So., 14.07.24 | 18:30 Uhr
Das Erste
USA: Arizona – Trump und die Grenze zu Mexiko
Wachsam sein. Die mexikanische Grenze – kontrolliert von Kartellen. So erleben die einen die Grenze zu Mexiko.Die Grenze als politisches Schlachtfeld. Das Sicherheitsproblem – aufgebauscht. Einfach passierbare Grenzübergänge eine Bereicherung für Amerikaner und Mexikaner. Eine hochgerüstete Grenze nicht die Lösung des Problems – so sehen es andere.
Mit Kühen verdienen John Ladd und seine Familie im Süden Arizonas ihr Geld. Das Land seiner Ranch ist mehr als 64 Quadratkilometer groß. Er hat den Betrieb von seinem Vater übernommen. In Sichtweite am Horizont: Die sogenannte Mauer zu Mexiko. Das Leben habe sich mit den Migranten, die illegal über die Grenze und sein Farmland kommen, verändert, erzählt er mir. "Sie durchschneiden meine Zäune. Sie ruinieren mein Wasser. Sie laufen überall herum und meine Kühe sind total verschreckt. Nur wegen dieser Leute." "Die Leute", das sind Migranten und Asylsuchende. Für John Ladd gibt es nur einen, der die Situation im Griff hatte: "Donald Trump. Ich habe ihn gewählt und ich werde es wieder tun."
Illegale Einwanderer als Wähler für die Demokraten?
Wir fahren an die Grenze. Dass mehr Menschen über die Mauer kommen – dafür gibt es für John Ladd nur einen Verantwortlichen: Joe Biden. "Er ist unfähig. Er will unsere Bevölkerung verändern, damit die Demokraten immer im Präsidentenamt bleiben." Illegale Einwanderer als Wähler für die Demokraten. Das ist eine Verschwörungserzählung, die auch Donald Trump verbreitet. Bei John Ladd verfängt sie – vielleicht auch deshalb, weil er erlebt, wie Menschen die Grenzmauer überwinden. "Wenn niemand hier kontrolliert, kommen sie mit einem Schweißgerät. Dann schmelzen sie das Metall und brechen den Zaun auf."
Um das zu verhindern, patrouilliert Hilfssheriff Cody Essary an der Grenze. Er arbeitet für den Sheriff, einen Republikaner. Der lässt sein Team um Cody die Grenze zusätzlich überwachen, weil der eigentlich zuständige Grenzschutz nicht hinterherkomme, sagt er. "Was wir hier häufig sehen, sind Menschen, die kein Asyl beantragen können. Weil sie zum Beispiel aus den falschen Länder kommen. Oder weil ihnen kein Asyl gewährt werden kann, weil sie entweder hier oder in ihrem Heimatland vorbestraft sind."
Wir sehen während der drei Tage, die wir an der Grenze verbringen, niemanden illegal über den Zaun kommen. Aber die Männer zeigen mir Spuren. "Das deutet darauf hin, dass die Leute illegal kommen. Sobald sie es über die Grenze geschafft haben, werfen sie die Tarnklamotten weg. Darunter tragen sie ihre normale Kleidung. So können sie besser untertauchen", sagt Cody Essary.
Mexiko ist zum politischen Spielball geworden
Nogales im Nachbarlandkreis. Die Grenze verläuft mitten durch die Stadt. Hier treffe ich Esther Melendez-Lopez. Sie betreibt ein kleines Hotel, fünf Minuten von der Grenze entfernt. Aufzurüsten ist für sie der falsche Weg: "Du kannst den Zaun bis in den Himmel bauen. Dann fliegen die Mexikaner oder wer auch immer kommt, eben drüber. Wer kommen will, wird Wege finden."
Sie sitzt für die Demokraten im Stadtrat. Trotzdem ist sie mit Joe Biden nicht zufrieden. Dass Donald Trump von Migranten als "Tiere" spricht, verurteilt sie. Aber dass Joe Biden gegen diese Rhetorik nicht ankomme – obwohl er gerade die Regeln für Asylsuchende massiv verschärft hat – sei Teil des Problems: "Die Regierung vermittelt den Migranten den falschen Eindruck, dass alle kommen können. Und wenn sie dann an der Grenze stehen, dürfen sie nicht weiter. Es gibt Leute, die warten Monate mit ihren Kindern." Esther lebt mit ihrer Familie in den USA und stammt selbst aus Mexiko. Sie ist frustriert, dass ihre Heimat zum politischen Spielball geworden ist. "Sie reden über die Grenze, als wären wir im Krieg. Als gäbe es überall Arbeitslose, Obdachlose. Habt ihr welche gesehen? Jedenfalls nicht hier an der Grenze."
Die Einkaufsstraße von Nogales läuft durch die USA und Mexiko. Mittendrin: Der Grenzübergang. Er trennt, was für viele hier eigentlich zusammengehört. Jeden Tag pendeln Amerikanerinnen und Mexikaner hin und her – legal. Für billigere Arzttermine in Mexiko oder zum Shoppen in den USA. Selbst an den Schildern der Geschäfte ist nicht zu erkennen, auf welcher Seite der Grenze die Menschen hier gerade unterwegs sind. Evan Kory ist hier aufgewachsen. Er zeigt mir den Stacheldraht, den die Trump-Regierung angebracht hat. Was das mit der Gemeinde mache, will ich wissen. "Als er angebracht wurde, war das ein großer Schock. Sie fingen plötzlich damit an und keiner wusste, was das bedeutet. Das ist ein Symbol der Angst. Aber wir sind nicht ängstlich. Wir sind glücklich. Wir sind eine Gemeinschaft, die Wurzeln in beiden Staaten feiert."
Es fühlt sich an wie ein Dilemma: Eigentlich möchten alle, die ich getroffen habe, das Gleiche: Ein friedliches Leben. Dafür bräuchte es politischen Willen. Selten war der so wenig zu spüren wie in diesem Wahljahr. Und so trennt die Grenze nicht nur Mexiko von den USA, sondern auch die US-Amerikaner untereinander.
Autorin: Sarah Schmidt, ARD-Studio Washington D.C.
Stand: 14.07.2024 20:31 Uhr
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