So., 13.04.25 | 18:30 Uhr
Das Erste
Tansania: Vorfahrt für E-Mobilität
Mit 160 Sachen in die Zukunft, ganz leise auf Pirschfahrt in der Serengeti – und auch der Lieferservice in Daressalam fährt sauber durch die Stadt. Still aber kraftvoll kämpft sich das E-Safariauto durch den Matsch. Voller Stolz steuert Guide Thomas Jamal eines der ersten umweltfreundlichen Fahrzeuge durch den Nationalpark. Die Touristen können mit ruhigem ökologischem Gewissen auf Safari – die wilden Tiere werden kaum noch gestört. "Wir nähern uns den Tieren ganz leise – dann fühlen sie sich wohl. Wenn es Lärm gibt, ist das anders. Früher gab es zwei Sachen: Bewegung und Lärm – jetzt gibt es nur Bewegung und keinen Lärm mehr", sagt Thomas Jamal, Guide vom Mount Kilimanjaro Safari Club.
Kleine Verkehrswende in der Savanne
Die kleine Verkehrswende in der Savanne entstand aus reiner Experimentierfreude. Als der Motor eines 30 Jahre alte Safarifahrzeugs den Geist aufgab, wollte Denis Leboutex dem Fahrzeug neues Leben einhauchen. Der Lodge-Eigner wollte einfach mal probieren, ob es auch elektrisch geht. "Ich war anfangs definitiv überzeugt, es wäre nur eine technische Spielerei. Ich dachte es ist in jedem Fall gut, weil ich mein Produkt – die Safaris - ja in Europa verkaufe. Also habe ich zwei alte Fahrzeuge genommen und umbauen lassen. Aber schon nach ein paar Monaten war klar, es ist eine seriöse Sache."
Inzwischen hat er 20 E-Autos und wünscht sich, dass bald auch andere Anbieter folgen. Tourismus ist in Tansania ein wichtiger Wirtschaftszweig. Natur und Mensch könnten profitieren, sind sie hier überzeugt. Verkehrswende von unten gewissermaßen.
Masterplan elektrischer Zug
Hinter diesem elektrischen Zug dagegen steckt ein Masterplan der Regierung. Bahnchef Kadogosa ist stolz: Das erste Teilstück zwischen der Hafenstadt Daressalam und der 460 Kilometer entfernten Hauptstadt Dodoma wurde in nur wenigen Jahren fertiggestellt. Zugführer Joseph Pacho hat früher eine alte Diesellock gefahren, die war sehr laut und maximal 60 Stundenkilometer schnell, erzählt er. Er liebt seinen neuen Job: "In unsere Gesellschaft bin ich ein glücklicher Mann. Einige glauben nicht, dass ein Einheimischer einen solchen High Tech Zug fahren kann. Sie erwarten, dass nur Westler das könnten. Wenn sie mich dann sehen, wie ich das mache, sind sie glücklich."
Die moderne Bahn soll Tansania in die Zukunft bringen. Die Volkswirtschaft ist eine der am schnellsten wachsenden des Kontinents. Die Gleise hat eine türkische Firma gebaut, die Waggons stammen aus Südkorea. Die Fahrzeit ist nur noch ein Drittel, freuen sich die Fahrgäste. David Julius Mtauke sagt: "Es ist viel schneller mit dem Zug zu reisen und der Zug ist immer pünktlich." Und Bahati Zuberi ergänzt: "Wenn wir über E-Mobilität sprechen, ist es jetzt die richtige Zeit für Afrika. Wir müssen unsere Leistungsfähigkeit zeigen. Es ist ein Signal: Wenn Tansania es geschafft hat, können es auch andere Länder."
Die insgesamt rund 2.500 Kilometer lange Zugstrecke soll – wenn sie ganz fertig ist – die Wirtschaftsmetropole Daressalam mit vier Nachbarländern verbinden: Ruanda, Burundi, Demokratische Republik Kongo und Uganda. Hinter dem Megaprojekt steckt eine Vision – Tansania soll mit einer modernen Infrastruktur wirtschaftlich boomen. "Wir haben gerade 234 Fracht Waggons erhalten. Bald kommen die auf die Schiene. Das ist es, womit wir dann Geld verdienen wollen. Unser Schienennetz ist auch vor allem für den Transport von Gütern ausgelegt. Die Menschen freuen sich natürlich mehr über die Passagierzüge", erklärt Masanja Kungu Kadogosa, Generaldirektor von TRC.
Tansanias Regierung setzt auf moderne Infrastruktur

Von den Passagieren allein könnte sich das Projekt nicht finanzieren. Ein Ticket in die Hauptstadt kostet umgerechnet zwölf Euro. Mit Fracht lässt sich viel mehr verdienen. Aber in diesem Jahr gibt es Wahlen – da freut es natürlich die Steuerzahler, wenn die Politiker liefern. Die Bahnen aus der Kolonialzeit jedenfalls haben definitiv ausgedient. Die Regierung setzt auf moderne Infrastruktur. In nicht allzu ferner Zukunft soll das Zentrum von Daressalam sogar autofrei werden. Anders als in vielen afrikanischen Großstädten entsteht gerade ein öffentlicher Nahverkehr mit eigener Busspur.
Aber genauso wichtig sind die vielen Kleinunternehmer, die einfach aus Kostengründen umsteigen auf E-Lieferfahrzeuge. "Für mich ist der große Unterschied – der E-Roller ist billiger. Ich brauche kein Geld mehr für Sprit. Ich finde ihn auch bequemer und sicherer als die alten Motorroller", sagt Yasinta Daniel, PikiPiki-Fahrerin. Yasinta arbeitet als selbstständige Fahrerin für den größten Lieferdienst Tansanias. Ihr Boss, Emanuel Charles, setzt auf E-Mobilität, auch wenn die Batterieleistung noch besser werden muss, wie er meint: "E-Roller sind wirklich gut, wenn man auf die Betriebskosten schaut. Wir wollen ja auch, dass unsere Fahrer besser verdienen können. Je geringer die Kosten, je höher der Verdienst. Und dann sind sie auch noch gut für die Umwelt." Möglichst viele Menschen sollen die Chance bekommen, sich in dieser Branche selbstständig zu machen. Daher brauchen sie hier für die kleinen E-Fahrzeuge keinen Führerschein mehr. Das verringert die Investitionskosten. Die Bikes können über eine normale Steckdose geladen werden. Öffentliche Ladestationen sind noch rar.
Sonnen sorgt für ausreichend Strom
In der Serengeti wird in der Lodge mehr als genug Energie produziert, um die Fahrzeuge zu laden. Schließlich scheint fast immer die Sonne. Der Umbau der Fahrzeugflotte geschieht Zug um Zug. Das lohnt sich auch finanziell. "Ich habe mal durchgerechnet, was recht schwierig ist. Wenn ich ehrlich bin spare ich 40.000 Dollar pro Fahrzeug, wenn ich von Diesel auf elektrisch umsteige. Bei 20 Wagen, im normalen Betrieb spare ich so im Jahr 800.000 Dollar“, sagt Denis Leboutex, Gründer und Direktor Mt. Kilimanjaro Safari Club. Wenn es Nacht wird in der Savanne hört man die wilden Tiere meist, bevor man sie sieht. Dann ist die Zeit der Raubkatzen – die können hier jetzt ungestört ihrem Liebeswerben nachgehen – auch wenn sich Thomas mit seinem Fahrzeug ganz nah herangepirscht hat.
Autorin: Caroline Imlau, ARD Studio Nairobi
Stand: 13.04.2025 20:12 Uhr
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