»Der Ausgangspunkt für meine Geschichte war ein wahrer Fall aus Italien, der Mord an der jungen Jurastudentin Marta Russo. Es war ein sonniger Tag im Mai 1997, als sie mitten auf dem Campus, am helllichten Tag, wie aus dem Nichts, von einer Kugel getroffen wurde. Keiner der Passanten hat den Schuss gehört. Die Tatwaffe wurde nie gefunden. Die beiden Angeklagten waren Doktoranden der Rechtsphilosophie, die in ihren Strafrechts-Seminaren nachweislich die Frage diskutierten: Kann man einen Angeklagten wegen Mordes verurteilen, wenn weder die Tatwaffe gefunden wird, noch ein Motiv nachweisbar ist? Die Staatsanwaltschaft stellte die Behauptung auf: Die Angeklagten wollten mit dieser Tat beweisen, dass sie des perfekten Verbrechens fähig sind. Sie handelten aus Überheblichkeit, identifizierten sich mit Nietzsches Idee des Übermenschen.
Diese angebliche Hybris der jungen Jura-Studenten hat mich fasziniert. Der Fall Marta Russo war eine große Tragödie, auch ein spannendes Justizdrama, aber bei weitem kein perfektes Verbrechen. Für unseren "Tatort" habe ich daher einen anderen Tathergang gewählt, der tatsächlich ein perfektes Verbrechen wäre. Und ein etwas anderes Milieu, eine private Hochschule, die sich zum Ziel gesetzt hat, die künftige Elite des Landes auszubilden. In einer Demokratie, in der die Ausarbeitung von Gesetzesvorschlägen zunehmend vom Parlament outgesourct wird, bekommen damit beauftragte Kanzleien und die für sie arbeitenden Juristen eine immer größere Macht. Der Reiz unseres "Tatorts" besteht unter anderem darin, in die Abgründe des Nachwuchses dieser Juristen zu schauen.«
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