Markus Busch im Interview
Markus Busch
Drehbuch
Der Drehbuchautor Markus Busch begann seine Karriere 1996 mit Regieassistenzen sowie der künstlerischen Mitarbeit bei diversen Fernseh- und Spielfilmproduktionen von Horst Königstein. Mit dem von Dominik Graf inszenierten Film „Bittere Unschuld“ gab er 1998 sein Drehbuchdebüt. In den Folgejahren entstanden mehrere Filme mit Dominik Graf als Regisseur, u. a. „Der Felsen“, der 2002 am internationalen Wettbewerb der Berlinale teilnahm, sowie „Kalter Frühling“, der für den Adolf- Grimme-Preis 2005 nominiert war. Es folgten die Drehbücher zum „Tatort: Rabenherz“ (2008) unter der Regie von Torsten C. Fischer und „Dreileben – Komm mir nicht nach“ (2010), erneut in der Inszenierung von Dominik Graf. 2011 schrieb Markus Busch nicht nur das Drehbuch für den Kinofilm „Die Räuberin“, sondern führte auch Regie. In den letzten Jahren entwickelte er u. a. die Drehbücher zum NDR „Tatort: Feuerteufel“ (2012, Regie: Özgür Yildirim), zu „Goster“ (2014, Regie: Didi Danquart), „Am Abend aller Tage“ (2016, Regie: Dominik Graf) sowie zum „Tatort: Inferno“ (2018, R: Richard Huber).
Markus Busch im Interview
In „Söhne Rostocks“ stehen die Ermittler lange vor immer neuen Rätseln, bis es ihnen gelingt, Licht ins Dunkel des Falls zu bringen. War diese Erzählstrategie von Beginn an Ihr Plan?
Es gab die Idee, so etwas wie eine Schnitzeljagd durch ein Leben und durch eine Geschichte zu erzählen. Normalerweise würde man bei einer Schnitzeljagd ja nur die Zeichen sehen und schauen, wo man als Nächstes hinmuss. Dieses Prinzip haben wir aber aufgebrochen, weil wir es schöner fanden, nicht nur bei den Ermittlern zu bleiben, bei den Jägern, sondern immer wieder auch zu den anderen Figuren zu springen, um die es hier geht, zu den Menschen, die in diesen Strudel mit hineingezogen werden. Deshalb ist es nun keine echte Schnitzeljagd mehr, aber die Struktur, dass man relativ lange immer wieder Zeichen und Spuren findet, denen man nachgeht, und Ereignisse stattfinden, die man sich nicht erklären kann, das kam von dieser ursprünglichen Idee.
Im Zentrum der Geschichte steht ein junger Unternehmer. Wer ist dieser Michael Norden?
Es gab relativ früh schon den Gedanken, dass Norden jemand ist, der sich ein falsches Leben ausgesucht hat. Und wenn man so will, stellt sich am Ende heraus, dass man im falschen Leben eben kein richtiges Leben führen kann. Anders ausgedrückt: Michael Norden ist nicht der richtige Mensch für das Leben, das er sich ausgesucht hat. Im Grunde war er immer jemand, der sein eigenes Leben und seine Familie gesucht hat; jemand, der lange Wege gegangen ist. Er ist früh weggezogen, um seinen Vater zu suchen, und wiedergekommen mit dem Vorsatz: „Ich werde ein besseres, ein erfolgreicheres Leben führen als mein Vater.“ Das war letztendlich ein Irrweg, aber als er das erkennt, ist er schon an einem Punkt, an dem er nicht mehr umkehren kann.
Woher kam die Idee zu einer Figur, die im falschen Leben feststeckt?
Anfangs gab es nur diese Figur und die Ausgangssituation, und ich wusste selbst nicht, was der nächste Schritt sein würde. Es klingt ein bisschen lyrisch, wenn ich das so sage, aber bei der Suche nach ihm tauchten immer mehr Menschen am Rande seines Weges auf. Daher kam auch die Entscheidung zu sagen, wir müssen uns am Anfang ein bisschen mehr Zeit lassen beim Erzählen, denn wir werden eine ganze Reihe von Leuten kennenlernen. Damit man diese Figuren, wenn sie dann wichtig werden, auch wiedererkennt, muss man ihnen den Raum und die Zeit lassen, wirklich richtige Figuren zu werden: die Mutter, die Exfreundin, die Freundin des Opfers und so weiter.
Das Thema Väter und Söhne zieht sich durch Ihr Drehbuch. Väter sind hier vor allem abwesend, unzuverlässig – Sehnsuchtsfiguren.
Tatsächlich geht hier einerseits immer wieder um Väter und Söhne; also um leibliche Väter, um Ziehväter, um verschollene und wiedergefundene Söhne und Väter. Aber es geht auch die ganze Zeit um Geld, egal, ob es sich um die Figuren handelt, die Geld besitzen, oder um die, die nie genug haben und sich deshalb vielleicht zu kleinen Erpressungen oder Schlimmerem hinreißen lassen. Und man hat das Gefühl, dass die Konzentration auf Geld und Wohlstand, so wie es dann läuft, eigentlich immer ein Irrweg ist.
Inwiefern passt diese Geschichte an einen Ort wie Rostock?
Nun, die Hauptfigur, die wir haben, ist ja vor einiger Zeit weggegangen und dann nach Rostock zurückgekehrt. Wir sind jetzt 30 Jahre nach der Wende und der Wiedervereinigung, und Michael Norden ist im Grunde eine Figur, die auch noch ein Echo eines früheren Weggehens in sich trägt. Sein Vater ist noch zu DDR-Zeiten aus seinem Leben verschwunden, und das holt ihn auf gewisse Weise schon ein. Ich glaube auch, dass eine Art von Kapitalismus-Überforderung für diese Figur eine Rolle spielt, eine bestimmte Form von Erwartung: Du kannst nur glücklich sein, wenn du etwas darstellst und wenn du Geld hast. Natürlich wird dieser Irrtum überall begangen, aber an einem Ort, wo das noch nicht so lange in der DNA drinsteckt und nicht so lange eingeübt wurde, hat es vielleicht auch eine andere Tragik für eine Figur, als das etwa in Dortmund der Fall wäre. Auch das Weggehen und Wiederkommen ist an so einem Ort etwas anderes.
Katrin König kämpft mit den Folgen ihrer Beweismanipulation im Fall Janina. Was war Ihnen hier wichtig?
Sie sollte an den Punkt kommen zu verstehen, dass es ein Fehler wäre, sich diesmal genauso zu verhalten, wie sie es schon mal gemacht hat. Damals hat sie gesagt, ich stehe zu dem, was ich getan habe, und bezahle dafür. Jetzt muss sie sich auf einer höheren Ebene überlegen, was sie gemacht hat. Dass sie versucht hat, sich über alles zu stellen, also Gott zu spielen, wie der verurteilte Guido Wachs ihr vorwirft. Das ist etwas grundsätzlich anderes als die Aussagen, die damals zu einer moderaten Geldstrafe für sie und Bukow geführt haben, denn hier geht es ans Selbstverständnis. Und es hat auch etwas mit Wahrheit und richtigem Leben zu tun; damit, wie man sich im Leben entscheidet, und ob es wirklich das ist, was einem selbst entspricht. In diesem Punkt gibt es auch einen Bezug zwischen Michael Norden und Katrin König. Aber insgesamt ist ihre Geschichte natürlich zeitlich größer als die von Michael Norden, die ja hier abgeschlossen wird.
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