Fragen an Johannes Meister
Philippe Beaumont leidet unter der strengen Erziehung seines Vaters. Wie schwierig ist es für den jungen Mann, seinen Platz in der Familie zu finden?
Meiner Meinung nach baut das Verhältnis von Philippe zu seinem Vater auf einem mehr als bröckeligen Fundament auf. Kommunikation, Intimität und Vertrauen werden durch ständigen Leistungsdruck, Strenge und teilweise auch Gewalt ersetzt. Darunter leidet Philippe nicht nur extrem, es lässt ihn auch ein verzerrtes Bild einer Autoritätsperson aufnehmen, da sein Vater ja nichtsdestotrotz auch Vorbild für ihn ist. Unter diesem Druck versucht er sich selbst gewaltsam in den Nischenplatz innerhalb der Familie zu zwängen, der ihm bereitgestellt wird – scheitert jedoch im Endeffekt daran.
Neben seinem Vater, üben auch seine Freunde Druck auf Philippe aus. Wie sehr prägt ihn sein Freundeskreis?
Als Diplomatengepäck seines Vaters hatte Philippe nie die Möglichkeit, einen wirklichen Freundeskreis aufzubauen. Das dadurch generierte Verlangen nach Zugehörigkeit lässt ihn quasi blind die erste Hand ergreifen, die ihm gereicht wird. In seiner Verzweiflung lässt er dabei Moral und Vernunft schnell außer acht. Ihm fehlt schlichtweg die Basis, um dem Druck standzuhalten, welcher von jener Gruppe ausgeübt wird, zu welcher er so verbittert dazugehören will.
Wie sehr ist Gewalt unter Jugendlichen für Sie ein Thema unserer Generation?
Auch wenn ich selbst wirkliche Gewalt zum Glück selten miterlebe, spielt sie eine omnipräsente Rolle im Alltag – z.B. über Nachrichten oder im Internet. Und somit natürlich auch gerade bei jungen Menschen. Dabei fällt mir auf, dass sie oft immer abstraktere Formen annimmt. Jugendliche, die ohne ersichtlichen Grund Fremden mit voller Kraft ins Gesicht schlagen und später Aufnahmen davon ins Netz stellen. Um solche Phänomene zu verstehen, denke ich, ist es wichtig herauszufinden, welche Gründe es für Gewalt unter Jugendlichen gibt. Ist es Frustration? Eine Abgestumpftheit durch den Überfluss an Gewalt, der durch die Medien an uns herangetragen wird? Oder vielleicht doch ein Hilferuf? Denn eines hat Gewalt immer: Einen unhaltbaren Grund.
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