SENDETERMIN Sa., 15.03.25 | 23:40 Uhr | Das Erste

Du musst ein Schwein sein in dieser Welt!

Du musst ein Schwein sein in dieser Welt! | Video verfügbar bis 14.03.2030 | Bild: ARD

Ich grüße Sie an diesem späten Abend!

„Wirst du auch Soldat, wenn Krieg kommt, Papa?“ Ich bin vollkommen verdaddert. Woher kommt denn plötzlich diese Frage? Ich als Pfarrer? Aber na klar, meine elfjährige Tochter spürt auch, dass sich etwas verändert hat. Die ganzen Meldungen in letzter Zeit gehen an unseren Kindern nicht vorbei.

Es sind  keine kleinen Sachen, es geht plötzlich um das große Ganze. Papa im Krieg. Es geht ums Überleben. In meinem Umfeld bemerke ich, dass viele hart werden und aufrüsten in Worten und Taten. Zum Beispiel auf Elternabenden: Wie da die Eltern für ihre Kinder kämpfen. Sie sollen maximal auf die harte Welt vorbereitet werden. Ellbogen raus. Klar: Die Eltern haben Angst um die Zukunft ihrer Kinder. Ich auch.

Du musst ein Schwein sein, hart sein in dieser Welt – oder was sollen wir unseren Kindern mit auf den Weg geben? Was brauchen Eltern, Kinder und Großeltern, was brauchen wir, um in der veränderten Welt zurechtzukommen? Einer, der sehr gut in dieser neuen Welt zurechtkommt ist Elon Musk. Kein Wunder. Sein Vater lehrte ihn: Hab‘ kein Mitgefühl mit Verlierern!

In so einer Welt will ich nicht leben. Wir sind doch alle mal Verlierer. Und genau zu denen ist Jesus gegangen, hat mitgefühlt und sie wieder aufgerichtet. Das habe ich meine Töchter gelehrt. Wird es für eine gute Zukunft langen? Darauf gibt’s keine einfache Antwort. Aber eins kann man mit der großen Philosophin Hannah Arendt sicher sagen: „Der Tod der menschlichen Empathie – also die Fähigkeit sich in andere hineinzuversetzen, mitzufühlen - wenn die stirbt, dann ist das eines der frühsten und deutlichsten Zeichen dafür, dass eine Kultur gerade in die Barbarei verfällt.“

Wie anders waren für mich noch vor kurzem die Zukunftsfragen. Ausschließlich Fragen danach, was mir und meinen Kindern alles offensteht und was für tolle Möglichkeiten wir  haben. Es war für mich so selbstverständlich, dass es in Deutschland nie wieder Krieg geben wird. Dass rechtsextremistische Gesinnungen hier nie wieder Fuß fassen werden. Dass jede und jeder lieben kann, wen er oder sie möchte. Dass wir die Umwelt schützen. Und schlussendlich: Dass ein Geist der Freiheit und der Toleranz bei uns weht.

Aber heute? Nichts mehr davon selbstverständlich.

Viele rufen nach mehr Verteidigung. Militärisch. Aber ich denke: Wir müssen auch das verteidigen, was  die letzten Jahrzehnte so selbstverständlich war. Aber nicht allein mit Härte und Rücksichtslosigkeit. Eine mitfühlende Gemeinschaft ist auf lange Sicht stärker, als eine rücksichtslose Gemeinschaft. Denn sonst stehen wir am Ende alle mit unseren fetten Rüstungen einsam da und alles ist kaputt. „Mr. Musk, ich habe meine Töchter anders erzogen und ich glaube, sie werden gut durch’s Leben kommen. Sie werden keine Schweine sein in dieser Welt. Sie bleiben freundlich, werden weiter mitfühlen und diese großartigen Eigenschaften von uns Menschen verteidigen.“ Ich bete darum, dass es so kommt. Good Night!

Sendetermin

Sa., 15.03.25 | 23:40 Uhr
Das Erste

Produktion

Rundfunk Berlin-Brandenburg
für
DasErste