Interview mit Charly Hübner

Charly Hübner ist Kommissar Alexander Bukow
Charly Hübner ist Kommissar Alexander Bukow | Bild: NDR / Christine Schroeder

Alexander "Sascha" Bukow …

Sascha Bukow ist immer noch sauer auf seine Kollegin. Seine Solidarität – er hat für sie gelogen – hat ihm nur Ärger gebracht. Er stürzt sich in die Arbeit, und wenn die abends kein Ende nimmt, steht auch schon mal eine Flasche Rum auf dem Besprechungstisch im Büro. Jetzt, wo Katrin König so durch den Wind ist, schwankt er zwischen Hilfsbereitschaft und der mittlerweile routinierten Wut. Aber auch der Fall geht ihm an die Nieren. Ein Serienkiller läuft herum und Bukow darf die Öffentlichkeit nicht warnen.

Also solide Polizeiarbeit. Die scheint auch zunächst erfolgreich zu sein, aber im letzten Moment greift er immer wieder ins Leere. In einem ist Sascha Bukow sich aber mit Katrin König einig: Der Fall ist noch nicht gelöst, auch wenn nach einem Geständnis schon Erfolgsmeldungen durch die Presse gehen.

… wird gespielt von Charly Hübner

Charly Hübner absolvierte die Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch und spielte an diversen namhaften Bühnen; seit 2013 ist er am Schauspielhaus Hamburg engagiert. 2018 gewann er den Theaterpreis Hamburg "Rolf Mares". Seit seinem Kinodebüt 2003 mit "Männer wie wir" war er z. B. im oscargekröntem Drama "Das Leben der Anderen" und neben Anke Engelke in "Ladykracher" (2008–2013, u.a. Deutscher Comedypreis, Deutscher Fernsehpreis) zu sehen. Seit 2010 ermittelt er für den NDR "Polizeiruf 110" (Bayerischer Fernsehpreis 2013, Preis des Regieverbandes " Metropolis" 2013, "Jupiter” 2014). Weitere Produktionen sind u.a. "Unter Nachbarn" (R: Stephan Rick, Goldene Kamera 2013), die NDR Koproduktion "Die Banklady" (2014, R: Christian Alvart), Detlev Bucks "Bibi & Tina"-Filme, "Bornholmer Straße" (R: Christian Schwochow, Darstellerpreis Fernsehfestival Baden-Baden 2014, Grimme Preis 2015), "Magical Mystery" (R: Arne Feldhusen, Ernst-Lubitsch Preis als Bester Schauspieler), "Drei Tage in Quiberon" (R: Emily Atef) und "Lindenberg" (R: Hermine Huntgeburth). 2016/2017 führte Charly Hübner bei der preisgekrönten Dokumentation "Wildes Herz" Regie.

Gespräch mit Charly Hübner

Bukow (Charly Hübner) und König (Anneke Kim Sarnau) folgen ihrer Spürnase.
Bukow und König folgen ihrer Spürnase. | Bild: NDR / Christine Schroeder

Ein Serienkiller verübt monströse Taten in Rostock, doch die Ermittler tappen im Dunkeln. Bukow drängt darauf, an die Öffentlichkeit zu gehen, Röder fürchtet Panikreaktionen in der Bevölkerung ...

Genau das unterscheidet die beiden Figuren. Röder hat eine ganz andere Verantwortlichkeit und muss sozusagen die Ordnung bewahren. Jemand wie Bukow braucht dagegen das Chaos, denn im Chaos passieren die Dinge, die einer Ermittlung weiterhelfen, die Indizien und Beweise liefern. Er sagt: "Ich scheuche jetzt mal den ganzen Haufen auf, also auch die völlig Unbeteiligten und die Tourismusbehörde, die jetzt vielleicht 300 Betten weniger vermietet, aber irgendetwas, was der Mordermittlung hilft, werde ich finden." Das finde ich das Tolle an der Figur, dass er sich mit Röder anlegt, anstatt klein beizugeben. Und wie sich zeigt, ist das ja auch tatsächlich ein guter Weg.

