Mo., 18.04.16 | 04:50 Uhr
Das Erste
Polen: Allzeit bereit
Katarzyna Mikulska führt eine kleine Truppe raus aus der Zivilisation hinein in die Wildnis. Ihr Ziel: Überleben üben – fünf Tage mitten im Wald. 100 Interessierte hatten sich sofort gemeldet, doch nur wenige durften mit.
"Jederzeit droht Gefahr"
Zuerst entsteht eine Hütte, fast ohne Werkzeug. Was tun, wenn es zu einer Katastrophe kommt? Darum geht es. Brennt die Stadt? Muss man Hals über Kopf fliehen? "In unserem Survivaltraining zeigen wir, wie man ohne alles zurechtkommt – also ohne Strom, ohne Gas, ohne unsere Habseligkeiten, ohne Lebensmittel. Denn es ist ja so: Jederzeit droht Gefahr – militärisch, wirtschaftlich oder sozial. In jedem Moment unseres Lebens", sagt Katarzyna Mikulska.
Birkenrinde brennt besonders leicht, das weiß jeder Prepper. Überlebenskämpfer wie sie gibt es auf der ganzen Welt, doch in Polen sind sie besonders aktiv. Auch weil die Geschichte des Landes voller Katastrophen ist: die über 100-jährige Teilung, der Einmarsch der Deutschen, die sowjetische Vorherrschaft. Das hat sich tief in die polnische Seele eingebrannt. Der typische Prepper zeigt sich nicht gern, der polnische schon, ist stolz auf das was er kann. Es hat etwas von "sich nicht unterkriegen lassen". Die Seminare sind weit im Voraus ausgebucht.
Lebensmittel- und Wasservorrat in der Stadtwohnung
Konrad Operacz ist eine Art Stadt-Prepper: Er hat stets einen Lebensmittelvorrat. Wenn etwas fehlt, kauft er sofort nach – wie seine Oma nach dem Krieg. Das Fleisch ist selbst getrocknet. Und immer sind 50 Liter Wasser in der kleinen Wohnung vorrätig. "Es ist schon typisch für Polen. Wir haben zu viel Schlimmes erlebt und rechnen jederzeit mit allem. Geschichte kann sich wiederholen. Und: Heute haben wir die Migranten aus Syrien oder dem Osten. Es kann alles geschehen", sagt Operacz. Dauerthemen im Preppertalk sind der Terrorismus und die muslimischen Migranten, die auch Polen überfluten könnten.
Evakuierungswege und Überlebenskapseln
Konrad Operacz ist Informatiker. Er verwaltet den Internet-Auftritt einer Firma. Doch seine wahre Bestimmung ist die Katastrophenvorsorge: Wenn was passiert, sind die ersten 72 Stunden entscheidend,
weiß er. Er hat mehrere Evakuierungswege ausgearbeitet und dort jeweils zwei Überlebenskapseln versteckt.
Völlig autark lebt Adolf Kudlinski. Er ist stolz auf seine Unabhängigkeit. Sein Anwesen ist riesig und praktisch komplett unterhöhlt. Eine Menge Vorräte haben da Platz. So finden sich zum Beispiel Würstchen von 1995. Sein Start ins Prepper-Dasein war der Reaktorunfall von Tschernobyl. Seitdem hortet er. "Ich bin etwas verrückter als die anderen polnischen Prepper. Ich halte Essensvorräte für etliche Menschen vor. Auf meinem Hof könnten eineinhalb Jahre lang 50 Menschen überleben", erzählt Kudlinski. Er verlässt sich auf nichts, selbst seine Medikamente stellt er selbst her.
Autorin: Griet von Petersdorff, ARD-Studio Warschau
Stand: 11.07.2019 15:01 Uhr
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