Gespräch mit Christiane Paul

Christiane Paul als Famke Oejen.
Christiane Paul als Famke Oejen. | Bild: NDR / Christine Schroeder

Es ist kaum zu glauben: Sie sind zum ersten Mal in einem "Tatort" zu sehen. Warum hat es bis zu diesem Debüt so lange gedauert?

Ich bin zuletzt vor einigen Jahren angefragt worden. Aber da hat mir die Rolle nicht zugesagt. Beim neuen Borowski passte es dann für mich. Die Rolle war sehr reizvoll, Axel Milberg war als Partner ein absoluter Schatz, und das Drehbuch erzählt nicht nur einen Krimi, sondern eine besondere Geschichte mit einem ganz besonderen Finale. Hinzu kommt, dass ich mit unserem Regisseur Sven Bohse vorher den Krimi "Ostfriesenkiller" gedreht habe. Es hat mich sehr gefreut, direkt im Anschluss einen zweiten Film mit ihm machen zu können.

In der ersten Szene steigen Sie aus der eiskalten Nordsee. Es ist März. Auch wenn Sie in einem Neopren-Anzug stecken, auf dieses Bad hätte sich nicht jede eingelassen. Ich tippe auf drei Grad.

Das Wasser war fünf Grad kalt. Ich muss aber gestehen, beim Schwimmen hat mich eine Surferin von der Küste gedoubelt. Nur war es ungeheuer schwer, jemanden für diese Aufgabe zu finden. Selbst den Einheimischen war die See an diesem Tag zu frisch. Beim Drehen stand ich selbst zwar nur bis zu den Knien im Wasser, aber meine Füße habe ich trotzdem erst abends im Hotel wieder gespürt. Es war mein erster "Tatort"-Drehtag, und außerdem hatte ich Geburtstag. Die Teammitglieder haben mich liebevoll in ihre Mitte genommen und eingerahmt wie die Pinguine, um mich zu wärmen.

Der "Tatort" ist voller Anspielungen auf nordische Sagen und klassische Mythen. Wer ist die schöne Frau, die da aus dem Wasser steigt?

Mythologisch betrachtet ist sie vermutlich eine Sirene, die die Männer in ihren Bann zieht. Schon der Name der Figur, Famke Oejen , ist sehr speziell. Die Herausforderung bestand für mich darin, eine Frau zu spielen, der die Männer verfallen. Was Famke innerlich antreibt, ist ihre Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit. Nach emotionaler Nähe, die sie aber nur über ihre Sexualität und Körperlichkeit herzustellen vermag. Anders gelingt es ihr nicht, zu normalem Bindungsverhalten scheint sie unfähig.

Wie spielt man eine Frau, der die Männer verfallen?

Das habe ich mich auch gefragt. Um dem ein bisschen auszuweichen, dachte ich mir: Liegt die Aufgabe nicht eher bei meinen Schauspielerkollegen als bei mir? Es sind die Männer, die den Zuschauer spüren lassen müssen, wie attraktiv Famke auf sie wirkt. Trotzdem muss die Behauptung ihrer Anziehungskraft glaubhaft sein. Garderobe und Maske haben mich toll dabei unter- stützt, eine Figur zu schaffen, die im dörflichen Milieu schon durch ihr Äußeres stark auffällt. Famke trägt eine alte Pelzjacke, einen weichen Wollpulli und ein Kleid, bei dem man denkt: Eigentlich ist das jetzt zu kurz. Auch die langen Haarteile waren Teil der Überlegung, ihr etwas sehr Feminines, Weiches zu geben: Diese Frau soll ein großes sinnliches Versprechen sein – und irgendwie scheint sie nicht in diese Welt zu passen. Ich habe nicht viel Ahnung von Männern, aber ich glaube, dieses Ange- bot, im weitesten Sinne zur Verfügung zu stehen, ohne ein kompliziertes "Irgendetwas", ist überwältigend. Vor allem wenn es auch noch mit Tiefe und Ernsthaftigkeit verbunden ist, die Famke zu eigen ist.

Teilt sie die Sehnsucht nach Nähe mit Kommissar Borowski?

Borowski verfällt ihr auf eine gewisse Art. Er ist eingenommen von ihrem Drang nach körperlicher Nähe. Aber er unterdrückt sein Verlangen. Vielleicht hat er sich ein bisschen mit seiner Einsamkeit abgefunden. Meint er nicht einmal, ihn würden immer alle verlassen?

Die beiden kommen sich sehr nahe. Oder träumt Borowski nur davon?

Ich finde es sehr schön, dass der Film beide Lesarten erlaubt. Man weiß manchmal nicht genau, ob Borowski träumt oder ob es in Wirklichkeit passiert. Filme sind Kunstwerke, man schaut zu und geht mit, ohne für alles eine logische Erklärung zu verlangen.

Sie scheuen weder die Nordsee noch kraftvolle Kampfszenen.

Ich liebe Szenen, in denen es sehr körperlich wird, und soweit es möglich ist, mache ich das auch gern selbst. Es hilft mir dabei, die Figur in ihren verschiedenen Facetten kennenzulernen. Für einen meiner letzten Filme habe ich mit einem Stuntman Verteidigungstechniken trainiert und gelernt, mich im Falle eines Angriffs zur Wehr zu setzen. Beim "Tatort" kam es aber insgesamt auf etwas anderes an. Famke steht mehr für das Weiche, Fließende als für das Wehrhafte.

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