Interview mit Anneke Kim Sarnau

Annke Kim Sarnau ist Kommissarin Katrin König
Annke Kim Sarnau ist Kommissarin Katrin König | Bild: NDR / Christine Schroeder

Katrin König …

Dieser Fall bereitet Katrin König Kopfschmerzen. So erfahren sie im Anfertigen von Täterprofilen ist, so erschüttert ist sie jedes Mal, wenn junge Frauen die Opfer sind. Und dann ist es auch noch eine Situation zum Haareraufen: Der einzige in Frage kommende Täter hat ein Alibi und der unwahrscheinlichste Täter gesteht. Was dem Chef gefällt, raubt Katrin König den Schlaf. Dazu kommt, dass die Stimmung im Team gereizt ist. Die 800-Jahr-Feier der Stadt steht vor der Tür und Touristen fühlen sich von Serienkillern nicht gerade angezogen. Katrin König konzentriert sich auf eine Spur: Was weiß die Tochter ihres Hauptverdächtigen? Sendet sie Hilferufe oder deckt sie ihren Vater? Die Kommissarin erhöht den Druck – und gerät in Gefahr, die Distanz zu verlieren.

… wird gespielt von Anneke Kim Sarnau

Nach ihrem Studium an der Stuttgarter Hochschule für Musik und Darstellende Kunst ging Anneke Kim Sarnau zunächst ans Theater (u.a. Burgtheater in Wien, Schauspielhaus Hamburg). Unter der Regie von Stefan Krohmer drehte sie die Filme "Barracuda Dancing", "Ende der Saison" (Grimmepreis mit Gold, Deutscher Fernsehpreis, Goldene Kamera), "Sie haben Knut" und "Mitte 30". Für ihre Leistung in "Die Hoffnung stirbt zuletzt" (R: Marc Rothemund) wurde sie ebenfalls mehrfach ausgezeichnet. Seit 2010 ermittelt Anneke Kim Sarnau im NDR- "Polizeiruf 110" und spielte z. B. in "Wellness für Paare" (R: Jan Schütte), "Fremde Haut" (R: Angelina Maccarone), "Honig im Kopf" (R: Til Schweiger), "Vier Könige" (Nominierung Deutscher Filmpreis als Beste Nebendarstellerin) von Theresa von Eltz, "Die Kleinen und die Bösen" (R: Marcus Sehr), "Sweethearts" (R: Karoline Herfurth) sowie aktuell in der NDR Silvester-Komödie "Käse und Blei" (AT, R: Felix Koch).

Gespräch mit Anneke Kim Sarnau

Katrin König (Anneke Kim Sarnau) lässt Bukow (Charly Hübner) sprachlos zurück.
Katrin König lässt Bukow sprachlos zurück. | Bild: NDR / Christine Schroeder

In Rostock geht ein Killer um. Jetzt schlägt die Stunde der Profilerin; lange bevor es andere Anhaltspunkte gibt, liefert sie ein erstes Täterprofil. Doch sie wirkt angeschlagen, klagt über Kopfschmerzen. Was quält sie?

Sie ist überfordert, weil sie mit der Manipulation der Beweise im Fall Janina eine Grenze überschritten hat. Diese ganzen Ereignisse haben sie aus der Spur gebracht, und sie hat ihren Weg noch nicht wiedergefunden. Auch die Reaktion von Bukow stresst sie; sie leidet darunter, dass die Beziehung zum Kollegen angegriffen ist.

Einmal steht sie gedankenverloren in ihrem Wagen auf einer leeren Kreuzung, neben sich Fotos der verstümmelten Opfer. Ist es auch die sinnlose Brutalität dieser Morde, die Katrin König zusetzt?

Ich glaube, da vermischen sich die verschiedenen Ebenen. Dadurch, dass sie persönlich gerade ziemlich von der Rolle ist, fällt es ihr auch schwerer, diesen heftigen Fall zu verkraften. Man muss schon ziemlich gesund und mit sich selbst im Reinen sein, um sich unbeschadet mit solchen Freaks befassen zu können.

Als König nachts im Präsidium mit Bukow zusammentrifft, entsteht zum ersten Mal wieder echte Nähe zwischen ihnen. Wie erlebt sie diesen Moment?