Nach der Pressekonferenz geht eine ganze Flut von Hinweisen ein; alle scheinen irgendwen verdächtig zu finden. Bringt dieser Fall unser Bedürfnis, die Welt in Gut und Böse einzuteilen, durcheinander?

In Bezug auf das psychologische Thema, das da drinsteckt, gefällt mir der Titel des Films sehr gut, weil jeder Mensch ambivalent ist. Jeder Mensch hat eine helle Seite und eine dunkle; allerdings sind doch viele von uns geneigt, eigentlich immer nur ihre helle Seite zum Besten zu geben, weil wir so erzogen sind. Wir werden in welchem Glauben auch immer im Sinne eines Gemeinwohls erzogen. Das heißt, an unserer "Plus-Seite" wird von der Kinderkrippe an extrem herumgemodelt. Von der "Minus-Seite" wird uns dagegen immer nur gesagt, dass sie nicht gut sei. Aber was das in jedem Einzelnen konkret ist, dem darf man sich in der Regel im öffentlichen Raum nicht stellen, wahrscheinlich zum Wohlsein vieler. Das Interessante an diesem Ehepaar im Film, den Hansens, ist, dass sie in einer Beziehung mit ihren dunklen Seiten leben. Er ist der totale Freak, und sie ist völlig manisch, in jeder Hinsicht. Das, was bei denen bürgerlich scheint, ist nur eine dünne Hülle.

Dann rückt der Unternehmer Frank Kern in den Fokus. Der wirkt ja erst einmal so, als stünde er ganz auf der hellen Seite.

Der wirkt zu sauber. Diese seelenlose Wohnung, das penibel aufgeräumte Schuhregal, das lässt einen Bukow doch stutzen.

Bei den Befragungen wirkt Kern gelassen. Bukow lacht sogar über seine schlechten Witze. Will er ihn in Sicherheit wiegen?

Wie geht man mit jemandem um, der sich scheinbar perfekt verhält, gerade durch diese Perfektheit aber auffällig ist? Die Affirmation hilft ja oft, ein Problem zu vergrößern. In diesem Fall wirkt sie wie eine Lupe, und Bukow bekommt als Ermittler mehr Raum, sich diesen Kerl anzugucken. Es kann einen Menschen ja auch verunsichern, wenn man ihm sagt, dass man ihn super findet, während er mit etwas ganz anderem rechnet.

Katrin König wirkt angegriffen; das beschädigte Verhältnis zu Bukow setzt ihr zu. Eines Nachts im Präsidium geht Bukow überraschend auf die Kollegin zu. Macht er sich Sorgen um sie?

Bukow merkt, dass Frau König längst begriffen hat, dass diese Nummer mit den gefälschten Beweisen ihr die Füße weghaut. Das hat er zwar auch vorher schon erkannt, aber durch die Müdigkeit und den Alkohol ist da plötzlich ein Spielraum gegeben, dem jetzt mal nachzugehen. Sie ist extrem von der Rolle, und während die beiden im Tagesgeschäft weit auseinanderstehen, ist Bukow in dieser Situation in der Lage, ihr zu signalisieren, dass zwar alles, was passiert ist, schlimm ist, aber nicht endlos schlimm, und er kann ihr ein bisschen Nähe geben. Wenn der Film ausgestrahlt wird, ist die Eskalation im Fall Janina fast ein Jahr her. Nachdem man lange gedacht hat, das war’s jetzt mit den beiden, und schon keiner mehr glauben konnte, dass die noch mal die Kurve kriegen, geht jetzt wieder eine Tür auf, auf einer anderen Bewusstseinsebene – das ist ja oft so im Leben.

»Jeder Mensch hat eine helle Seite und eine dunkle.«

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