SENDETERMIN So., 16.02.25 | 18:30 Uhr | Das Erste

Australien: Indigene Buschfeuer-Bekämpfung

Seit Jahren wüten immense Buschfeuer in den trockenen Steppen Australiens. Trockenheit und immer höhere Temperaturen als Folge des Klimawandels haben große Schäden angerichtet. Vor fünf Jahren gingen die Bilder von Koala-Bären mit verkohlten Tatzen um die Welt. Damals waren die Flammen über Monate nicht einzudämmen. Die Feuerwehr war machtlos angesichts der Flammenhölle. Nun wollen die Behörden mehr tun, bevor es erneut zur Katastrophe kommt. Dabei besinnen sich die australischen Behörden auf das Wissen der indigenen Bevölkerung. Brandschutz wie sie es vor Tausenden Jahren schon getan haben: mit kontrolliertem Feuerlegen.

Cultural burning: Mit Feuer das Feuer bekämpfen

Selbst die erste Flamme macht Tristan Evans auf die traditionelle Art. Schweißtreibend, bis es endlich brennt. Damit zündet er gleich den Waldboden an. Seine Vorfahren haben das früher auch so gemacht. Er gehört zur indigenen Bevölkerung Australiens, den Aboriginals. Mit deren Feuertechnik sind Tristan und sein Ranger-Team jetzt sehr gefragt. "Wir verbrennen das, was bei einem Waldbrand das Feuer anfachen würde. Und gleichzeitig achten wir darauf, dass nicht die ganze obere Schicht verbrennt. Wir machen ein langsameres, kühles Feuer. Die guten Grasarten, die bleiben grün. Wir erhalten den Kreislauf. Beim Cultural Burning müssen wir vor allem die Natur lesen und verstehen."

Cultural burning ist eine alte Technik der Aboriginals, die Waldbränden vorbeugt. Wenn die Luft nicht zu heiß, der Wind nicht zu stark und der Boden noch feucht genug ist – dann kann Tristan mit diesen flachen Feuern ein ganzes Waldstück vor Brand schützen. Mit Feuer das Feuer bekämpfen. Australische Landbesitzer beauftragen Tristan und die Ranger immer häufiger –denn mit den kontrolliert gelegten, niedrigen Feuern schützen sie die Natur hier draussen nachhaltig.

Auch Alice Close arbeitet ehrenamtlich mit. Wofür sie heute beauftragt ist, war ihren Vorfahren lange Zeit verboten: "Mein Großvater hat das immer in der Feuersaison gemacht. Und ist jedes Mal ins Gefängnis gekommen. Musste ein Nacht bleiben, dann haben sie ihn wieder entlassen. Jetzt fühlt sich das sehr gut an, unsere Tradition kommt zurück. Ich wünschte, er wäre jetzt hier, um das zu sehen." Der Waldboden: abgeflämmt, das Feuer erlischt nun ganz von selbst – das Waldbrand-Risiko eingedämmt.

Aboriginal-Techniken werden in Workshops weitergegeben

Ein Brand auf einer Grasfläche.
Cultural burning ist eine alte Technik der Aboriginals, die Waldbränden vorbeugt.

Australien wird regelmäßig heimgesucht von dramatischen Buschbränden. Besonders extrem war es vor fünf Jahren: über 100.000 Quadratkilometer in Flammen, allein 3.000 Wohnhäuser zerstört. Die Feuerwehr – monatelang im Einsatz. Oft ohne Erfolg. Damals war Tristan als Freiwilliger bei der Feuerwehr, hat alles versucht, um den Menschen zu helfen, zu retten, was zu retten war. Bis zur Erschöpfung. Danach hatte er mit Depressionen zu kämpfen. Er hat gespürt: Es muss sich etwas ändern. "Seit ich mich mit meinen eigenen indigenen Wurzeln beschäftige, ist alles, auch meine Beziehung zum Feuer besser geworden. Und ich denke, wenn es überhaupt etwas Gutes gibt, das aus dieser Katastrophe hervorgegangen ist, dann: Wir können aus Fehlern lernen. Und versuchen, dadurch besser zu werden." Die Rückbesinnung auf seine indigenen Traditionen und auf die Natur. Tristan hat sich dafür Lehrer gesucht, Verwandte befragt, sich das alte Aboriginal-Wissen angeeignet – über die Pflanzen, den Waldboden und über das Feuerlegen.

Auch die Feuerwehr in Australien hat gelernt. Im Hauptquartier in Sydney planen Ben Shepherd und sein Team nicht nur die Löschaktionen. Mit Informationskampagnen werden alle Landbesitzer aufgefordert, sich selbst um den Brandschutz zu kümmern. Lange spielten die Aboriginal-Techniken dabei keine Rolle. Das hat sich geändert, sagt Shepherd: "Die sogenannte kulturelle Feuertechnik ist zwar kein Allheilmittel. Aber die Methode muss sich wieder verbreiten. Und deshalb nehmen wir es jetzt auf in unsere Schutzpläne. Das wurde zu lange nicht gemacht und daher fehlt es in den Kommunen auch an Übung."

Australien besinnt sich auf die alten Traditionen der Aboriginals

Tristan und sein Team geben ihr Wissen weiter. Ein Workshop im Norden des Bundesstaates New-South-Wales. Aus vielen Teilen Australiens sind sie angereist. Es geht darum, mit der Waldbrandgefahr umzugehen. Und das Wissen der Aboriginals ist ein Teil davon. Das traditionelle Feueranzünden – ein bisschen Show fürs Foto – aber da steckt mehr hinter: ein neues Verständnis vom Feuer. Das wollen die Teilnehmenden erlernen. "Überall in Australien gibt es Waldbrände. Und als Kind wird dir beigebracht, dass du vor Feuer flüchten musst. Hier versuchen wir jetzt aber das Feuer extra zu legen. Um Feuer zu bekämpfen. Und davor keine Angst zu haben. Das Feuer einfach machen zu lassen", sagt Workshop-Teilnehmerin Mieka Torrens.

Kleine Feuer. Doch die Folgen für das gesellschaftliche Miteinander: groß. Denn seit Jahrhunderten werden Aboriginals in Australien benachteiligt und ausgegrenzt. Für Tristan ist es deshalb wichtig, dass ihr Wissen wertgeschätzt wird. Noch wichtiger, dass alle nun gemeinsam die Natur schützen. "Wir alle tragen Verantwortung für unser Land und den Ort, an dem wir leben. Man muss kein Aboriginal sein, um das Richtige zu tun. Letzten Endes muss jeder einfach bereit sein, das Beste zu geben. Das ist doch das Wichtigste." Australien besinnt sich auf die alten Traditionen der Aboriginals, um das riesige Land Schritt für Schritt waldbrandsicher zu machen. 

Autorin: Christiane Justus, ARD-Studio Singapur

Stand: 16.02.2025 20:07 Uhr

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