Til Schweiger im Interview
Til Schweiger im Interview
Nick Tschiller ist zurück, allerdings mit großen Veränderungen vor und hinter den Kulissen. War das auch Ihr Wunsch?
Wir waren uns alle einig, dass wir eine Art Neuanfang machen wollten, da wir das Action-Konzept des Kinofilms nicht mehr toppen konnten. Weil ich auf die Frage nach meinem Lieblings-„Tatort“ immer den „Polizeiruf 110“ – Rostock genannt habe, der von Eoin Moore stark geprägt ist, haben wir ihn gefragt, ob er Lust hat, mit uns etwas Neues zu entwickeln, und er hatte Lust.
Haben Sie am Drehbuch mitgearbeitet?
Wir hatten ein paar Meetings, bei denen wir gemeinsam überlegt haben, wie es weitergehen könnte mit Tschiller. Er hat ein Disziplinarverfahren bekommen und entscheidet sich, eine Art Sabbatical zu nehmen, was besonders seine Tochter möchte, damit er mal ein bisschen runterkommt. Er arbeitet mit schwer erziehbaren Jugendlichen auf einer abgelegenen Insel, um möglichst weit weg von allen Verbrechen zu sein. Aber das Böse holt ihn wieder ein. Das war die Idee, aber das Drehbuch geschrieben haben ausschließlich Eoin und seine Frau Anika. Und ich finde, „Tschill Out“ ist ein genialer Titel, der alles auf den Punkt bringt.
Die psychologisch-soziologischen Hintergründe von Menschen haben Tschiller nie besonders interessiert. Auf Neuwerk unterstützt er nun ausgerechnet Jugendliche, die massive Probleme haben und vielleicht in die Kriminalität abrutschen, wenn ihnen nicht geholfen wird. Verändert das Tschillers Blick auf das Leben und auf sich selbst?
Ich glaube nicht, dass Nick Tschiller die soziologischen Hintergründe egal sind. Aber er hat immer gesagt, dass er diese Clankriminalität nur so bekämpfen kann, wie er sie bekämpft, nämlich mit aller Härte. Aber klar, Tschiller war sicher kein Sozialpsychologe, der sich hingesetzt und hinterfragt hat, was die Ursachen für diese Art von Gewalt sind. Dafür war kein Platz in den früheren Drehbüchern.
Aber im Drehbuch für „Tschill Out“ war nun Platz, um Tschiller von einer anderen Seite kennenzulernen. Wie gefällt Ihnen der neue Tschiller?
Für mich ist es dieselbe Figur. Er ist zerrissen. Er hat seine Ex-Frau verloren, als sie gerade dabei waren, sich anzunähern. Sie stirbt unter seinen Händen, und er fühlt sich für ihren Tod verantwortlich. Da konnte man schon in früheren Folgen eine hochemotionale Seite von Tschiller sehen. Nick Tschiller als Mensch hat sich nicht verändert. Er hat Schuldgefühle und versucht einen Neuanfang. Da Tschiller zur Ruhe kommen soll, ist er gezwungen, sich mit sich selbst zu beschäftigen. Er zeigt vielleicht mehr Gefühl und schlägt leisere Töne an. Aber ich hasse es, stundenlang über meine Rolle zu reden. Ich guck mir doch einen Film an und dann sehe ich, was in den Figuren vorgeht. Ich habe das Buch gelesen, fand es toll und habe es mit Freude gespielt.
An die Stelle der Panzerfaust rückt ein Paintball-Spiel, das Tschiller den Jugendlichen zu Teambildungs-Zwecken verordnet ...
Die Jugendlichen fahren total auf die Idee ab und finden das super. Paintball schweißt alle zusammen. Wenn man das mal spielt, geht der Puls hoch.
Kommen Action-Fans im neuen „Tatort“ darüber hinaus auf ihre Kosten? In den vorhergehen Folgen ist Nick Tschiller ja in rasante Verfolgungsjagden, Schießereien und dramatische Actionszenen verwickelt.
Die Actionfans, die die vorherigen Tschiller-„Tatorte“ gefeiert haben, und das waren sehr viele, die kommen nicht so auf ihre Kosten, aber ich kann versprechen, dass es kein herkömmlicher Whodunit-Plot ist mit einem Mord am Anfang, wo man fünf potentielle Täter vorstellt und dann rätseln alle, wer es ist. Ich habe immer gesagt, dass mich so ein „Tatort“ nicht interessiert. Die Spannung in diesem „Tatort“ ergibt sich mehr aus der Psychologie und den komplexen zwischenmenschlichen Verwicklungen; was passiert zwischen Tschiller und Patti, was zwischen Tschiller und Nietzsche und Tschiller und Tom? Außerdem hat Tschiller einen neuen Gegner, und der sitzt im Darknet. Das ist ein unsichtbarer, schwer fassbarer Gegner und die Verbrechen haben eine andere Qualität als die Clankriminalität, die er vorher bekämpft hat.
Da Tschiller erstmals nicht gemeinsam mit Gümer ermittelt, hatten Sie nur wenige Drehtage mit Fahri Yardim. Haben Sie ihn am Set vermisst?
Ja, ich habe ihn vermisst. Denn Fahri ist nicht nur ein großartiger Kollege, sondern auch ein Freund, und mit ihm kann man unheimlich viel lachen und Spaß haben beim Drehen. Insofern fand ich es ein bisschen schade, dass wir nur drei gemeinsame Drehtage hatten, auch wenn er die ganze Zeit auf der Insel war.
Sie führen selbst oft Regie. Können Sie eigentlich loslassen und sich ganz aus der Inszenierung heraushalten?
Ja, ich kann loslassen. Das heißt nicht, dass ich mich gar nicht einbringe oder Vorschläge mache, nur muss ich auch akzeptieren, wenn der Regisseur meinen Vorschlag nicht gut findet, denn es ist sein Film und bei meinen Filmen dürfen auch alle mitreden, aber am Ende des Tages entscheide ich, welche Idee ich für gut und welche für nicht gut halte. Ich fand, dass Eoin unheimlich gut mit Schauspielern arbeitet, insbesondere mit den jüngeren Unerfahreneren hat er das wunderbar gemacht.
Wie waren die Dreharbeiten auf der Insel?
Wir haben in den ersten Tagen alle den verflucht, der die Idee hatte, auf dieser Insel zu drehen, weil diese Naturgewalten schon enorm sind. Wir waren viel draußen, haben nachts gedreht und es weht immer ein kalter Wind. Das war schon ein harter Dreh. Aber als wir am Schluss auf unseren Wattwagen wieder abgereist sind, hatten wir alle ein wehmütiges Gefühl. Das war eben ein intensives Zusammensein, auch alle Menschen auf Neuwerk waren supernett und hilfsbereit, und sie waren auch ein bisschen traurig, als wir abgerückt sind.
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