Als unglaublich erleichternd. Die beiden waren die ganze Zeit wie zwei Magnete, die sich mit den falschen Enden begegnen, aber als Bukow sich da am Fenster – im wahrsten Sinne des Wortes – zu ihr stellt, spürt man plötzlich wieder diese Anziehung. In dem Moment, wo sie anfängt, an sich selbst und an der Menschheit zu verzweifeln, ist der Mensch, der ihr am nächsten ist, auf einmal da und zeigt sein Herz.

Die Ermittler wählen einen ungewöhnlichen Schritt: Sie gehen an die Öffentlichkeit. Katrin König bereitet die Bevölkerung darauf vor, dass der Mörder aus ihrer Mitte stammen könnte …

Es ist wichtig, den Leuten klarzumachen, dass nach einem Täter gesucht wird, der im Alltag möglicherweise ganz unauffällig und normal erscheint. Denn der übliche Reflex ist ja, so etwas weit von sich wegzuschieben. Dass es sozusagen einer von uns sein kann, muss, ist, macht die Sache natürlich umso gruseliger. Katrin König erledigt ihre Aufgabe vor der Presse sehr professionell, aber persönlich behagt ihr dieser öffentliche Auftritt gar nicht; sie bleibt lieber im Hintergrund.

In der Folge gehen zahlreiche Meldungen ein. Die Hansens – beide schillernde, schwer greifbare Gestalten – rücken sich quasi selbst in den Mittelpunkt der Ermittlungen. Traut König ihnen die Morde zu?

Dieses Paar berührt sie auf der einen Seite ganz merkwürdig, weil sie sieht, dass das was Tragisches hat. Die beiden reden sich – jeder auf seine Weise – ihr Leben schön, sind aber nicht integer, nicht bei sich und nicht gut miteinander; sie wirken irgendwie verloren. Auf der anderen Seite ist Katrin König aber auch angestrengt von den beiden, weil sie befürchtet, dass sie nur ablenken und die eigentliche Ermittlungsarbeit behindern.

Ein Hinweis führt zum Umzugsunternehmer Kern. Kern ist ein Anti-Monster: unauffällig, freundlich, sozial integriert, eloquent. Welchen Eindruck hat die Profilerin nach den ersten Befragungen von ihm?

Diese glatte Oberfläche, die er bietet, hinterlässt einen seltsamen Eindruck bei ihr. Sie findet ihn ein bisschen zu glatt. Irgendetwas an ihm fühlt sich unangenehm an, ohne dass sie es näher beschreiben oder festmachen könnte. Als Profilerin hat sie gelernt, die Menschen anders anzugucken und hinter die Fassade zu schauen, die sie einem bieten.

Bukow geht auf Kerns joviale Art ein. Hat Katrin König auch als Frau einen anderen Blick auf ihn?

Das liegt an Kerns Vergangenheit. Sie weiß, dass dieser Typ nicht wirklich integer ist, weil er eine Prostituierte – angeblich in Notwehr – misshandelt hat. Er hat also schon was auf seiner Liste, es gibt da einen dunklen Fleck, und dass er so komisch über-sauber damit umgeht, empfindet sie als unangenehm.

Im Kommissariat geht ein anonymer Brief ein, der zu Kerns Tochter führt. Marla scheint mehr zu wissen, als sie zugibt. König heftet sich an ihre Fersen. Spielt hier ihr eigenes ungelöstes Vater-Thema mit hinein?

Solche Sachen berühren sie immer. So wenig sie teilweise etwas mit Kindern und Jugendlichen anfangen kann, weil das Thema für sie weit weg ist, so sehr berührt sie eine solche Liebe, ein enges Vater-Tochter-Verhältnis, weil sie das selbst nicht hatte. Das ist ihr wunder Punkt, und deshalb hat sie da natürlich eine andere Aufmerksamkeit und einen anderen Blick. Das kann hilfreich sein, manchmal steht es ihr aber auch im Weg.

»Als Profilerin hat sie gelernt, die Menschen anders anzugucken und hinter die Fassade zu schauen, die sie einem bieten.«

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