Fragen an Thorsten Näter

Regisseur

Regisseur Thorsten Näter mit den Schauspielern am Set
"Die Kommissare verändern sich zwar auch, aber sehr viel stärker verändert sich unser Blick auf sie." | Bild: ARD Degeto / Hans-Joachim Pfeiffer

Die äußeren Umstände treiben die Kommissare in außergewöhnliche innere Konflikte. Wie reagiert man als Regisseur auf so viel Drama? Wie hat das die Kommissare Schwarz und Zanchetti verändert?

Das "Drama" ist ja etwas, wonach wir bewusst suchen. Es gibt – natürlich mit allen denkbaren Zwischenstufen – zwei unterschiedliche Formen des Ermittlerfilms. Bei dem einen liegen das Drama und die Emotionen bei Tätern und Opfern. In der anderen werden die Ermittler selber ins Kreuzfeuer ihrer eigenen Geschichte gestellt. Unser Autor Jürgen Werner hat sich von Anfang an für die zweite Form entschieden, die den Hauptfiguren sehr viel Spielfläche bietet. Das war für mich von Anfang an der Grund, die Regie zu übernehmen, weil das sehr viel reizvoller ist, als die Kommissare immer nur illustre Gastdarsteller befragen zu lassen. Das gibt uns die Möglichkeit, die Kommissare immer besser mit all ihren Untiefen kennenzulernen. Das heißt, die Kommissare verändern sich zwar auch, aber sehr viel stärker verändert sich unser Blick auf sie. Und automatisch stellt man sich die Frage über den einzelnen Film hinaus, was ihnen wohl als nächstes passiert.

Speziell der "Bozen-Krimi" wird oft als der Donnerstags-"Tatort" bezeichnet. Sie haben schon viele "Tatorte" gedreht. Gibt es da noch mehr Parallelen?

Was den "Tatort" auszeichnet, ist nicht ein spezifischer Stil, sondern die Tatsache, dass jeder Autor und jeder Regisseur, der für dieses Format arbeitet, sich der Verantwortung bewusst ist, für eine so große "TV-Gemeinde" und ihre hohen Erwartungen zu arbeiten. Das ist die einzige Parallele, die mir einfällt, dass wir es uns nie leicht machen und von Anfang an den "Bozen-Krimi" als Herausforderung gesehen haben.

Die zentrale Szene von "Am Abgrund" findet im Hochgebirge statt. Wie bewusst setzen Sie die Landschaft beim Erzählen um?

Die Landschaft ist eine dieser "Herausforderungen". Sie ist nicht einfach nur Dekoration. Mit Team und Darstellern auf 3.000 Metern im Tiefschnee zu drehen, abgeschnitten von den üblichen Tröstungen der Drehlogistik wie Wohnmobilen, Heizungen, Catering setzt andere Energien frei, macht das Drama existenzieller. Selbst da, wo es weniger wild, sondern vielleicht nur pittoresk aussieht, ist eine Anstrengung von Nöten, um solche Plätze zu erreichen, die alle aus der "comfort zone" herausholt und verhindert, das pure Beschaulichkeit entsteht. Ich habe zumindest die Hoffnung, dass uns das hilft, das umzusetzen, was die eigentlich Funktion der Landschaft in unseren Filmen ist, nämlich nicht einfach nur nett und einlullend zu sein, sondern die Wucht der Gefühle unserer Darsteller zu spiegeln.

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