So., 28.02.21 | 19:20 Uhr
Das Erste
England: Eine tierische Videokonferenz
"Steady, steady", Dot McCarthy lässt die Herde zusammentreiben. Schafe und Ziegen hat sie auf ihrer Farm. Malerisch ist es hier oben im englischen Rossendale. Das zieht normalerweise auch Schulklassen und Hochzeitsgäste an – ihre zweite Einnahmequelle. Seit der Pandemie ist das Geschäft komplett am Boden. "Wir haben dann angefangen Mist zu verkaufen, als Dünger. Viele haben ja gegärtnert", erzählt die Farmerin, "2,5 Tonnen Mist am Tag. Viel eingebracht hat das nicht, außer Muskeln durchs Schaufeln."
Eine Idee mit großer Wirkung
Ihr kam dann eine andere Idee und wahrscheinlich ist es kein Zufall, dass dabei das Handy eine zentrale Rollen spielt. Neben ihren scheuen Schafen oben auf dem Berg hat Dot unten auf dem Hof ja auch noch ihre zutraulichen Ziegen. "Ich hab irgendwann gesagt: Warum bieten wir die Ziegen nicht für Online-Meetings an. Alle haben gesagt, ich soll jetzt mal nicht albern werden. Und ich dachte auch: Ja, ist Quatsch", sagt sie. Trotzdem hat sie, im vergangenen April abends mal ein paar Fotos auf ihre Internetseite gestellt. "Ich bin morgens aufgestanden und meine Mitarbeiterin hat angerufen: Was hast Du gemacht? Ich habe hier 200 E-Mails von Leuten, die eine Ziege buchen wollen", erzählt Dot.
Sie nennt es zwar immer noch Ziegenstall, aber hier wird seitdem durchgehend gefilmt. Ein Geschäftstreffen: Der Chef hat eine Überraschung vorbereitet. Margaret, unten rechts – Außer ihm weiß niemand davon. Sie kommt für umgerechnet sechs Euro live aus dem Ziegenstall in Rossendale dazu. Ihre Ziegen waren mittlerweile schon bei über 10.000 Meetings dabei – quer über den Globus. Und das nicht nur für den kurzen Fünf-Minuten-Spaß.
Die Ziegen sorgen für Abwechslung in Corona-Zeiten
Jennie lebt in Alloa, Schottland. Der Kontakt mit der Familie ist noch schwieriger geworden im Lockdown. Die Schwester in Wales, die Mutter in England: "Hello Marge". Die Telefonate, wer kennt es nicht, wiederholen sich. Das ist anders, seit Marge jede Woche dabei ist. "Wir haben immer was zu plaudern und immer einen gemeinsamen Anknüpfungspunkt", erzählt Jennie und ihre Schwester Sue ergänzt: "Es bringt uns zusammen, wir haben was zu lachen und es lenkt ab von dem tristen Leben im Lockdown."
In London haben Sienna, Monika und Kayla Gymnastik. Das hilft den Drillingen schon mal, um nicht einzurosten. Ab und zu kommt auch hier ein Gast vorbei: "It´s a goat." Aus Mangel an Gelenkigkeit turnt er zwar nicht mit, zieht die drei aber sofort in den Bann. "Die Ziege war schon immer mein Lieblingstier. Die Babys sind süß", sagt Monika und Sienna stimmt zu: "Sie sind so weich. Wir haben sie immer gefüttert." Ein bisschen Kontakt zur Außenwelt, der auch die Fantasie anregt. "Wir können ja gerade nicht in den Zoo gehen oder auf eine Farm. Ich glaube Tiere sind wichtig. Sie haben was Beruhigendes. Die Kinder lieben sie", erzählt Nicole De Canha.
In Rossendale fühlt sich Dot gerade unbeobachtet. Sie freut sich über das, was ihre Ziegen auslösen. Denkt aber schon wieder an die Zukunft: "Ich glaube, wenn die Pandemie vorbei ist, gleiten meine Ziegen vom 'Star-Sein' wieder zurück in die Normalität. Aber das wird ok für sie sein." Eine Umstellung im Stall wäre es schon, denn dann würde ja nicht mehr ständig um sie herum gelacht.
Autor: Sven Lohmann / ARD Studio London
Stand: 28.02.2021 19:51 Uhr
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