Bio-/Filmografie Feo Aladag
Film: Die Fremde
Kurzvita

"Die Fremde" ist Feo Aladags Kinodebüt als Produzentin, Drehbuchautorin und Regisseurin. 1972 in Wien geboren, legte sie ihr Abitur an einem humanistischen Gymnasium ab. Sie studierte Schauspiel in Wien und London, spielte in mehreren Stücken an Londoner Theatern und war seit 1996 auch in zahlreichen deutschen und britischen TV-und Kinofilmen zu sehen. Sie absolvierte ein Studium in Kommunikationswissenschaften und Psychologie an der Universität Wien, das sie im Jahr 2000 mit ihrer Promotion zum Dr. phil. abschloss. 2005 gründete Feo Aladag die Berliner Filmproduktion Independent Artists, mit der sie als Produzentin auch ihr Langfilmdebüt "Die Fremde" produzierte.
Interview
Mit Ihrem Regiedebüt "Die Fremde" haben Sie sich ein sehr kontroverses und alles andere als leichtes Thema ausgesucht. Was hat Sie an dem Stoff gereizt?
Vor sechs Jahren beobachtete ich eine Reihe von Ehrverbrechen in Deutschland, die an Frauen verübt wurden, die sich lediglich von familiären und innergesellschaftlichen Zwängen zu befreien versucht hatten. Im Zusammenhang mit der Kampagne "Gewalt gegen Frauen" von Amnesty International, für die ich Spots gedreht hatte, habe ich auch lange zu verwandten Themenkomplexen recherchiert. Wie viele von uns, hat auch mich diese Realität sehr beschäftigt, bewegt und vor allem berührt. Besonders ein Bild ging mir nicht aus dem Kopf: die Vorstellung der gegenseitig ausgestreckten Hand, die uns jene Abgründe, die uns trennen, überwinden lässt. Ich wollte eine Geschichte über die unglaubliche Tragik einer verpassten Chance erzählen.
Wie haben Sie sich diesem komplexen Themenkreis angenähert?
Die komplexen Mechanismen, die im Fall von Ehrverbrechen innerfamiliär ausgelöst werden und die bis hin zum Mord eskalieren können, haben mich in meinen Recherchen nicht mehr losgelassen. Je tiefer ich in den Stoff eintauchte, umso stärker reifte dabei in mir der Wunsch, eine Geschichte zu erzählen, die sich mit dem Schicksal einer jungen türkischstämmigen Deutschen beschäftigt; einer Frau, die versucht, ein selbstbestimmtes Leben zu führen und gleichzeitig die Solidarität und Liebe ihrer Familie zu erhalten. Es ist eine Geschichte, bei der niemand moralisch verurteilt wird, sondern bei der ich die Zwänge und Konflikte sowie die damit verbundene Tragik aller Figuren emotional nachvollziehbar machen wollte. Die Intention ist, Empathie zu schaffen.
Es geht also nicht primär um eine deutsch-türkische Migrantengeschichte, sondern auch um ein uns heute alle betreffendes Thema – darum, Grenzen der Intoleranz zu überwinden. Wie könnte dies Ihrer Ansicht nach gelingen?
Voraussetzung dafür ist der Glaube. Nicht in einem explizit religiösen Sinne, sondern der Glaube an die ausgestreckte Hand zwischen Menschen. Der Glaube daran, dass ein harmonisches Miteinander möglich ist, wenn wir im Namen der Empathie über den Schatten unserer Prinzipien und Überzeugungen hinauswachsen. Das Thema ist universell. Es betrifft uns alle. Ob es nun Menschen sind, die einander lieben, oder Menschen, die miteinander eine Welt, ein Land, eine Gesellschaft teilen, also eine Gemeinschaft sind. Wesentlich erscheint mir, dass wir an die Möglichkeiten des anderen glauben. Gerade im Mikrokosmos der Familie, als dem Fundament für ein mögliches Miteinander im soziokulturellen Kontext, erfordert dieser Glaube oft Mut. Geliebt werden und lieben braucht Mut. Somit geht es in einem friedvollen Leben miteinander immer auch um ein Loslassen von eigenen Gewohnheiten und Erwartungen.