Wie viel ist ein Individuum der heutigen Gesellschaft wert?
Statement von Nico Hofmann und Marc Lepetit
Der fiktionale Fernsehfilm "Tod einer Kadettin" erzählt die Geschichte einer jungen Kadettin, die mit Leidenschaft und energischem Willen ihren Dienst bei der Marine antritt – und am Ende missachtet und von den anderen Kadetten belächelt an sich selber und den an sie gestellten Anforderungen scheitert. Und ihr Leben verliert.
Wie stark muss ein junger Mensch sein, wie viel Druck kann er ertragen – und wie aufmerksam müssen Menschen, Verantwortungsträger, muss ein System sein, damit der andere nicht zerbricht? "Tod einer Kadettin" ist nicht nur die tragische Geschichte eines ungeklärten Todes, sondern auch die Herleitung einer gesellschaftlichen Frage: Wie viel ist ein Individuum der heutigen Gesellschaft wert? Wie viel Verständnis und Toleranz bringen wir einander entgegen? Und wie gehen wir mit Scheitern um?
Hannah und Raymond Ley haben sich dem Thema und dem Kern der Figur Lilly sensibel genähert und einen Film geschaffen, in dem die tragische und bedrückende Erfahrungswelt der fiktionalen Figur Lilly greifbar wird. Zu guter Letzt erzählt die Geschichte auch, welche Umstände zum Tod von Lilly Borchert geführt haben könnten. Sie schildert, welche Verantwortung eine Gemeinschaft übernehmen muss, und die Konsequenzen, wenn sich niemand dazu verpflichtet fühlt.
Gemeinsam mit Kameramann Dominik Berg hat Raymond Ley einen herausragenden Nachwuchscast mit einer charismatischen Maria Dragus im Zentrum in Szene gesetzt, die dem Zuschauer einen Einblick in eine für ihn unbekannte Welt gewähren. Am Ende lässt uns der Film mit der Frage zurück, warum niemand Lillys wahren Seelenzustand erkannt und entsprechend gehandelt hat. Es bleibt der unausgesprochene Aufruf, dem anderen mit Achtsamkeit und Respekt zu begegnen, auch wenn es uns dieser nicht leicht macht.