Hamas in Deutschland: Neue Gefahr durch Anschläge?

Im Dezember wurden vier mutmaßliche Hamas-Mitglieder festgenommen. Sie sollen geplant haben, Waffen für Anschläge auf jüdische Einrichtungen aus Erddepots nach Berlin zu bringen. Ein Waffenlager wurde in Bulgarien gefunden. REPORT MAINZ folgt der Spur von Ibrahim El-R., der Verbindungen in die höchsten Kreise der Hamas im Libanon haben soll.

Wir sind unterwegs im Süden Bulgariens auf der Suche nach einem Waffenlager der Hamas. Uns wurden Koordinaten zugespielt. Sie führen uns an einen Graben neben einer viel befahrenen Schnellstraße.  

Dann finden wir die Stelle, an der bulgarische Ermittler Anfang April ein Erddepot mit Waffen und Munition der Hamas entdeckten. Wir wissen: Der entscheidende Hinweis kam aus Deutschland. Unter dieser Kiefer sollen die Waffen und Munition vergraben gewesen sein. 

Waffendepot der Hamas in Bulgarien 


Auf die Spur der Waffen gelangten die Ermittler, nachdem sie im vergangenen Dezember vier Männer festgenommen hatten. Den Beschuldigten wird vorgeworfen, Mitglieder in der terroristischen Vereinigung Hamas zu sein. Schon im vergangenen Jahr sollen die Männer europaweit nach Erddepots mit Waffen und Munition gesucht haben, um diese nach Berlin zu bringen. Laut Bundesanwaltschaft sollten die Waffen für mögliche Anschläge auf jüdische Einrichtungen bereitgehalten werden. Auf Anfrage teilt uns einer ihrer Anwälte mit, für ein Interview nicht zur Verfügung zu stehen. 

Für den ARD-Terrorismusexperten Holger Schmidt sind die Waffenfunde eine Zeitenwende in der Bewertung der Hamas. 

Holger Schmidt, ARD-Terrorismusexperte
Holger Schmidt, ARD-Terrorismusexperte

Holger Schmidt, ARD-Terrorismusexperte: 
„Es hat niemand damit gerechnet, dass es wirklich so gewalttätig werden könnte, dass da Männer rumlaufen, die konkrete Anschlagsplanungen vorhaben, dass da Waffensuchen, Waffenverstecken eine Rolle spielt. Das ist eben die neue Qualität an dieser ganzen Sache. Dass ganz offenkundig in Deutschland und Europa nicht nur politisch gearbeitet worden ist, sondern auch handfest terroristisch.“  

Auf unsere Nachfrage bestätigt auch das Bundesinnenministerium, dass ein Strategiewechsel der Hamas vermutet werden kann. 

Zurück in Bulgarien. Wer suchte hier nach den Waffen? Einer der Verdächtigen ist Ibrahim El-R. Er reiste laut ARD-Recherchen im vergangenen August nach Bulgarien. Wir finden das Hotel nahe des Waffendepots, in dem Ibrahim El-R. übernachtete - begleitet von einer Frau, belegt ein Dokument, das wir einsehen konnten. 

Spuren führen nach Berlin 


Auf Facebook entdecken wir Bilder des Paares. Die Frau neben El-R. soll laut unseren Recherchen das Hotel reserviert haben. Was wusste sie über das Waffenversteck? Ihre Spur führt uns von Bulgarien in einen Vorort von Berlin. Die Frau ist nicht zuhause. Man erzählt uns, sie sei betrogen worden und habe nichts von dem Waffendepot in Bulgarien gewusst. Sie habe Ibrahim El-R. für einen normalen Gastronomen gehalten. 

Wir finden heraus: El-R. betrieb bis zu seiner Festnahme ein Restaurant in Berlin-Kreuzberg. Laut Ermittlungsbehörden soll er von Berlin aus mit den drei weiteren Verdächtigen europaweit nach Waffendepots gesucht haben. Diese habe die Hamas in der Vergangenheit angelegt. Den Befehl sollen sie aus den höchsten Kreisen der Hamas im Libanon erhalten haben. 

Ibrahim El-R. und seine Komplizen sitzen in Untersuchungshaft. Sicherheitsexperten gehen von weiteren Waffendepots der Hamas in Europa aus. Das erhöhe die Anschlagsgefahr. Oliver Hoffmann wundert all das nicht.  

Oliver Hoffmann, Sicherheitsunternehmer
„Lass ihn los, lass ihn los, auf den Boden. Hände auf den Bauch.“ 

Oliver Hoffmann, Sicherheitsunternehmer
Oliver Hoffmann, Sicherheitsunternehmer

Vor sechs Monaten hatten wir ihn schon einmal besucht. Oliver Hoffmann trainiert Juden in einer israelischen Selbstverteidigungstechnik. Mit Attrappen von Waffen, die Terroristen bei Anschlägen benutzen könnten, trainiert er für den Ernstfall. 

Oliver Hoffmann, Sicherheitsunternehmer: 
„Man kann sagen, jüdisches und israelisches Leben ohne Schutz findet eigentlich nicht statt. Es gab viele Jahre, in denen das eigentlich in Ordnung war, hier zu sein, und niemand hat auf gepackten Koffern gesessen. Aber im Augenblick empfinden viele Menschen die Lage in Israel als sicherer als hier.“ 

Hamas-Sympathisanten in Europa 


Nach unseren Recherchen sucht die Hamas nicht nur Waffenlager. Deutsche Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass vor dem 7. Oktober hunderte Hamas-Sympathisanten nach Europa eingereist sind. Ihre Aufenthaltsorte: unbekannt. Beunruhigende Erkenntnisse, die ein neues Licht auf das werfen, was hier in Deutschland passiert. 

