz ist diesem Rätsel schon seit Jahren auf der Spur. Er untersucht das Verhalten der Tiere in ihrer natürlichen Umgebung. Doch Pinguinküken sind nur schwer auseinander zu halten - und noch schwerer zu verfolgen, wenn sie sich in einem Huddle befinden. Deshalb hat er einen Sensor mit bestimmten Eigenschaften entwickeln lassen, einen sogenannten Logger. Damit will er die Tiere in freier Wildbahn verfolgen und Daten zur Position einzelner Tiere, der Helligkeit und der Umgebungstemperatur sammeln. Im Zoo Wuppertal testet er an einem Königspinguin, ob die neue Technik funktioniert und reif für den Einsatz ist.
Die Laola-Welle - eine Zufallsbeobachtung
Durch einen Zufall erhält Klemens Pütz nun einen unerwarteten Impuls. Daniel Zitterbart von der Universität Erlangen-Nürnberg war im Jahr 2008 als sogenannter Überwinterer auf der Neumayer-Station des Alfred-Wegener-Instituts in der Antarktis. Seine eigentliche Aufgabe war es, als Geophysiker die Observatorien am Laufen zu halten. In seiner Freizeit jedoch beobachtete er mit einer Spiegelreflexkamera Kaiserpinguine. Er nahm eine umfangreiche Bildserie der Pinguine im Huddle auf. Bei genauerer Betrachtung der mehr als 10.000 Einzelbilder, die er im Sekundentakt schoss, konnte er nicht nur das Offensichtliche sehen, nämlich, dass die Pinguine die wärmende Mitte in einem sogenannten Huddle suchen. Daniel Zitterbart konnte auch winzig kleine Bewegungen innerhalb dieses Huddles feststellen: "Es ist so, dass die Tiere alle 30 bis 60 Sekunden einen ganz kleinen Schritt machen. Das sieht man mit dem bloßen Auge kaum. Und eine Reihe fängt an sich zu bewegen, und dann pflanzt sich so eine Art Welle fort, einmal durch den gesamten Huddle hindurch - wie eine Laola-Welle im Stadion." Durch die kontinuierlichen, winzigen Schritte der Pinguine in einem Huddle bleibt die gesamte Gruppe beweglich. So haben auch die Tiere am Rand eine Chance, in die wärmende Mitte zu gelangen.
Schützen sich Königspinguine genauso?
Für den Biologen Klemens Pütz ist die eher zufällige Beobachtung von Daniel Zitterbart eine Inspiration für seine eigene Forschung. Und sie ist eine Erklärung dafür, warum die Kaiserpinguine, die am Rand eines Huddles stehen, bei oft weniger als minus 40 Grad Celsius nicht erfrieren. Wenn er im Dezember zu seiner nächsten Exkursion auf die Falklandinseln aufbricht, hat er seine neuen Logger mit im Gepäck und will einzelne Küken der Königspinguine damit bestücken. Seine große Hoffnung: herauszufinden, ob auch sie ein ähnlich "soziales" System entwickelt haben wie die erwachsenen Tiere der Kaiserpinguine.
Autorin: Iris Rietdorf (WDR)
Stand: 28.05.2012 21:59 Uhr