So., 08.11.20 | 19:20 Uhr
Das Erste
Australien: Nach dem großen Feuer zurück in die Wildnis
Die geretteten Koala-Bären auf Kangaroo Island machten keinen guten Eindruck. Das Fell und die Pfoten angesengt, aber immerhin am Leben. Fast ein Jahr lang wurden sie in Auffangstationen aufgepäppelt. Jetzt haben sich Tiere und Natur soweit erholt, dass die Koalas wieder ausgewildert werden.
Nach dem Inferno zurück in die freie Wildbahn
Für Murton ist heute ein großer Tag. Der kleine Koala wieder auf sich alleine gestellt: Für ihn geht es zurück in die freie Wildbahn. Für seine menschlichen Zieh-Eltern ist es ein bittersüßer Abschied, zehn Monate lang haben die Wildtierpfleger das Beuteltier versorgt. "Es gibt kein besseres Gefühl, als einen Koala, den du nach einer Verletzung gepflegt hast, wieder in die Natur zu entlassen, den Kleinen einen Baum raufklettern zu sehen", sagt Dana Mitchell vom Wildtierpark Kangaroo Island.
Murton und viele seiner Artgenossen auf dem ganzen Kontinent sind durch die Feuerhölle gegangen. Buschfeuer hatten sechs Monate lang in Australien gewütet, eine Waldfläche, größer als Irland, vernichtet. Im Februar wurden die letzten Feuer gelöscht, doch die Narben sind geblieben. 36 Menschen sind in den Flammen ums Leben gekommen, und eine Milliarde Tiere, schätzen Biologen. Soldaten mussten anrücken, um die verkohlten Tierleichen zu bergen.
Kangaroo Island, wurde besonders hart getroffen. Rund 50.000 Koalas lebten vor den verheerenden Bränden hier. Nur ein Fünftel der Beuteltiere hat überbelebt. Viele werden hier seit Monaten aufgepäppelt. Jetzt sind sie wieder kräftig, die Wunden verheilt. Ohne die Ranger und Freiwilligen im Besucherpark hätten sie nicht überlebt. "Die Tiere waren auch psychisch angeschlagen", sagt Dana Mitchell. "Sie fühlten sich einsam, rollten sich zusammen, hatten keinen Kämpferinstinkt mehr, was ein Wildtier braucht."
Der Wildpark wurde zur Tierklinik
Rückblick, Anfang Januar 2020: von einem Tag auf den anderen wird der Wildpark zur Tierklinik, jeden Tag kamen neue verletzte Koalas, am Ende waren es Hunderte. Manchmal haben Freiwillige sogar ganze Familien in den Tierpark gebracht. Die Tiere, die hierherkamen, hatten die Flammen nur knapp überlebt. Mit Verbrennungen an Nase, an den Pfoten, am Fell. Mit Fingerspitzengefühl konnte das Team viele Koalas retten, Unterstützung gab es auch von Reservisten der australischen Armee. "Er hat ein paar Verbrennungen hier und ein paar leichtere Verbrennungen dort, hier hat sich die Haut gelöst", erklärte Tierarzt Garnett Hall damals. "Da schmiere ich noch eine Betäubungscreme hin. Um sicher zu gehen, dass er auch wirklich nichts merkt. Und dann kann man ihn ganz in Ruhe richtig behandeln."
In die verbrannten Wälder kehrt Leben zurück
Es wird noch Jahre dauern, bis sich die Wälder von den Flammen erholt haben. Um die Regeneration zu beschleunigen, setzen australische Umweltschutzorganisationen Drohnen ein – so wird großflächig Saatgut verteilt. Außerdem können aus der Luft auch schwer erreichbare Gebiete abgedeckt werden. Es klappt: Behutsam kehrt das Leben in die verbrannten Wälder zurück. Doch gerade Koalas brauchen viel Grün, um in der freien Wildbahn zu überleben. Viele sind deshalb in Zoos im ganzen Land untergebracht. Nur die Stärksten können ausgewildert werden.
Für die ersten Koalas aus dem Wildpark ist es nach zehn Monaten soweit. Sie sind bereit für die Rückkehr in ihr natürliches Habitat. Das ist nicht mehr ganz so ist wie früher. Murton immerhin scheint sich in seiner alten neuen Heimat aber rundum wohl zu fühlen.
Autorinnen: Sandra Ratzow und Katharina Tschurschenthaler, ARD-Studio Singapur
Stand: 09.11.2020 14:55 Uhr
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