Ben Münchow im Interview
Ben Münchow im Interview
Sie haben sicher die Diskussionen um den Tschiller-„Tatort“ verfolgt. Was haben Sie gedacht, als Sie das Drehbuch in den Händen hielten?
Mich hat das Drehbuch sofort überzeugt. Ich finde diese neue Richtung super für Tschiller, weil es eher ein Psychothriller als ein Action-„Tatort“ ist. Das Zwischenmenschliche und eine ruhigere Erzählweise stehen im Vordergrund. Zwischen Tom, den ich spiele, und Tschiller entwickelt sich eine Art Ko-Abhängigkeit. Tom braucht Nick, weil er der Gejagte ist und keine Ahnung hat, welches Spiel hier läuft, und Nick braucht Tom, weil er von ihm die Wahrheit erfahren will. Die beiden geraten heftig aneinander, aber man merkt, dass da etwas drunter liegt. Tschiller ist für Tom eine Art Vaterfigur oder ein großer Bruder, eine Person, an dessen Schulter man sich ausweinen könnte, und deshalb kommen sie sich näher.
Sie spielen den Musiker Tom. Hat Sie das auch deshalb gereizt, weil Sie selbst Sänger in einer Band sind?
Als Kind habe ich Schlagzeug gelernt und mir später selbst Gitarre über Youtube-Videos beigebracht. In Hamburg habe ich vor einigen Jahren die Band „kollektiv22“ gegründet, in der ich – nach einer dreijährigen Pause – Sänger bin, und deshalb war es spannend für mich, im „Tatort“ die Schauspielerei mit der Musik zu verbinden. Da ich Eoin Moore schon kannte, habe ich ihn gleich gefragt, ob ich nicht die Songs für meine Figur in „Tschill Out“ selbst schreiben kann, und das habe ich dann auch gemacht. Mit Eoin zusammen durfte ich viele Ideen für die Rolle entwickeln, Toms Outfit, die Tattoos, die rosafarbenen Haare – das alles haben wir uns gemeinsam überlegt, und das hat für mich auch den Reiz der Rolle ausgemacht.
Tom ist hin- und hergerissen zwischen der Loyalität zu seinem Bruder und dem Zweifel an dessen Aufrichtigkeit. Warum fällt es ihm so schwer, seinen Bruder zu hinterfragen?
Die Jungs waren immer ein Team und mussten sich zusammen durch das Leben boxen, weil ihre Mutter an einer Überdosis gestorben ist. Tom merkt natürlich, dass sich sein Bruder Eddie verändert und er ihm etwas verheimlicht hat. Aber er leidet eben auch sehr unter dem Tod des Bruders – seiner einzigen Bezugsperson. Ich denke, die menschliche Psyche ist komplex und oft unerklärlich. Wenn man einen Menschen verloren hat, fängt man vermutlich erst einmal an, ihn zu verteidigen und nicht zu hinterfragen. Menschen, die man liebt, sind ein starker Pfeiler im Leben, und wenn dieser Pfeiler einzureißen droht, will man das nicht wahrhaben und verdrängt alles, was nicht ins Bild passt.
Hat Sie das Thema Darknet interessiert?
Ich habe viel dazu recherchiert, weil ich das absolut spannend finde. Das Darknet ist inzwischen Teil unserer gesellschaftlichen Realität und man sollte darüber Bescheid wissen, um sich ein eigenes Urteil bilden zu können. Tom und Eddie verkaufen dort weiche Drogen, weil sie finden, dass sie für alle zugänglich sein sollten. Ihre Plattform heißt auch ganz harmlos „Tante Emma Laden“. Aber ganz so harmlos, wie Tom denkt, ist das Darknet eben doch nicht. Es ist auch ein Tummelplatz für Kriminelle, und wir hören ja fast täglich davon, dass Ermittler aus vielen Ländern zusammenarbeiten, um Verbrechen im Darknet zu bekämpfen.
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