Dritter Brief: Auf hoher See
Mein geliebter Schatz,
wir liegen gerade vor Mazatlán und so habe ich etwas Zeit, Dir zu schreiben.
Von der Äquatortaufe zum Beispiel: ein ziemlich bescheuertes Ritual. Ich musste Küchenabfälle essen, Füße küssen, wurde mehrfach unter Wasser gedrückt… Letztlich läuft es auf ein großes Besäufnis hinaus. Zum Schluss bekommt man eine Urkunde. Damit einem die Prozedur bei der nächsten Äquator-Überquerung erspart bleibt. Immerhin das!
Heute hatte ich außerdem ein seltsames Erlebnis: Julie, unsere Kreuzfahrtmanagerin, kam zu mir, eine junge Dame wolle mich sprechen. Als ich sie an der Reling stehen sah, blieb mir fast das Herz stehen: Sie stand mit dem Rücken zu mir – dunkles, langes Haar, ein rot-weiß geblümtes Sommerkleid, so wie das, das ich so sehr an Dir mochte… Aber als sie sich umdrehte, war es doch nur ein Gast. Ich muss sie wahnsinnig enttäuscht angeschaut haben…
Morgen geht es weiter nach Cancún… So, wie es immer weitergeht. Von einem Hafen zum anderen, von einem Schiff zum anderen… Ich will endlich ankommen… Dich in den Arm nehmen und nie wieder loslassen…
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