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Schwein gehabt! Die Tier-WG

Die Glückschweine Berta, Susie und Joie
Die Glückschweine Berta, Susie und Joie auf dem Weg in ein besseres Leben | Bild: BR

Die schwäbisch-hällischen Sauen Berta, Susie und Joie haben buchstäblich "Schwein gehabt". Sie dürfen auf dem Hof der Herrmannsdorfer Landwerkstätten im oberbayerischen Glonn an einem Experiment teilnehmen. Rund vier Monate bis zu ihrer Schlachtung sollen sie gemeinsam mit anderen Nutztierarten ganz in Symbiose mit der Natur leben. Ihr Besitzer, der Bio-Landwirt Karl Ludwig Schweisfurth, möchte mit diesem Versuch wieder zusammenfügen, was durch die Rationalisierung der Landwirtschaft künstlich getrennt wurde.

Die Sau in sich entdecken

Schweine fressen unter einem Apfelbaum
Fressen, was die Natur serviert: zum Beispiel Fallobst | Bild: BR

Für die drei Test-Sauen bedeutet das neue, naturnahe Leben eine Herausforderung. Denn rund die Hälfte ihres Futter sollen sie sich fortan selbst suchen, je nach Jahreszeit, zum Beispiel Fallobst von der Streuobstwiese, oder Pilze und Wurzeln. Sommer wie Winter werden die drei draußen verbringen. Einzig kleine Hütten bieten ihnen Schutz vor Schnee und Regen. Wenn es warm genug ist, laden Schlammkuhlen zum Suhlen ein. Berta, Susie und Joie sind begeistert! Und auch der Verhaltensbiologe Günter Postler, der das Experiment begleitet, ist zufrieden. Denn anders als in der konventionellen Schweinehaltung haben symbiotisch gehaltene Schweine keinerlei Probleme mit Erkältungen oder anderen Atemwegs-Erkrankungen.

Feder- und Borstenvieh in perfekter Symbiose

Ein Huhn steht auf einem Schwein
Hühner übernehmen die Hautpflege | Bild: BR

Ziemlich ungewohnt für Berta, Susie und Joie ist auch die Tatsache, dass sie künftig mit anderen Nutztierarten, wie Hühnern und Gänsen eine Weide teilen sollen. "Konventionelle Schweinehalter haben uns anfangs für verrückt erklärt und uns prophezeit, dass die Schweine die Hühner töten würden", meint Günter Postler. Allerdings gibt er seinen Versuchsschweinen viel Zeit, sich an die gackernden Hühner zu gewöhnen. Wohl deshalb hat noch keines der Hühner Federn lassen müssen. Im Gegenteil. Die Hühner profitieren sogar von den Schweinen. Denn diese wühlen mit ihren Rüsseln den Boden tief auf, so dass die Hühner viel besser an Würmer kommen. Noch dazu schreckt die Gegenwart der Schweine wildernde Füchse ab. Als Gegenleistung fressen die Hühner große Mengen an Maden und Fliegen. Manchmal übernehmen sie bei den Schweinen sogar die Körperpflege, indem sie ihnen Parasiten von der Schwarte picken - das schönste Beispiel einer gut funktionierenden Symbiose.

Schlemmen mit gutem Gewissen

Auch wenn Berta, Susi und Joie sich momentan sauwohl fühlen, der Weg zur Schlachtbank bleibt ihnen nicht erspart. Allerdings dürfen sie fast doppelt so lang leben wie ihre Artgenossen in der konventionellen Haltung. Ihr Fleisch reift langsam und wird dank der naturnahen Haltung eine besondere Qualität haben. Mit dem Versuchsergebnis ist Bio-Landwirt Karl Ludwig Schweisfurth sehr zufrieden. Diese Art der Schweinehaltung, so sein Resümee, eröffne die Möglichkeit, mit gutem Gewissen Fleisch zu essen - denn die Schweine hätten ein schönes Leben gehabt. Zudem sei sie eine Alternative für kleinere Landwirte auf schlechteren Böden, die mit der hochintensiven Landwirtschaft einfach nicht mehr mithalten können.

Autorin: Sabine Frühbuss (BR)

Stand: 13.11.2015 14:24 Uhr

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