Im Gespräch mit Jasmin Schwiers
Ihre Filmfigur Simone Papst kommt aus reichem Elternhaus, lebt aber selbst ein ganz anderes Leben mit Café und einem gebürtigen Araber als Ehemann. Steckt in ihr ein Revoluzzer?
Ich denke, in ihr schlägt auf jeden Fall ein Revoluzzer-Herz. Sie hat sich von dem goldenen Löffel emanzipiert, mit dem sie in ihrem Elternhaus aufgewachsen ist und sich selbst etwas aufgebaut. Sie arbeitet hart für ihre Unabhängigkeit und ist mit dem Mann zusammen, den sie liebt, egal was Ihre Eltern oder irgendjemand sonst dazu sagen.
Auch Simones verschwundener Bruder passt nicht ins gesellschaftliche Klischee. Er ist in der Hausbesetzer- Szene unterwegs, während der Vater ein Immobilien- Tycoon ist. Wie würden sie das Verhältnis der Geschwister Papst zu ihren Eltern beschreiben?
Ich glaube, dass es immer gewisse Spannungen gibt, wenn unerfüllte Erwartungen im Raum stehen. Sicher hatte Papa Papst andere Pläne für seine Kinder. Zudem sind erfolgreiche Geschäftsmänner in der Regel gewohnt, dass Ihre Visionen an erster Stelle stehen und folgsam umgesetzt werden. Aber trotz allem bleibt Familie eben Familie und diese Dinge treten in den Hintergrund, wenn einer aus der Familie spurlos verschwindet. Am Ende ist es Simones Kämpfernatur, die Anne ins Boot holt.
Simone scheint Anne sofort zu vertrauen, als diese ihre Hilfe anbietet, warum?
Zum einen ist sie natürlich wahnsinnig besorgt um ihren Bruder und will alles tun, was irgendwie im Bereich ihrer Möglichkeiten liegt. Zum anderen ist ihr Bruder nicht nur der Vermisste, sondern auch gleichzeitig verdächtig. Sein bester Freund ist tot aufgefunden worden und nicht mal die Polizei hat vernünftige Anhaltspunkte. Diese Nummer ist zu groß für sie allein, sie wüsste nicht mal wo sie mit der Suche beginnen sollte. Aber sie spürt, instinktiv, dass diese ungewöhnliche Frau genau die Person für ihre ungewöhnliche Situation ist.
Sind Sie persönlich ein Mensch, der schnell vertraut?
Ich denke, ich bin ein Mensch, der grundsätzlich das Gute in anderen Menschen sieht. Ja, wahrscheinlich vertraue ich deshalb auch schnell. Aber bis jetzt konnte ich mich auch immer recht gut auf meine Menschenkenntnis verlassen.
Obwohl Youssef Anne als ehemalige Stasi-Spionin enttarnt und heftig reagiert, scheint Simone weiter an Anne als Helferin festhalten zu wollen. Warum teilt sie nicht das Misstrauen ihres Mannes?
Wenn es um so hohe Beträge geht – das Leben des eigenen Bruders – greift man nach jedem Strohhalm. Ich glaube aber, dass Simone auch auf ihren Instinkt vertraut. Sie will eine komplexe politische Situation nicht mit der einfachen Tatsache vermischen, dass Ihr Bruder sich in Lebensgefahr befindet. Sicher nimmt sie Annes Stasi-Vergangenheit nicht auf die leichte Schulter, aber das steht für sie auf einem anderen Blatt. Ihre Priorität liegt ganz klar darin, ihren Bruder zu finden. Alles andere ist zweitrangig.
Haben Sie während der Dreharbeiten miteinander über die Stasi und die persönlichen Erfahrungen von Lina Wendel und Torsten Michaelis gesprochen?
Ja, das habe ich. Diese Zeit ist bei jedem, der im Regime DDR gelebt hat, unvergesslich. Wenn man dann hört, wie Kollegen heute am Set über gemeinsame Bekannte und deren Stasi Vergangenheit reden, dann wird einem erst mal klar, wie nah das alles noch an uns dran ist. Ein komplexes, interessantes und aktuelles Thema, denn Geheimdienste gibt es auch heute noch.