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Kanada: Ein Trump-sicheres Land nach den Wahlen?

Kanada: Ein Trump-sicheres Land nach den Wahlen? | Bild: picture alliance/dpa/The Canadian Press | Frank Gunn

Anstoß zum Wochenende! Und für Nick endlich Zeit, eine Runde Billard zu spielen mit seinem Jugendfreund Graeme. Sonst geht es bei den beiden eher um Hockey als um Politik. Aber Trumps Drohung, Kanada zum 51. Staat machen zu wollen, hat alles verändert. "Es macht mich total wütend, dass er so viel Macht über uns hat und glaubt, er tut ein paar Schritte, dann ist es vorbei. Wir werden es uns nicht gefallen lassen, dass er einfach so in unser Land einmarschiert, als würde es ihm gehören", sagt Nick Perrow. Graeme Tooley ergänzt: "Ich bin sehr stolz, Kanadier zu sein. Ich will kein Amerikaner werden. Was soll uns das bringen? Wir haben unsere eigene Kultur. Wie sie beim Eishockey sagen: Ellenbogen hoch! Und dann sehen wir mal."

Der Schlachtruf aus dem Nationalsport ist zum Mantra geworden. Kanada gegen Donald Trump. Mit seinen Attacken hat er eine nie dagewesene Welle des Patriotismus ausgelöst. "Es klingt blöd, das so zu sagen, aber die Tatsache, dass wir diese Krise meistern müssen, hat uns zusammengeschweißt. Die Menschen haben das Gefühl, wir stehen zusammen als Land", erzählt Nick.

Wahlkampf in Kanada: Mark Carney gegen Pierre Poilievre

Pierre Poilievre bei einer Wahlkampfrede.
Kandidat Pierre Poilievre wird als "Mini-Trump" bezeichnet. | Bild: NDR

Mark Carney gegen Pierre Poilievre. Zwei Kandidaten, die kaum unterschiedlicher sein könnten. Carney, der liberale Wirtschaftsexperte. Er hat die kanadische Zentralbank geleitet – und die britische durch den Brexit gesteuert. Poilievre, jünger, aber Politik-Veteran. Seit 20 Jahren im Parlament. Konservativ, scharf in seiner Rhetorik – sie nennen ihn den "Mini-Trump". Für sie ist er der richtige Mann zur rechten Zeit. Einer, der es mit Donald Trump aufnehmen kann. Carneys Liberale haben auch dank der Attacken aus dem Weißen Haus einen Meinungsumschwung geschafft, der historisch ist. 20 Punkte seit Januar aufgeholt. "Präsident Trumps Zollkrieg hat die ganze Weltwirtschaft durcheinander gewirbelt. Unsere amerikanischen Nachbarn haben uns betrogen. Wir Liberalen brauchen Eure Stimmen, damit ich unsere Werte schützen kann. Wir gemeinsam gegen Trump kämpfen können. Und ein vereintes, starkes Kanada aufbauen", sagt Mark Carney, Premierminister Kanadas und Spitzenkandidat der Liberalen.

Hamilton am Ontariosee, eine Stunde bis in die USA: Kanadische Stahlhauptstadt, eng verflochten mit Amerika. In dieser Gegend könnte die Wahl entschieden werden. Nick hat schon gewählt, Carney. Wie sieben Millionen Kanadier hat der Azubi seine Stimme bereits vorm Wahltag abgegeben. Auch sein Chef Jim Campbell will einen, der Trump die Stirn bieten kann, der Zollkrieg betrifft auch den Autozulieferer Adventec. "Ich vertraue einem Gentleman wie Mark Carney, mit seinem Wirtschaftshintergrund. Keiner kann unsere Probleme so anpacken kann wie er", sagt Jim Campbell, Eigentümer von Aventec. Jim zeigt uns "seine" Firma. Seit 25 Jahren entwickelt und produziert er Sensoren und andere Teile für große Automobilhersteller. Sie reisen oft einmal um die Welt – und landen meist am Ende in den USA, bei General Motors zum Beispiel. Ein hart umkämpfter Markt, jeder Cent zählt. "Wir haben es mit einer riesigen Unsicherheit zu tun. Deshalb halten wir uns mit Investitionen zurück. Als gesundes Unternehmen würden wir sonst regelmäßig unsere Maschinen erneuern. Wir haben das jetzt alles erstmal gestoppt", erklärt Campbell.

Keine Investitionen und Kurzarbeit. Jim hat mit seinen 85 Mitarbeitern vereinbart: Wir stemmen das zusammen. Das bedeutet zwar weniger Geld, aber keiner muss gehen. "Wir machen uns alle Sorgen um unsere Jobs, vor allem die Arbeiter an den Maschinen. Aber wir haben das nicht in der Hand. Wir wollen die guten Leute nicht verlieren und das Team zusammenhalten. Das ist wichtig", sagt Mitarbeiter Mike Morris. Jim Campbell etrgänzt: "Gute Leute sind schwer zu finden." or allem junge Leute wie Nick – nur wenige begeistern sich so für den anstrengenden Schichtdienst wie er. Außerdem ist das Leben hier für viele unerschwinglich geworden. Wie überall in Kanada fehlt bezahlbarer Wohnraum.

Wahl in Kanada: Kopf-an-Kopf-Rennen erwartet

Auch Pierre Poilievre ist auf den letzten Metern des Wahlkampfs in Hamilton unterwegs. Trump kommt in seiner Rede nicht vor – trotz seiner Nähe zum US-Präsidenten. Der Konservative weiß: Damit lässt sich keine Wahl gewinnen. Er setzt auf "Change": "Ein Wechsel – damit ihr Euch Lebensmittel leisten könnt und Wohnungen. Ein Wechsel, für mehr Sicherheit. Ein Wechsel, für neue Häuser – Es muss zuerst um Kanada gehen." Poilievre wirbt mit Steuersenkungen, mehr Wohnungen. Und lässt offen, wie er mit dem Zollkrieg umgehen will. "Wir haben zwei Optionen – eine Partei zu wählen, die völlig abhängig ist davon, wer in den USA regiert. Oder eine, die sich auf unsere Wirtschaft und Sicherheit konzentriert – tatsächlich etwas verändern will", sagt Ryan Davis.

Kaffeepause bei Adventec. Nicks Kolleginnen wollen nicht sagen, wen sie wählen. Aber dass sie wählen, steht für sie außer Frage. Ali: "Für uns junge Leute ist es wichtig zu sagen, was wir denken. Kanada muss aufhören, sich auf andere Länder zu verlassen, wenn wir Hilfe brauchen. Wir haben doch gesehen, dass das nicht funktioniert." Nick Perrow: "Wenn Du siehst, was gerade passiert und denkst: das kann doch nicht wahr sein. Dann tu was. Du kannst doch wählen gehen." 'Millionen Kanadier haben morgen die Wahl. Und alles deutet darauf hin, dass es ein Kopf-an-Kopf-Rennen wird. Für Nicks Generation steht viel auf Spiel.

Autorin: Marion Schmickler, ARD-Studio New York

Stand: 27.04.2025 22:01 Uhr

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