»Das dramaturgische Dreieck zwischen Hauke, Jule und Lona hatte ich bei der Erfindung der Reihe zugrunde gelegt, denn das Dreieck erlaubt wechselnde Zustände. Es erlaubt und befördert eine Dynamik zwischen den Figuren. Mit dem Abschied von Henny Reents fällt diese erzählerische Figur weg. Mit Jana Klinge als Hannah Wagner sind die Hauptfiguren zwar wieder zu dritt, aber aus vielen Gründen lässt sich die ursprüngliche Konstellation nicht einfach so weitererzählen. Die Herausforderung bestand also darin, Lonas Weggang nicht einfach zu übergehen und für Hauke und Jule einen glaubwürdigen Umgang mit diesem Verlust zu erzählen. Gleichzeitig ist jede Erinnerung an Lona eine Hürde für Hannah Wagner, von den Zuschauern akzeptiert zu werden. Ich hoffe, ich habe die richtige Dosis gefunden.
Wir haben Hannah Wagner bewusst von Lona abgegrenzt, damit da nicht eine blasse Kopie auftaucht, sondern eine eigenständige Persönlichkeit mit einer Vita im Rücken. Während Lona Schwanitz praktisch repräsentiert hat und dort aufgewachsen war, kommt Hannah von außen. Aus einer Metropole. Und kann mit Schwanitz nicht viel anfangen. Außer, dass sie es dort öde findet. Lona war mit Jule seit Kindesbeinen verbunden und hat über die Filme gelernt, Hauke zu vertrauen. Hannah startet bei Null:
Jule ist für sie ebenso eine fremde Person wie Hauke. Und warum sollte sie ihm vertrauen – genau darum geht es in 'Der Anschlag', der Einstiegsfilm für Jana Klinge. Geschichten funktionieren grundsätzlich über Konflikte, denn Konflikte zwingen die Figuren dazu, Entscheidungen zu treffen und sich entsprechend zu verhalten. Sie offenbaren dabei (manchmal zu ihrer eigenen Überraschung) einen Teil ihres wahren Wesens. So möchte Hauke in Andenken an Lona, dass niemand diese Planstelle in Schwanitz besetzt – Hannah ist ihm deswegen ein Dorn im Auge. Am liebsten möchte er sie wieder loswerden.
Jule, die Seele des Ortes, erfasst, wie sehr das Hannah verletzt und reicht ihr die Hand, und zwischen den beiden Frauen entsteht in dem Film daraus eine Bande. Jule ist hier an Reife und Erkenntnis Hauke weit voraus: Niemand kann Lona ersetzen, denn sie ist tot. Hauke muss erst lernen, dass es nur eine Person gibt, die einen anderen in Vergessenheit geraten lassen kann: man selbst. Denn wir haben ja immer die Wahl.
Da gerät Hauke unter Mordverdacht und will seine Unschuld beweisen, und dazu ist er (leider) ausgerechnet auf die Hilfe von Hannah angewiesen – Hannah steht vor der Entscheidung, ihn zu verraten oder ihn zu schützen. Dazwischen gibt es nichts …
Das dramaturgische Dreieck schimmert ab jetzt mit Hannahs Auftauchen auf einer erwachseneren Ebene immer wieder durch. Das ist es eigentlich, was den Auftritt von Jana Klinge in der Reihe erzählerisch für die Figuren bedeutet: Sie sind den Kinderschuhen entwachsen.«
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