Rechtsextremes Prepper-Netzwerk

Der umstrittene Verein „Uniter e.V.“ hat sich 2020 aufgelöst. Recherchen von REPORT MAINZ zeigen, dass Mitglieder weiter aktiv sind. Der Verfassungsschutz hat die Vereinigung im Visier und bewertet sie als „gesichert rechtsextremistisch“. 

Text des Beitrags:

Gleich hören wir zum ersten Mal André S., ein Untergangsfanatiker. Ex-Elite-Soldat.
Mit einem eigenen Blick auf die Welt, die seiner Überzeugung nach zusammenbrechen wird, genauso wie die öffentliche Ordnung.

André S., Gedächtnisprotokoll, Stimme nachgesprochen:  
„Es ist nicht die Frage, ob es eintritt, es ist nur noch die Frage wann. Es geht dann nur darum, wer hat die Knarre in der Hand und wer schießt schneller, trifft besser.”

Ein Online-Seminar, bei dem wir heute mit dabei sein können, über einen Mittelsmann. André S. spricht gut drei Stunden lang über das drohende Chaos. Über Flüchtlinge, angebliche Terroristen, eingeschleust auf Geheiß des türkischen Präsidenten Erdogan. Und die große Gefahr, der wir angeblich ausgesetzt seien.

André S., Gedächtnisprotokoll, Stimme nachgesprochen:
„Wir haben mehrere hunderttausend Mann als Schläfer bei uns in Deutschland drin. Die also jetzt schon militärische Erfahrung haben, die Ausrüstung haben, die Waffen haben, die nur warten auf den Knall, um dann zuzuschlagen.”

Um dann als erstes Militär und Polizei anzugreifen. Und darauf müsse man sich vorbereiten. Klingt merkwürdig, doch seine Zuhörer hängen heute an seinen Lippen.

Ein Kaffeeversand und mehr

Wer ist dieser Mann? Wir haben ihn ausfindig gemacht. Irgendwo in Rheinland-Pfalz. Auf diesem Gelände hat er eine Firma. „Black Ops Coffee.“ Ein Kaffee-Versand. Der irgendwie mehr zu sein scheint.

Zugespielte Aufnahmen, ebenfalls vom Firmengelände. Eine Art Gruppe, die sich auch zu Märschen trifft. Und André S. ist ihr Anführer.

Wir recherchieren weiter, finden heraus: Über 120 Menschen gehören zu dieser Gruppe, die sich ganz unverfänglich „Black Ops Community” nennt. Verbunden mit der Kaffee-Firma, wo man auch wirklich Kaffee bestellen kann. Und doch geht es auch um mehr. Es gibt eine Art Rangsystem wie beim Militär - vom Rekruten bis zum Feldmarschall. Und es geht immer wieder um den angeblich drohenden Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung. Eine alte Erzählung, mit der sich André S. gut auskennt. Er war Mitgründer des deutschen Vereins „Uniter”. Eigentlich gedacht, um ehemaligen Soldaten beim Weg ins Zivilleben zu helfen. 2018 geriet der Verein in die Öffentlichkeit. Weil André S. und andere Mitglieder in Verbindung zu einem extremistischen Prepper-Netzwerk gebracht wurden, auch hier ging es bereits um den Kollaps.

Es geht auch um Bewaffnung

Der deutsche Verein „Uniter“ ist mittlerweile aufgelöst. Doch ehemalige Mitglieder sind nach Überzeugung des Bundesamts für Verfassungsschutz weiter aktiv. Nicht irgendwo, sondern hier. Unter anderem bei „Black Ops Coffee“, André S. und seiner Community.

Seit Monaten haben wir die Gruppe im Blick, die sich nach unserem Eindruck immer weiter radikalisiert. Es geht auch um Bewaffnung, mit Schusswaffen, Äxten, Training. Auch für den Nahkampf.

Uns liegt ein Ausbildungsplan vor, hier in diesem Ort in Rheinland-Pfalz finden einige der Trainings statt.  Von einem werden uns Bilder zugespielt: Übungen … Auch für die Auseinandersetzung, den Kampf, mit der Staatsmacht.

Gedächtnisprotokoll, nachgesprochen:
„Die Polizei, die schlagen ja meistens auf die Rippen. Dann mache ich das hier: Knüppel weg…. Und dann: Visier auf und rein"

Gezielte Brutalität …  Ohne Rücksicht auf Verluste.

Prof. Tom Mannewitz, Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung, Politikwissenschaftler
Prof. Tom Mannewitz, Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung, Politikwissenschaftler | Bild: SWR

Professor Tom Mannewitz lehrt an der Hochschule des Bundes zu politischem Extremismus, bildet angehende Verfassungsschützer aus. Wir zeigen ihm unsere Recherchen. Vor allem das Kampftraining hält er für alarmierend.

 Prof. Tom Mannewitz, Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung, Politikwissenschaftler:
„Weil man sich ja offensichtlich nur auf eine Auseinandersetzung mit der Polizei vorbereitet, wenn man sie für wahrscheinlich hält. Warum sollte man sich sonst darauf vorbereiten? Das wäre natürlich nicht bloß ein Belegpunkt für Rechtsextremismus, sondern für eine grundlegende Infragestellung des staatlichen Gewaltmonopols.”

All das angeführt von einem Ex-Elitesoldaten, der sich auch an ehemalige Kameraden wendet. Und sich als Reservist bezeichnet, als „Hauptfeldwebel der Reserve”. 2022 sogar mit einem Reservistenverein zu einem Schießwettkampf einlud. Gerichtet neben der „Black Ops Coffee Community” auch an Soldaten der Nato-Partner und die Polizei.

