Mi., 27.09.23 | 05:30 Uhr
Service: Medikamentenknappheit
mit Dr. Mohsen Radjai, Facharzt für Allgemeinmedizin
Auch in diesem Winter soll es wieder zu Medikamentenengpässen kommen. In einigen Regionen sind bereits jetzt Schmerz- und Fiebermedikamente, Blutdruckmittel oder Antibiotika rar oder gar nicht verfügbar.
Lieferengpass in Zahlen
Bei rund 500 Arzneimitteln bestehen Lieferengpässe. Die Statistik des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vom September 2023 zeigt: Der Mangel ist gravierend und die Zahlen sind gestiegen. Allerdings sind von diesen Medikamenten nicht alle lebenswichtig. Trotzdem ist ein Engpass erkennbar und neben chronisch Erkrankten sind vor allem Kinder und Jugendliche gefährdet.
Welche Medikamente sind betroffen?
Wenn Apotheken bundesweit einzelne Medikamente ausgehen, dann betrifft dies besonders häufig Blutdrucksenker, Krebsmittel, Antidepressiva, Antibiotika oder Schmerzmittel.
Es gibt für viele Medikamente gleichwertige Alternativen. Die (vorübergehende) Umstellung ist allerdings für alle Beteiligten mit zum Teil erheblichen zeitlichen Mehraufwand verbunden und birgt die Gefahr, dass es beim Patienten zu Fehldosierungen kommt. In manchen Fällen stehen auch keine gleichwertigen Alternativen zur Verfügung und es entsteht eine Unterversorgung trotz klarer Therapienotwendigkeit.
Versandhandel
Wenn die nahegelegene Apotheke ein benötigtes Medikament nicht vorrätig hat, kann im Versandhandel gesucht werden. Damit gewährleistet ist, dass der Anbieter auch seriös ist, hat das BfArM eine Liste der Internetapotheken veröffentlicht, die eine behördliche Erlaubnis haben, Arzneiversandhandel zu betreiben: https://versandhandel.dimdi.de/pdfs/vhr-apo.pdf
Unseriöse Medikamenten-Anbieter erkennen
Medikamenten-Anbieter sind unseriös, wenn:
- verschreibungspflichtige Arzneimittel angeboten werden, ohne, dass ein Rezept im Original verlangt wird
- verschreibungspflichtige Arzneimittel abgebildet werden oder zu Sonderpreisen angeboten werden (beides in Deutschland verboten)
- generell die Preise von Arzneimitteln stark vom marktüblichen abweichen
- die Webseite kein Impressum aufweist, das Inhaber, Adresse, zuständige Aufsichtsbehörde und zuständige Apothekerkammer nennt
Alternativen finden
Eine Alternative zu Fiebersäften oder Zäpfchen für Kinder könnten Schmerzmittel für Erwachsene sein, die aber natürlich in der Dosierung angepasst werden müssen. Hierzu können teilbare Tabletten verwendet werden. Zäpfchen in höheren Dosierungen sollten bewusst nicht geteilt werden, da der entsprechende Wirkstoff im Zäpfchen unterschiedlich verteilt sein kann und dann nicht die korrekte Dosis gewährleistet wäre.
Die Tabletteneinnahme ist verständlicherweise besonders für Kinder häufig ein Graus. Mit kleinen Tricks kann aber Verabreichung vereinfacht werden: Zwischen zwei Löffeln zerbröselt mit etwas Flüssigkeit oder mit Joghurt angeboten klappt es in der Regel. Oder aufgelöst in Wasser kann das Medikament leichter geschluckt werden. Wichtig ist dabei, dass die gesamte Menge aufgenommen wird, um den Therapiezweck zu erreichen.
Auch muss nicht in jedem Fall Fieber unmittelbar medikamentös gesenkt werden. Wichtig ist es, darauf zu achten, dass das Fieber das Befinden nicht zu stark beeinträchtigt. Alte Hausmittel wie Wadenwickel erfüllen durchaus ihren Zweck, wenn man ohne Arznei aktiv werden will.
Weitere Informationen
• NDR Ratgeber Gesundheit: Welche Medikamente nicht lieferbar sind
https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Lieferengpaesse-Welche-Medikamente-nicht-lieferbar-sind,medikamente342.html
• NDR Nachrichten, Redezeit: Leere Regale, verzweifelte Patienten
https://www.ndr.de/nachrichten/info/epg/NDR-Info-Redezeit,sendung1352176.html
• SWR, Odysso: Wenn Medikamente knapp werden
https://www.swr.de/wissen/odysso/wenn-medikamente-knapp-werden-100.html
• SWR aktuell: Medikamente knapp in Baden-Württemberg
https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/heilbronn/medikamente-mangel-engpaesse-apotheke-kinderaerzte-antibiotika-fiebersaft-kinder-100.html
• ARD Mediathek, ARD-Morgenmagazin: Bundesgesundheitsminister Lauterbach zu Engpässen
https://www.ardmediathek.de/video/morgenmagazin/bundesgesundheitsminister-lauterbach-erwartet-weniger-medikamentenengpaesse-im-winter/das-erste/
• ARD Mediathek, MDR UM 4: Droht Engpass im Herbst?
https://www.ardmediathek.de/video/mdr-um-4/droht-wieder-ein-medikamenten-engpass-im-herbst/mdr-fernsehen/
Stand: 27.09.2023 11:09 Uhr
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