Fragen an Natalia Wörner
In "Böses Spiel“ kennt Karla den vermeintlichen jungen Täter seit vielen Jahren. Dennoch bleibt sie objektiv, was charakterliche Stärke beweist.Welche Eigenschaften beschreiben sie außerdem?
Die spannendsten Geschichten sind meiner Meinung nach Familiengeheimnisse, so auch in "Böses Spiel". Karla ist eben nicht von Anfang an objektiv, sondern eher subjektiv – intuitiv, was man natürlich nachvollziehen kann, da sie den Verdächtigen seit vielen Jahren kennt, ihn hat aufwachsen sehen. Sie erlangt Objektivität im Laufe der Filmhandlung. Sie muss sie sich gewissermaßen erarbeiten und tut dies relativ zielsicher, um nicht zu sagen, diszipliniert. Menschen, die man lange kennt, neu zu betrachten und sich einzugestehen, sich womöglich in der Einschätzung getäuscht zu haben, ist ein schwieriger Prozess, denn er erzählt auch von der eigenen Wahrnehmung und deren Grenzen. Die Selbstdiagnose kommt ja daher mit dem Eingeständnis der Fehleinschätzung. In diesem Film geht es tatsächlich auch um das, was man von Menschen und Freunden nicht kennt und nicht weiß und um das, was hinter verschlossenen Türen geschieht und was keine Worte hat.
Dass das Thema unter anderem auch häusliche Gewalt ist, finde ich besonders wichtig, da es nach wie vor ein stark tabuisiertes Thema ist. Die aktuellen Studien konfrontieren uns mit erschreckenden Zahlen, und man kann dem nur entgegentreten, indem man das Schweigen bricht und darüber erzählt und es zeigt. Und indem man die traurige Tatsache, dass es in allen Schichten und in vielen Formen stattfindet, sukzessive aufdeckt und dem Schrecken die Einsamkeit nimmt – die Scham sollte niemanden daran hindern, seine Realität zu offenbaren. Dafür braucht es mutige Menschen, die ihr Schicksal in die Hand nehmen und nach Hilfe fragen
Wie sehr beeinflusst Karlas Arbeit als Botschafterin ihr Privatleben?
In unserer Reihe gibt es durchaus Einsichten in Karlas Privatleben. Es gab einen Freund und auch ihre Familie wurde eingeführt. Jetzt gibt es einen neuen Mann in ihrem Leben, und diese nicht einschätzbare Begegnung hat durchaus das Potential, aufgegriffen und weiter erzählt zu werden. In der Regel hat Karlas Arbeit aber keinen direkten Einfluss auf ihr Privatleben. Wenn man als Botschafterin – wie Karla Lorenz – an unterschiedlichen Orten auf der Welt tätig ist und man ohne Familie lebt und reist, dann ist der Preis, den man zahlen muss, vermutlich und unter Umständen ein Stück Einsamkeit.
Karla Lorenz ist deutsche Botschafterin in Prag – ist sie mit ihren beruflichen Wünschen da angekommen, wo sie immer sein wollte?
Im Augenblick ist Karla Lorenz in Prag genau am richtigen Platz, weil sie sie dort viel bewegen und bewirken kann. Sie ist immer wieder mit neuen Herausforderungen konfrontiert, die es zu lösen gilt. Karla ist sich natürlich auch bewusst, dass man als Botschafterin nie dauerhaft an einem Ort verankert ist. Es bleibt daher spannend, wohin es sie zukünftig noch führen wird.
Jan Horava ist der angesehene Kommissar, der sich nicht einschüchtern lässt. Was macht ihm überhaupt Angst?
Jan Horava funktioniert nicht über Angst. Er lernte in seiner Laufbahn alle "Krokodile der Unterwelt" zur Genüge kennen. Löste hunderte Kriminalfälle, so etwa hab ich mir das zurechtgelegt. Das Einzige, was ihm richtig Sorgen bereitet, ist sein geliebtes Prag, was von Billigtouristen überrannt wird. Nicht die Fremden bereiten ihm Kummer, nein, Politiker, der Magistrat, die Korruption, die hässlichen Neubauten. Die überquellenden Innenstadtkneipen etwa, die längst nicht mehr in den Händen Einheimischer sind. Prag droht, wenn es so weiter regiert wird, der Absturz zu einem zweitklassigen Disneyland im Herzen Europas. Das zieht jede Form von Kriminalität an. Da kann sich ein einzelner Polizist schon sehr auf verlorenem Posten fühlen.
In "Böses Spiel“ scheitern Sie an der diplomatischen Immunität des Verdächtigen. Was bedeutet Diplomatie für Sie?
Die Kunst des sanften Siegens, so heißt es. Gute Erpressungsvideos killen bekanntlich jeden Gegner, die fieseste Schachmatt-Strategie. Aber Kollege Horava wird einen Weg finden. Er hat etwas sehr Zeitloses und natürlich diese schwelgerische Art, ein typisch Prager Charakter, der sich mit List und Witz durchs Leben schlägt. Das habe ich alles unserem Regisseur Roland Suso Richter zu verdanken, der diese ausgezeichnete Idee hatte.
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