Berlin vor 10 Tagen: eine pro-palästinensische Demonstration.  

Demonstranten: 
„Freiheit für Gaza“ 

Viele hier wollen auf das Leid der Menschen in Gaza aufmerksam machen. Doch sie demonstrieren mit Leuten, die die Taten der Hamas verharmlosen.   

Redner auf der Demonstration: 
„Die Hamas wird verboten und keiner weiß wieso. Keiner kann nachvollziehen wieso.“ 

Während der Demonstration versuchen wir eine Rede zu filmen - aber wir sind hier unerwünscht. 

Demonstrant: 
„Ja, okay, dann einmal zur Seite. Aber hier ist kein Platz. Hier ist kein Platz.“  

Der Redner macht Stimmung gegen uns: 

Redner auf der Demonstration (Quelle: TikTok): 
„Schöne Grüße ans ARD, an die zionistischen Lügner, dreht euch um. Ihr könnt was anderes filmen. Drecks-Presse!“ 

Demonstrant: 
„Nein, wir wollen nicht, dass Sie hier bleiben. Geht einfach nach hinten. Dankeschön.“  

Wir werden umzingelt, bedrängt, an der Arbeit gehindert. Unser Sicherheitsmann versucht, die Menge zurückzuhalten und wird geschlagen. 

Demonstranten: 
„Deutsche Medien lügen, hetzen und betrügen!”  

Sie gehen hier auch auf die Straße gegen das Verbot des Palästina-Kongresses. Einen Tag zuvor war der Kongress aufgelöst worden, weil dort Redner sprechen sollten, die ein politisches Betätigungsverbot in Deutschland haben und das Massaker der Hamas vom 7.Oktober verharmlosen.  

“Wir wurden als Zionisten-Schweine betitelt” 


Eine Verharmlosung der Hamas erlebt auch sie im Alltag, eine jüdische Studentin aus Berlin. Aus Angst vor Anfeindungen möchte sie unerkannt bleiben, wir nennen sie Sarah. Auf ihrem Handy ein Aufkleber: „fuck Hamas“. Dafür musste sie sich bereits rechtfertigen, erzählt sie. Ihr hält man entgegen: Die Männer, die Israel überfielen, seien Freiheitskämpfer.  

Sarah (Name geändert): 
„Und da wurde dann argumentiert, dass die Hamas die Unterdrückung des palästinensischen Volkes bekämpft und deswegen für die Freiheit dessen einsteht und man die deswegen nicht allgemein verteufeln sollte.“ 

Sie erzählt uns auch von einer weiteren Situation. Auf einer Geburtstagsfeier einer Freundin eskaliert eine Diskussion, als sie und ein Freund als Juden identifiziert werden und sich zum Existenzrecht Israels bekennen.  

Sarah (Name geändert): 
„Wir wurden als Zionisten-Schweine betitelt und es wurde geschrien, dass wir doch weiter Kinder töten gehen sollen. Und die Leute in unserer Umgebung haben nichts gesagt.“ 

Dabei sei für sie jedes zivile Opfer in Gaza eines zu viel. Dass sich die Fronten auch in Deutschland weiter verhärten, macht ihr Sorgen. 

Davidstern an Schultür 


Dagegen versucht er etwas zu unternehmen: Huthifa Al-Mashhadany. Er ist Rektor der säkularen deutsch-arabischen Sprachschule in Neukölln. Wir trafen ihn schon vor sechs Monaten. Damals bezog er mit weiteren Vertretern der arabischen Gemeinde Stellung gegen die Verherrlichung des Terror-Angriffs der Hamas. Daraufhin wurde die Schultür mit einem Davidstern markiert, es flog sogar ein Stein in ein Klassenzimmer. 

Aya, Schülerin: 
„Die haben dort so reingeworfen. Wir haben uns erschrocken. Wir wussten nicht, was wir machen sollen.“ 

Salem, Schüler: 
„Ich finde so etwas auch sehr ehrenlos und respektlos. Wir sind alle Menschen und jeder sollte gleichbehandelt werden.“ 

Huthifa Al-Mashhadany, Rektor, Ibn Khaldun Sprachschule
Huthifa Al-Mashhadany, Rektor, Ibn Khaldun Sprachschule

Huthifa Al-Mashhadany ist selbst erst seit vier Jahren in Deutschland. Er ist einer der wenigen, die sich offen gegen radikale Kräfte in Berlin stellen. Viele in der arabischsprachigen Community hätten Angst, erzählt er uns.  

Huthifa Al-Mashhadany, Rektor, Ibn Khaldun Sprachschule: 
„Große Zahl steht pro Frieden zwischen Israel und Palästina. Aber die Leute wollen nicht sprechen, die haben Angst wegen die schlimmste Leute, die stehen in Demo und machen schlechte Sachen, sind sehr aggressiv und gefährlich.“ 

Mittlerweile steht seine Sprachschule unter Polizeischutz.   

Ein Waffenfund in Bulgarien, Hamas-Verharmlosung auf den Straßen Berlins, Juden, die in Angst leben und Anfeindungen gegenüber solchen, die sich offen positionieren. Eine Momentaufnahme in einer völlig aufgeheizten Stimmung. 

Stand: 24.04.2024 15:06 Uhr