So., 11.10.20 | 19:20 Uhr
Das Erste
China: Förderung für abgehängte Kinder auf dem Land
Für Enkelin Guo Guo ist ihre Oma wie eine Mutter. Denn die Dreijährige lebt mit ihr zusammen, ihre Eltern kommen jedes Jahr nur für wenige Wochen auf Heimatbesuch ins Dorf.
Vor einem Jahr treffen wir beide zum ersten Mal. Guo Guo und die alleinerziehende Großmutter Dong, die sich ums Gemüse, um den Haushalt und um ihre damals zweijährige Enkelin kümmert. Wie Millionen von Kindern in Chinas Dörfern lebt auch die kleine Guo Guo ohne Eltern. Die arbeiten im industriellen Süden, fernab ihrer Heimatprovinz Jiangxi.
Hier im Dorf bekommen Oma Dong und die Enkelin jede Woche Besuch von Frau Li. Jedes Mal bringt sie neue Bilderbücher und Spiele mit. Guo Guo muss einfache Aufgaben lösen, denn sie ist Teil eines Forschungsprojekts, bei dem Frau Li Kleinkinder im Dorf fördern soll. Und die Oma lernt, dass schon buntes Papier-Sortieren dabei hilft die Enkelin spielerisch zu fördern. Bei Feinmotorik, beim Problemlösen und bei der Konzentration.
Nachholbedarf der Kinder auf dem Land
An der Uni der Provinzhauptstadt dreht sich heute alles um die kleinsten Dorfbewohner. Professor Luo forscht seit Jahren in armen Provinzen und will jetzt mit seinen Studierenden zeigen, dass auch die Kleinkinder in Jiangxi enormen Nachholbedarf haben.
Studentin Wang Tianyi bereitet sich vor und übt wie sie mit Spielen die Entwicklung von Kleinkindern messen kann. Sie war schon in anderen armen Provinzen dabei. Hier in Jiangxi sollen die Studierenden 1400 Dorfkinder mit solchen Übungen beurteilen.
Wie hat sich Guo Guo entwickelt? Denn sie hat schon ein Jahr lang jede Woche Spielbesuch gehabt. Was hat das bewirkt? Das Mädchen lässt sich nicht einschüchtern – weder durch die fremden Besucher noch durch die Testaufgaben. Jede ihrer Leistungen festgehalten für die wissenschaftliche Analyse. Guo Guo zeigt beim Sprachtest auf Körperteile: „Hier sind die Füße und satt“, erklärt sie, „ist die Puppe auch.“
Geschätzt 25 Millionen Kinder unter drei Jahren leben in China auf dem Land. Dazu die ganzen älteren Kinder. Was passiert, wenn nur die Großeltern für sie da sind, die niemand zum Spielen mit dem Kind animiert hat?
Ein Jahr danach
Wir sind im Nachbarhaus wieder bei Guo Guo, die jetzt drei Jahre alt wird und viele Fortschritte gemacht hat im Vergleich zum Nachbarskind. Seit zwei Jahren kommt die Familienbeauftragte mit ihren Spielen und Aufgaben, auch während des wochenlangen Corona-Lockdowns.
Oma Dong weiß: Wenn sie mit Guo Guo weiter regelmäßig spielt, kann sie dem Kind einen Startvorteil verschaffen. Für eine Zukunft, die sich hier im Dorf noch sehr fern anfühlt.
Autor: Daniel Satra, ARD Peking
Stand: 12.10.2020 00:17 Uhr
Kommentare