SENDETERMIN Di., 14.03.23 | 05:30 Uhr

Service: Bürgergeld

mit Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur Finanztip

Service: Bürgergeld | Video verfügbar bis 14.05.2025 | Bild: WDR

Wer erhält Bürgergeld?

Wenn Sie bereits Arbeitslosengeld II bekommen, dann müssen Sie keinen neuen Antrag stellen. Sie erhalten seit Januar 2023 automatisch die höheren Regelsätze. Wer das Arbeitslosengeld II bislang nicht bezogen hat, aber bedürftig ist, sollte Bürgergeld beim Jobcenter beantragen. Die Antragstellung funktioniert auch digital.

Was ist Bürgergeld?

Auch wenn der Name "Bürgergeld" es vermuten lässt, handelt es sich nicht um ein bedingungsloses Grundeinkommen. Mit dem Bürgergeld werden nur die Menschen finanziell unterstützt, die bedürftig sind und grundsätzlich arbeiten können, aber keine Arbeit finden oder von der Arbeit allein ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten können.

Ziel des Bürgergelds ist es, Arbeitssuchende durch Qualifizierung, Weiterbildung und individuelles Coaching bei der Suche nach einem Arbeitsplatz zu unterstützen, um sie dauerhaft wieder in den Arbeitsalltag zu integrieren. Die Jobcenter müssen nicht mehr vorrangig einen Job vermitteln, wenn eine Weiterbildung zunächst sinnvoller erscheint.

Leistungen können gekürzt werden, wenn jemand eine zumutbare Stelle nicht annimmt oder Termine im Jobcenter verpasst – es gibt keine Vertrauenszeit wie ursprünglich geplant. Bei der ersten Pflichtverletzung mindert sich das Bürgergeld für einen Monat um 10 Prozent, bei der zweiten für zwei Monate um 20 Prozent und bei der dritten für drei Monate um 30 Prozent (§ 31a SGB 2). Kosten der Unterkunft und Heizung dürfen auch bei Verfehlungen nicht gemindert werden.

Wer hat Anspruch auf Bürgergeld?

Sie haben einen Anspruch auf Bürgergeld, wenn Sie älter als 15 Jahre sind, das Rentenalter noch nicht erreicht haben und drei Voraussetzungen erfüllen: Erwerbsfähigkeit, Bedürftigkeit und Wohnsitz in Deutschland. Sie müssen nicht arbeitslos sein, um Bürgergeld zu beziehen.

Erwerbsfähigkeit

Um einen Anspruch auf Bürgergeld haben, müssen Sie erwerbsfähig sein. Ob diese Erwerbsfähigkeit vorliegt, stellt die gesetzliche Rentenversicherung fest. Sind Sie wegen einer Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit nicht in der Lage, mindestens drei Stunden täglich zu arbeiten, gelten Sie als erwerbsunfähig (§ 8 SGB 2). In diesem Fall haben Sie ggf. Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente oder auf Grundsicherung wegen Erwerbsunfähigkeit.

Wer als Rentner nicht genug Rente bekommt, hat keinen Anspruch auf Bürgergeld, sondern auf Grundsicherung im Alter. Für alle, die erwerbsunfähig und bedürftig sind, bleibt alles wie bisher. Sie können Grundsicherung bei Erwerbsunfähigkeit bekommen und kein Bürgergeld.

Auszubildende können während einer beruflichen Ausbildung grundsätzlich Bürgergeld bekommen. Studierende, die nicht im Haushalt der Eltern leben, haben keinen Anspruch auf Bürgergeld. Sie können Bafög beantragen.

Menschen aus dem Ausland können Bürgergeld bekommen, wenn sie in Deutschland arbeiten dürfen und eine entsprechende Arbeitserlaubnis besitzen, aber noch keine Arbeitsstelle gefunden haben. Flüchtlinge haben Anspruch auf Bürgergeld.
Deutsche im Ausland können kein Bürgergeld beziehen, da für einen Anspruch der gewöhnliche Aufenthaltsort in Deutschland sein muss.

Bedürftigkeit

Das Bürgergeld setzt voraus, dass Sie auf finanzielle Unterstützung angewiesen sind. Hilfebedürftig sind Sie dann, wenn Sie Ihren Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend mit Ihrem Einkommen oder Vermögen bezahlen können. (§ 9 SGB 2).

Bedürftig sind Sie nicht, wenn Ihre Familie Sie finanziell unterstützt oder Sie einen Anspruch gegen Dritte haben, zum Beispiel auf Unterhalt. Stehen Ihnen andere Sozialleistungen zu, müssen Sie diese zuerst beantragen, wenn sei damit Ihre Hilfebedürftigkeit verringern oder beseitigen.

