Tom Beck im Interview

Leonhard (Tom Beck) hat bald eine Familie zu versorgen.
Leonhard hat bald eine Familie zu versorgen. | Bild: ARD Degeto / Marc Reimann

Tom Beck als Leonhard

Was war ihr erster Gedanke, nachdem Sie das Drehbuch gelesen haben?

Tolles, ungewöhnliches Buch! Ich möchte nichts mehr als Leonhard spielen!!

Wie sehr hat Sie die Vorgeschichte des Leonhard berührt? Haben Sie als Kind/Jugendlicher ähnliche Erfahrungen von Ausgrenzung gemacht?

Das hat mich natürlich sehr berührt! Kinder sind teilweise wirklich grausam. Ich glaube leider, dass jedes Kind irgendwann mal diese Erfahrungen machen muss. Heutzutage hat sich Mobbing auch verstärkt auf das Internet ausgebreitet. Das ist teilweise noch perfider, da sich viele unter dem Deckmantel eines anonymen Profils austoben und ihrem Hass freien Lauf lassen können. Von daher ist das Thema leider immer noch aktueller denn je.

Wie haben Sie sich auf die Rolle des Leonhard vorbereitet?

Ich war in diversen Einrichtungen und habe viel mit Patient*innen und Betreuer*innen gesprochen. Dann habe ich über Improvisationen versucht, die Figur Leonhard zu kreieren. Da es keine medizinische Diagnose gab, war das natürlich eine große Herausforderung.

Als Schauspieler übernimmt man mit so einer Rolle auch eine Verantwortung – was war Ihnen an der Rolle und ihrer Interpretation besonders wichtig?

Die Gefahr bestand für mich natürlich darin, sämtliche Klischees zu bedienen und die Figur sehr über Äußerlichkeiten zu definieren. Außerdem war mir wichtig, Leonhard nicht als „schlichten Almöhi“ zu zeichnen, sondern vielmehr als sehr patenten jungen Mann, der lediglich in seinen Möglichkeiten etwas eingeschränkt ist, da er schulisch nicht gefördert wurde. Durch die Einsamkeit auf seiner Alm entsteht vermutlich eine Art soziale Inkompetenz und Unsicherheit. Daher rührt mein verhaltenes Spiel.

Mit dem Leonhard spielen Sie eine Figur, die ganz anders ist als die meisten ihrer Rollen zuvor. Was war für Sie anders, besonders, bereichernd?

Generell war diese Rolle natürlich ein Geschenk für mich! Oft hat man als Schauspieler gar nicht die Möglichkeit, sich in maximal unterschiedlichen Rollen zeigen zu können, da man hauptsächlich typgerecht besetzt wird. Das bedeutet, dass Caster in der Regel bei der Besetzung dieser Rolle vielleicht nicht als erstes an mich denken könnten. Daher hat es mich umso mehr gefreut, dass sowohl Caster Toby Ulrich als auch Autor und Regisseur Benedikt Röskau sowie Produzent Felix von Poser und die ARD Degeto das Vertrauen in mich hatten!

Das Thema „Liebe und Familie mit Behinderung“ ist noch nicht vollends im gesellschaftlichen Diskurs angekommen – was hat Ihnen an dieser filmischen Aufarbeitung von Benedikt Röskau und Sylvia Leuker so gefallen?

Ich fand das total schön, dass eine wirklich berührende Liebesgeschichte zwischen zwei beeinträchtigten Menschen gezeigt wurde. Ohne Klamauk oder Berührungsängste, eher durch einen wunderbar ehrlichen Umgang mit dem Thema. Genau so sollte es in unserer Gesellschaft sein! Erst wenn wir da angekommen sind, dass das Thema nicht mehr vorsichtig angepackt und damit zu etwas Exotischem wird, sind wir am Ziel.

Die Figur Leonhard hat in frühen Jahren schon mit Mobbing und Diskriminierung zu tun. Sie sind selbst gerade frisch Vater geworden. Was geben Sie ihrem Kind mit, um es aufzuklären und zu schützen?

Ich werde versuchen, ihm Werte wie Respekt, Ehrlichkeit, Toleranz und ein gesundes Selbstvertrauen mit auf den Weg zu geben und die Sicherheit, dass er sich jederzeit an uns wenden kann. Gänzlich davor schützen kann man vermutlich nicht. Und ein bisschen wird er vielleicht auch daran wachsen – als Mensch und Persönlichkeit.

„Nicht tun, was andere sagen“ ist eine Botschaft, die Leonhard erst durch Beate zu verstehen lernt – wann haben Sie das letzte Mal trotz Widerstand ihren eigenen Kopf durchgesetzt?

Als Schauspieler ist man ja im steten Austausch mit dem Regisseur. Da ist es fast unmöglich immer einer Meinung zu sein. Wenn die Argumente erdrückend sind, lass ich mich gerne überzeugen! Ansonsten habe ich gelernt meinem Instinkt zu vertrauen und für die Dinge zu kämpfen, die mir wichtig sind.

Leonhard ist sehr mit der Natur und seiner Alm verbunden. Als Schauspieler und Musiker sind sie viel in der Welt unterwegs – wo oder was ist ihr Rückzugsort?

Ich bin selbst in einem kleinen Kuhdorf mit damals knapp 500 Einwohnern groß geworden. Diese Ruhe dort ist mit nichts zu vergleichen und entschleunigt sofort. Irgendwann möchte ich mir den Traum eines Eigenheims im Grünen erfüllen.

Was wünschen Sie sich, welche Botschaft der Zuschauer aus dem Film mitnimmt?

Dass wir Menschen immer selbstverständlicher mit dem Thema Inklusion umgehen. Je weniger wir das zu etwas „Besonderem“ machen, desto weniger werden sich Menschen mit Beeinträchtigung ausgegrenzt fühlen. Und das sollte im Jahr 2020 wirklich nicht mehr der Fall sein.

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