Nahkampftrainer äußert sich nicht

Es gelingt uns, einen Großteil der über 120 Mitglieder zu identifizieren. Darunter weitere ehemalige Soldaten, Ex-Mitglieder des deutschen Vereins „Uniter“. Aber auch mehrere Ärzte, eine Apothekerin, Feuerwehrleute…Auch eine bekannte Rechtsextremistin können wir mit Black Cops Coffee in Verbindung bringen. 

Und der Nahkampftrainer? Er sitzt für die AfD in einem Kreistag. Ist Karate-Lehrer, bietet Selbstverteidigungskurse an. Hier in den Räumlichkeiten einer Schule in Rheinland-Pfalz.

Auf unsere Anfrage hat er innerhalb der Frist nicht reagiert. Ob er heute mit uns spricht?
Reporter: „Hallo, wir sind von der ARD.”
Nahkampftrainer: „Das interessiert mich gar nicht, Sie können direkt weitergehen.“
Reporter: „Wir wollen gerne mit Ihnen über Black Ops Coffee sprechen.“
Nahkampftrainer: „Ich werde mit Ihnen überhaupt nicht sprechen.“
Reporter: „Das ist ja eine extremistische Organisation.“
Nahkampftrainer: „Gucken Sie, dass Sie hier wegkommen.“
Reporter: „Aber Sie bieten doch Trainings für die Gruppe an…“
Nahkampftrainer: „Das geht Sie einen Scheiß an.“
Reporter: „Wollen Sie nicht mit uns darüber sprechen?“
Nahkampftrainer: „Nein, ich will nicht mit Ihnen darüber sprechen.“

Und André S., was sagt er zu all dem? Zurück an seinem Hauptquartier, wir wollen mit dem Ex-Soldaten sprechen. Nach mehreren Minuten kommt sein Vermieter: André S. habe kein Interesse, er will nicht rauskommen. Auch schriftliche Fragen bleiben innerhalb der Frist unbeantwortet.

Distanzierung von Black Ops Coffee

Wir sind auf der Fitnessmesse Fibo. Hier tritt ein Mann auf, der uns in unseren Recherchen ebenfalls aufgefallen ist. Ottogerd Karasch, Ex-Soldat, heute ein YouTube-Star.

Er hat „Black Ops Coffee“ mit André S. gemeinsam gegründet, war auch Mitglied beim deutschen Verein „Uniter“. Im Interview mit uns spricht er erstmals öffentlich über diese Zeit und über André S. Die gemeinsame Geschäftsidee, die besonders Soldaten ansprechen sollte, habe ihn anfangs überzeugt, bis André S. zu sprechen begann, über seine Sicht auf die Welt.

Ottogerd Karasch, Unternehmer und Youtuber
Ottogerd Karasch, Unternehmer und Youtuber | Bild: SWR

Ottogerd Karasch, Unternehmer und Youtuber:
„Dieses alles wird gesteuert von höheren Mächten und man muss sich vorbereiten und dann habe ich natürlich dann damals auch mitbekommen, dass es irgendwelche Vorbereitungskurse gab für Zivilisten wie man sich auf Dinge vorbereitet. Für mich war es am Start einfach ein Unternehmen, wo wir Waren verkauft haben, ein Teil als Spende genutzt haben für Hinterbliebene. Und das war mein Gedanke, woran ich arbeite und in dem Moment, wo ich mitbekommen habe, alles klar mit dem, meinem Geschäftspartner sozusagen damals läuft etwas nicht rund, war für mich klar, ich muss jetzt hier schnellstmöglich die Reißleine ziehen.”

Nach wenigen Monaten zieht sich Otto Karasch aus dem Geschäft zurück. Und gibt sich heute fassungslos, was daraus geworden ist. 

Ottogerd Karasch, Unternehmer und Youtuber:
„Jetzt zu sehen, dass mit diesem Namen das getrieben wird, das trifft mich dann schon. Deswegen hoffe ich, dass da schnell irgendwie das Handwerk gelegt wird.”

Verfassungsschutz: „Gesichert rechtsextremistisch“

Wie sehen die Sicherheitsbehörden „Black Ops Coffee“? Sie scheinen alarmiert. Das rheinland-pfälzische Innenministerium verschickte kürzlich ein internes Warnschreiben, um nachgeordnete Behörden auf die Gruppe aufmerksam zu machen.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz - sogar - sieht „Black Ops Coffee” und die Community als Teil einer Vereinigung, die, Zitat, „(…) als gesichert rechtsextremistisch eingestuft wird (…)”, die höchstmögliche Stufe.

So eindeutig, dass der CDU-Sicherheitsexperte und ehemalige Bundeswehr-Oberst Roderich Kiesewetter im Interview Konsequenzen fordert – insbesondere, weil André S. als „Hauptfeldwebel der Reserve” auch an Ex-Soldaten herantrete.

Roderich Kiesewetter, CDU, Bundestagsabgeordneter
Roderich Kiesewetter, CDU, Bundestagsabgeordneter | Bild: SWR

Roderich Kiesewetter, CDU, Bundestagsabgeordneter:
„Erstens müssen die ganzen Vernetzungen aufgedeckt werden und mögliche Nachbarorganisationen mit betrachtet werden. Und zweitens muss am Ende ein Verbot stehen dieser Organisation, das auch konsequent durchgesetzt wird.”

Das Bundesinnenministerium schreibt REPORT MAINZ, es äußere sich grundsätzlich nicht zu etwaigen Verbotsverfahren „(...) auch um mögliche künftige Maßnahmen nicht zu gefährden.”

Bei „Black Cops Coffee” macht man erstmal weiter wie bisher. Die nächsten Nahkampftrainings sind schon angekündigt.