Prof. Dr. Andreas Schreitmüller über den Film

Hauptabteilungsleiter Spielfilm und Fernsehfilm bei ARTE

»Die filmische Methode, die Regisseur Raymond Ley hier – wie in der überaus beeindruckenden 'Nacht der großen Flut' – anwandte, stellt sich als probates Mittel heraus, um die Vielfalt von oft widersprüchlichen Informationen und von diffusen Motivationslagen aufzuzeigen.«

Oberst Klein
Oberst Klein ist mit der Situation überfordert und fordert Luftunterstützung an. | Bild: NDR/Cinecentrum

Auslandseinsätze der eigenen Armee sind für Deutschland noch immer etwas Neues, etwas Unvertrautes, im Grunde Systemfremdes. In Frankreich, unserem Partnerland bei ARTE, sieht man dies aus historischen Gründen natürlich ganz anders. Dort wurde Staatspräsident Hollande noch Anfang dieses Jahres gefeiert, nachdem französische Truppen Timbuktu befreit hatten.

Doch bei uns ist der Einsatz deutscher Soldaten in fernen Ländern wie Afghanistan innenpolitisch umstritten. Obwohl sich die öffentliche Meinung zur Bundeswehr durch neue Aufgaben in den letzten Jahren mit Sicherheit positiv verändert hat, ist offensichtlich, dass es in Deutschland nur wenige gibt, die der Entsendung deutscher Truppen in ein Krisenland wie Afghanistan mit patriotischen oder anderen Hochgefühlen gegenüber stehen. Und wer sich dazu durchringt, die Auslandseinsätze gutzuheißen, ist sich in der Regel doch bewusst, dass dann die reine Lehre nicht durchzuhalten ist.

Es ist demnach unausweichlich, dass Soldaten dabei in extreme Situationen geraten. Wie Oberst Klein, der in Kunduz innerhalb von Stunden eine tödliche Entscheidung zu treffen hatte und für sich die Frage zu beantworten hatte: Ist es gerechtfertigt, Menschenleben aufs Spiel zu setzen für übergeordnete Ziele, etwa die Ausschaltung von Terroristen und die Abwehr von Gefahrenquellen?

Die filmische Methode, die Regisseur Raymond Ley hier – wie in der überaus beeindruckenden 'Nacht der großen Flut' – anwandte, stellt sich als probates Mittel heraus, um die Vielfalt von oft widersprüchlichen Informationen und von diffusen Motivationslagen aufzuzeigen.

Die Montage von Interviews, Agenturbeiträgen, Spielszenen und visuellen Impressionen macht deutlich, dass sich die Wirklichkeit gerade auch für einen militärischen Befehlshaber komplexer darstellt, als sie in der aktuellen Berichterstattung und in Kommentaren üblicherweise erscheint. Das moralische Dilemma ist nicht auflösbar. Und das zeigt uns dieser Film auf beklemmende Weise.

Prof. Dr. Andreas Schreitmüller

Hauptabteilungsleiter Spielfilm und Fernsehfilm

ARTE

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