Wieviel Bürgergeld bekommt man? (Regelbedarfe seit 2023)

Alleinstehende/Alleinerziehende 502 Euro
Paare je Partner/Bedarfsgemeinschaften 451 Euro
Volljährige in Einrichtungen (nach SGB 12) 402 Euro
Nicht-erwerbstätige Erwachsene unter 25 Jahre im Haushalt der Eltern 402 Euro
Jugendliche von 14 bis 17 Jahren 420 Euro
Kinder von 6 bis 13 Jahren 348 Euro
Kinder von 0 bis 5 Jahren 318 Euro

(Quelle: Anlage zu § 28 SGB 12 / Stand: Januar 2022)

Wohnkosten

Zusätzlich übernimmt der Staat die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung, soweit sie angemessen sind. Die Leistungen orientieren sich am Niveau der Mieten auf dem örtlichen Wohnungsmarkt. Bewohnen Sie ein eigenes Haus oder eine Eigentumswohnung, dann gehören zu den Kosten der Unterkunft auch die damit verbundenen Belastungen wie Schuldzinsen, Grundsteuer, Wohngebäudeversicherung, Erbbauzins sowie Nebenkosten, soweit sie angemessen sind.

Was bedeutet Karenzzeit?

Das erste Jahr, in dem Sie Bürgergeld beziehen, gilt als sogenannte Karenzzeit: Die Kosten für Unterkunft und Heizung werden in tatsächlicher Höhe anerkannt und übernommen. Auch selbst genutztes Wohneigentum wird unabhängig von seiner Fläche bei der Prüfung der Bedürftigkeit ausgenommen.

Im ersten Jahr wird auch Ihr Vermögen nicht berücksichtigt, wenn es sich nicht um erhebliche Summen handelt. Die Grenze dafür liegt bei 40.000 Euro für den Antragsteller sowie 15.000 Euro für jede weitere Person, die in der Bedarfsgemeinschaft lebt. Ersparnisse bis zu dieser Höhe müssen nicht aufgebraucht werden, bevor das Bürgergeld bezogen werden kann.

Wie beantragt man Bürgergeld?

Bürgergeld wird nur auf Antrag gewährt. Wer bereits Arbeitslosengeld II bekam, muss keinen neuen Antrag stellen. Wer das derzeit nicht bekommt, kann Bürgergeld bei seiner Stadt- oder Gemeindeverwaltung beantragen. Das ist auch digital möglich. Leben Sie mit weiteren Personen zusammen in einer sogenannten Bedarfsgemeinschaft, dann gilt der Antrag auch für die anderen Personen. Nicht jedes Familienmitglied muss einen Antrag stellen.

Freibeträge für Vermögen

Ist die Karenzzeit von einem Jahr abgelaufen, muss das Jobcenter Ihr Vermögen überprüfen. Haben Sie Geld gespart, dann müssen Sie damit zunächst Ihren Lebensunterhalt bestreiten. Beim Bürgergeld gelten höhere Freibeträge als bisher beim Arbeitslosengeld II. Nach der Karenzzeit gilt ein Freibetrag in Höhe von 15.000 Euro je Person in der Bedarfsgemeinschaft – und zwar unabhängig vom Alter (§ 12 Abs. 2 SGB 2).

Alle Versicherungsverträge, die der Alterssicherung dienen, werden nicht als Vermögen berücksichtigt. Neu ist eine Regelung zum Schonvermögen für Menschen, die im eigenen Haus oder der eigenen Wohnung leben.

Ein selbstgenutztes Haus mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbstgenutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern zählt zum Schonvermögen. Bei mehr als vier Haushaltsangehörigen erhöht sich die Fläche für jede weitere Person um 20 Quadratmeter. Zudem können auch größere Häuser oder Wohnungen als Schonvermögen geschützt sein, wenn der Umzug, der Verkauf oder die Beleihung eine besondere Härte wäre.

Freigrenzen für Hinzuverdienst

Schülerinnen und Schüler, Studierende und Auszubildende können ab 1. Juli 2023 monatlich 520 Euro hinzuverdienen, ohne dass das Bürgergeld gekürzt wird. Die Freibeträge für Hinzuverdienste entsprechen damit der Minijob-Grenze. In den Ferien können Schülerinnen und Schüler unbegrenzt hinzuverdienen. Ansonsten werden die ersten 100 Euro, die ein Bürgergeldempfänger verdient, nicht angerechnet. Für den Teil des monatlichen Erwerbseinkommens, der 100 Euro übersteigt und nicht mehr als 520 Euro beträgt, sind 20 Prozent davon anrechnungsfrei.

Verdienen Sie mehr als 520 Euro, aber weniger als 1.000 Euro, werden 20 Prozent von diesem Teil des Erwerbseinkommens nicht angerechnet. Ab dem 1. Juli 2023 steigt das auf 30 Prozent. Zusätzlich sind von Ihrem Verdienst zwischen 1.000 Euro und 1.200 Euro 10 Prozent dieses Teils auf das Bürgergeld anrechnungsfrei (§ 11b SGB 2). Für Menschen, die mindestens ein minderjähriges Kind haben, gilt die letzte Freibetragsstufe sogar bis zu einem Einkommen von 1.500 Euro.

Weitere Informationen

• WDR, Informationen zum Bürgergeld
https://www1.wdr.de/nachrichten/buergergeld-das-gilt-ab-januar-100.html

• Tagesschau, Informationen zum Bürgergeld
https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/buergergeld-hartz-iv-101.html

• SWR: Fragen und Antworten zum Bürgergeld
https://www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/buergergeld-faq-streit-bundestag-bundesrat-100.html

Stand: 14.03.2023 07:46 Uhr

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